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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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    Was man erwartet
    Sex. Nach der Ankunft im Rotlichtviertel werden in einer von Zeit, Raum und Verantwortung befreiten Blase stundenlange Orgien gefeiert. Am nächsten Morgen wacht man mit einem Blackout auf und hat ein Zebra im Bad.
    Was tatsächlich passiert
    Man wird das erste Mal seit den Kindergeburtstagen wieder in Klopapier eingewickelt und versenkt seinen Schädel in Schaumküsse, bevor man der uralten koreanischen Tradition des Kimchi-Essens nachgeht, bis rote Kotze einem im Strahl aus den Nasenlöchern schießt.
    Was man tun sollte
    Ehrlich zueinander sein bei dem, was man nicht will – dann hat man Männerspaß ohne Puff und muss trotzdem nicht auf koreanischen Kohl ausweichen.
    Typischer Song
    »No Woman, No Cry« von Bob Marley
    Typisches Getränk
    Brinkhoff’s, in der BVB-Meisteredition

Der Kartoffelsamstag
    Der Kartoffelsamstag ist das Fest der Dorfgemeinschaft. Eine Feier der tollen Knolle und des westfälischen Wesens. Eine Prüfung der Beständigkeit und Treue. Ungünstig ist nur, dass es Störenfriede gibt …
    Die Hauptstraße sieht an diesem Samstag wie eine Kirmes aus. Ein Trödelmarkt. Eine Messe für Kleinunternehmer. Kurt vom Raiffeisen-Markt muss Spielzeug zu Sonderpreisen verkaufen. Der Schreibwarenhändler bläst für die Kinder unablässig Ballons auf und ist schon ganz blau im Gesicht. Gegenüber den kleinen Plastiktraktoren vom Raiffeisen-Sonderverkauf stehen ihre großen Brüder, die der Restaurator für Landmaschinen auf Hochglanz poliert hat. Uralte, schwerölbetriebene Ackergäule von Hanomag oder Lanz. Jede Firma, jedes Geschäft, jede Institution im Ort muss den Kartoffelsamstag mitmachen. Wer sich weigert, wird drei Wochen vor dem Ereignis vom Dorfrat besucht, der ihm »mit aller Herzlichkeit nahelegt«, es sich noch einmal zu überlegen. Alle, die sich dennoch raushalten, finden in den Monaten darauf das Unglück. Autos bleiben liegen, Rinder verschwinden spurlos, das erste Mal seit Jahren finden sich Spitzmäuse in den Mauern. Niemand kann sich das erklären.
    Michaela ist froh, dass sie an diesem Tag hinter dem Reibekuchenstand steht, den ihre Mutter ihr seit drei Jahren allein verantwortlich überlässt, während sie drinnen im Restaurant Hirschjäger die Schnitzel auftischt. Besser gesagt: Michaela wäre jetzt am liebsten ganz woanders, alles wäre ihr recht, sie würde bevorzugen, im Hindukusch mit bloßen Fingern Landminen aus dem Sand zu pulen anstatt in ihrem Heimatkaff die Kartoffelpuffer ins Fett zu schmeißen, aber wenn sie schon einmal hier sein muss, dann besser an der heißen Platte als draußen auf der Straße in der Kälte. Alle auf der anderen Seite der Theke zittern wie aufgezogene Häschen, haben die Hände in Pelzmuffe vergraben und sprechen durch Kältewolken vor ihrem Mund. Zwar hüllt die Sonne die Szenerie an diesem letzten Samstag im Oktober in ein glasklares Licht, aber es ist klirrend kalt. Unbeschreiblich kalt.
    Kurt schnäuzt sich am Spielwarenstand die Nase und muss seine Kunden fortan mit einem weißen Knäuel im Gesicht beraten, da das Taschentuch festgefroren ist. Ein Kind auf der Hüpfburg der freiwilligen Feuerwehr erstarrt am höchsten Punkt des Sprungs und kommt als Wassereisstange wieder herunter. Aus der Tuba der Blaskapelle schießt der gefrorene Speichel des Bläsers wie Hagelkörner über die Köpfe.
    Merke ➙ Der Kartoffelsamstag wird absichtlich am ersten eiskalten Samstag des Jahres veranstaltet, damit der Umsatz von Glühwein und heißen Reibekuchen gefördert wird. Außerdem gilt die Kälte als Bindemittel für die Dorfgemeinschaft. Bei warmem Wetter kann ja jeder kommen.
    »Hast du schon gehört? Im Fichtelgebirge hat’s bereits geschneit.«
    Vor der Theke der Reibekuchenbude führen die Dorfbewohner ihre üblichen Gespräche. Michaela kennt sie auswendig. Sie spricht lippensynchron mit, als sie die Puffer im zischenden Fett wendet.
    »Es ist aber eine schöne Kälte.«
    »Joa. Joa.«
    »So ’ne schöne, trockene Kälte.«
    »Joa. Joa.«
    »Nicht so feucht. Eher so ’ne trockene Kälte.«
    »Joa. Joa. Hast du den Heinz gesehen? Nicht, dass der hier nicht auftaucht, du.«
    Heinz ist da.
    Michaela sieht ihn, ganz hinten neben dem Brauhaus, an der Bühne, auf der heute Alan Strong & The Road Show spielen. Alan Strong heißt in Wirklichkeit Alfons Dondrup und covert bei jedem Auftritt »Country Roads« mindestens dreimal. Neben Michaela schenkt Maria literweise Glühwein aus. Er ist bereits lau, wenn sie ihn über die Theke

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