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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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plaudernd in der klirrenden Kälte unter die Menge mischen.
    Typischer Song
    »Country Roads« von Alan Strong & The Road Show (Coverversion)
    Typisches Getränk
    Glühwein

Die Kommunion
    Die Kommunion ist das Fest des Glaubens. Eine Feier der Konfession und der Familie. Eine Verbeugung vor dem großen Chef. Ungünstig ist nur, dass manche sich so ungern hinknien wollen …
    »Uh, und schon wieder Morgengymnastik«, spottet Daniels Onkel Detlef in der Kirchenbank schräg hinter ihm. Daniels Mutter Barbara schaut sich giftig um. Onkel Detlef ist perfekt darin, so zu lästern, dass nur Barbara es hört und niemand sonst in der Gemeinde. Er schickt die ketzerischen Frevelsätze wie kleine Klangdatenpakete präzise verpackt in die Ohren seiner Schwägerin.
    Sie sind heute alle hier, um die Kommunion von Daniels kleinem Bruder Leon zu feiern. Stolz hat Daniels Mutter ihn vorhin zum Altar geführt, wo er sich zwischen all die anderen Kinder einreihte, die den ersten Anzug ihres Lebens tragen, während die weißen Kleidchen der Mädchen jedem zweiten Mund in den heiligen Mauern dasselbe »Ohhh!« entlocken, das man auch hört, wenn Menschen kleine Kätzchen beobachten. Leon hat den Text, den er aufsagen muss, wenn er das erste Mal eine Hostie und somit den Leib Christi zu knabbern bekommt, perfekt rezitiert. Detlef sendete derweil das Klangdatenpaket »Leichenfledderei« über die Sitzbank. Jetzt spielt der Organist das Lied »Ich bin getauft und Gott geweiht«, und die Gemeinde versucht nach Kräften es mitzusingen. Es ist nicht gerade so vertraut wie »Stille Nacht« oder »Zu Bethlehem geboren«, man kann sogar sagen, es ist ein Indie-Geheimtipp unter den Kirchenliedern. Daniel singt mit. Seine Mutter schmettert die Verse mit durchgedrücktem Rücken. Detlef schickt ein Klangdatenpaket, in dem er den Text variiert: »Ich bin aufgeklärt und Kant geweiht.« Barbara tut so, als überhöre sie es, doch ihre Ohren zucken. Daniel schmunzelt allerdings nicht. Zum einen, weil er aufgrund seiner Erziehung einen sakralen Restrespekt bewahrt hat. Zum anderen, weil er erregt ist, was ihm aufgrund seines sakralen Restrespekts die Wangen rot färbt. Neben Detlef sitzt schließlich Nina, Detlefs Tochter aus erster Ehe und somit keine leibliche Cousine, keine Blutsverwandte. Trotzdem scheint es Daniel falsch, dass ausgerechnet in der Kirche in seiner Hose Kirmes herrscht. Nina hat auf dem sechseckigen Pflaster vor den Marmorstufen der Kirche vorhin, als alle sich begrüßten, ganz kurz seine Hand berührt. Mit Absicht, denn sofort darauf lächelte sie ihn an. Daniel hat einen Plan für die Party nach der Messe, auf welcher der kleine Leon von den Verwandten mit Geschenken überschüttet wird, so wie der Herr es gewollt hat, als er seinen Sohn sagen ließ: »Gehet hin und kauft den Nintendo 3DS, um meine Schöpfung auch räumlich zu genießen!« Daniel wird mit Nina von der Feier auf den Dachboden flüchten, wo der Staub durch das schmale Fenster in der Nachmittagssonne tanzt und sich auf die zarte Haut rund um ihren Bauchnabel legt, den er dann küsst, weil sie ihm erlaubt hat, ihr T-Shirt hochzuschieben. So stellt er sich das vor. Deswegen ist Kirmes in seiner Hose, während es um ihn herum nach Weihrauch riecht und die Kirchenorgel Klänge spielt, die nur als Begleitung für Hosenkirmes dienen dürften, tauchten sie auf einem Album von Arcade Fire auf.
    Was sagt die Wissenschaft? ➙ »Noch vor rund zwanzig Jahren gehörten der Geruch von Weihrauch und das Licht von Opferkerzen zum Sinnesarchiv der Mehrheit in Deutschland«, so Professor Theobald Thiel vom Institut für tragischen Theologieverfall (IftT) in Tutzingen. »Nun haben sich die Verhältnisse umgekehrt. Nicht mehr der Atheist in der Familie muss sich verteidigen, sondern der Konfessionelle.« Auf die Frage, ob diese Überflutung mit Gottlosigkeit nur zufällig zeitlich mit der Wiedervereinigung zusammenhänge, antwortete der Theologe, er möge sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da er als Christ Angst habe, sonst Hammer und Sichel auf den Schädel zu kriegen.
    Zwei Stunden später – Daniels kleiner Bruder ist erfolgreich ein vollwertiges Mitglied an Christus’ Tafel geworden – erfüllten das Murmeln von Stimmen, das Klirren von Sektgläsern mit Orangensaft und das Rascheln von aufgerissenem Geschenkpapier das große Wohnzimmer der Familie. Die Großtante schenkt ein riesiges Porzellansparschwein mit einer laut klimpernden Anzahlung darin. Die Oma übergibt den

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