Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Melissa Etheridge und Alannah Myles singen fortan ihre Hymnen auf die Stärke der Frau. Corinna würde mit den Mädels überall hinfliegen.
»Einmal nur nach Bombay«, schwärmt Bea, »einmal nur ans Arabische Meer.«
Corinna fragt sich, ob Indien nicht eher am Indischen Ozean liegt, sagt aber nichts. Wie alle Mädels. Doch in Verena geschieht gerade etwas, das sieht Corinna genau, sie hat eine Antenne für die Feinheiten der Freundinnen und sie weiß: Verena versucht gerade, sich zu beherrschen.
»Ich mische dann mal ein paar neue Drinks«, flötet Verena und flüchtet in die Küche, um sich zu sammeln. Ich werde nicht schon wieder den alten Fehler machen, sagt sie sich, als sie die Förmchen für Eiswürfel aus der Schublade holt. Dieses Mal bleibe ich ruhig.
Das Wasser fließt langsam in die Fächer, und ihr Blick verliert sich darin. Aus den Fächern werden kleine Teiche auf dem Gelände eines tibetanischen Klosters. Sanfte Musik ertönt und Koikarpfen gleiten durch das Wasser.
Bombay am Arabischen Meer …
Verenas Mann André schleicht in einer Mönchskluft vorbei, sieht sie an und brummt: »Lass es gut sein, Schatz. Sieh die Karpfen in ihrem Teich. Sie diskutieren nie. Sie sind einfach. Lass es gut sein.«
Wasserfälle plätschern auf begrünte Felsen hinab, auf denen Schildkröten sitzen und das Köpfchen in den Tröpfchendunst halten.
Drei Wochen meldet sie sich nicht und dann behauptet sie, Bombay liege am Arabischen Meer. Und niemand widerspricht.
Der Dalai Lama tritt neben sie, schaut sich ein paar Sekunden die zufrieden geschlossenen Augen der Schildkröten an und sagt: »Lass es gut sein. Sieh das Glück der Schildkröten. Ein wenig Wasserdunst, und ihr Herz ist friedlich. Lass es gut sein.«
Verena dreht den Kopf.
Dämlicher Dalai Lama.
Das Wasser plätschert und plätschert.
Der Meister legt ihr eine Hand auf die Schulter und spricht: »Kann ich dir helfen, Süße?« Der Dalai Lama verwandelt sich in Corinna, die neben der Spüle steht, in der die Eiswürfelfächer längst überlaufen.
Verena schnauft, geht ins Wohnzimmer, stellt sich neben das Sofa, auf dem Bea sitzt, und sagt: »Bombay liegt am Indischen Ozean, nicht am Arabischen Meer!«
Die Gespräche verstummen und die Mädels schlucken die Campari-Pfützchen, die sie noch im Mundraum haben, mit einem leisen, kollektiven »Gulp!« herunter.
Verena geht zum Bücherregal und zieht den großen, dunkelblau gebundenen Weltatlas aus dem Fach. Beas Lippen werden schmal. Sie ziehen sich zusammen wie Regenwürmer, die man aus der feuchten Erde an die Oberfläche zerrt.
Verena sagt, den Atlas in der Hand: »Es ist ja nicht ganz falsch. Das Arabische Meer ist Teil des Indischen Ozeans.«
Bea schaut auf ihre Füße und schiebt die Zunge von innen gegen die Unterlippe. Sie stülpt sich auf. Der Regenwurm wird gespannt wie das Gummi eines Einmachglases.
Bea sagt: »Ist es nicht.«
Verena sieht sie an: »Wie? Ist es nicht?«
Bea sagt: »Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.«
Corinna sagt: »Ihr Süßen, lasst uns doch …«
Verena schnappt nach Luft. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Die Chinesen haben die Karpfen aus dem Teich gefischt und die tibetanischen Schildkröten zu Wan-Tan-Suppe verarbeitet.
»Das ist eine Wasserfläche, Bea!« Verena tippt mit dem Finger auf die aufgeschlagene Karte. »Wie kann eine Wasserfläche zwei Paar Schuhe sein? Verläuft da eine Mauer in der Mitte, oder was?«
Bea schüttelt den Kopf. Sie hat drei Wochen lang nicht angerufen.
»Und selbst wenn da eine Mauer wäre«, fährt Verena fort, »wo wäre dann wohl eher das Arabische Meer? An der Küste des Oman oder gegenüber, an der Küste Indiens?« Sie hält Bea den Atlas vor die Nase.
»Das beweist gar nichts«, sagt Bea.
Merke ➙ Wo »Mädels« zusammenkommen, die in der »Das sehe ich gar nicht ein«-Phase ihres Lebens sind, gibt es keine Möglichkeit, den Abend friedlich zu beenden. Vor allem nicht, wenn die, die unrecht hat, vorher auch noch drei Wochen mit dem Anrufen auf sich warten ließ.
»Das beweist gar nichts???« Verena schnappt nach Luft. »Bea, das ist ein Atlas hier! Ein offizielles Kartenwerk. Ich weiß noch genau, was du in der neunten Klasse gesagt hast. ›Verena‹, hast du gesagt, ›es ist alles Lüge, was sie uns hier auftischen. Das Einzige, worauf man sich verlassen kann, sind das Mathebuch und das Kartenwerk.‹ Das hast du gesagt!«
»Was ich nicht immer alles gesagt haben soll …«
»Muss ich erst einen
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