Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
spitzt die Lippen und schaut zu Tom: »Das müssen wir bedenken. Er könnte morgen erblinden.«
»Tim, jetzt hör aber auf.«
Doch Tim hat sich bereits umentschieden. Entschlossen stapft er in das Maisfeld hinein und knöpft sich schon mal die Hose auf. Thomas strahlt. Tom seufzt. Wenn Tim mitmacht, wird auch er mitmachen. Tim war schon immer der heimliche Chef der Truppe.
Was sagt die Wissenschaft? ➙ »Das Wettwichsen gehört zur gesunden Entwicklung des jungen Mannes ebenso notwendig dazu wie das verbotene Anschauen von Pornografie sowie der den Nacken schädigende Versuch, den eigenen Schwanz mit dem Mund zu erreichen«, sagt Professor Dr. Tine Thurk vom Institut für tragfähige Triebforschung (IftT) in Trochtelfingen. »Werden diese Rituale und Initiationsriten versäumt, hängt es den Betreffenden ein Leben lang nach. Wir sprechen an dieser Stelle auch vom Biographicus interruptus.«
Der Weg ist nicht mehr zu sehen. In alle Richtungen nur noch Mais und hoch über den Ähren der silberblaue Mond. Sein fahles Licht bescheint drei entblößte Glieder, die aufgepumpt und adernrot in den Händen ihrer Träger liegen; bereit, die Ladung zwischen das Gemüse zu schießen.
»Erstaunlich, dass das geht, nach 22 Schnaps …«, sagt Tim.
»Eigentlich muss das auf freiem Feld gemacht werden, sonst kann man doch gar nicht die Entfernung messen«, bemerkt Tom.
Thomas sagt gar nichts. Er hechelt lediglich. Womöglich ist er erregt, also über das für diesen Contest notwendige Maß hinaus.
Ist er nicht.
Er hechelt aus Angst.
»Leute … was ist das???«
Auf seiner pulsierenden Eichel sitzt, keck und kneifend, eine schwarze Spinne.
»Ich hab auch eine«, sagt Tim. Sie hockt auf seiner Schulter.
»Ich hab drei«, haucht Tom. »Vier, fünf …«
Panik bricht los.
Der Mond beobachtet das Spektakel im Maisfeld vom Firmament aus. Der Mond sieht, wie die Glieder schrumpfen oder sich halbsteif im Reißverschluss verklemmen, der hektisch zugezogen wird, als die Männer in verschiedene Richtung aus dem Feld zu flüchten versuchen und dabei Schneisen in die Stängel schlagen.
»Scheiße, die Spinnen des Zorns!«, brüllt Thomas.
»Hier lang, hier lang!«, ruft Tim.
»Ich hab es euch gesagt!«, klagt Tom, »auf einer Scheunenparty die Scheune zu betreten, bringt Unglück! Ich hab es euch gesagt.«
Am Morgen findet Hannes Tim am Maisfeld, eingeschlafen und entkräftet. Der Oberkörper schaut aus den Stängeln, der Rumpf steckt noch im Gemüse. Er hat es als Einziger bis zum richtigen Rand geschafft.
Hannes stupst ihn an.
»Wo sind Trick und Track?«
»Spinnen«, brummt Tim, hebt schwer den Kopf und lässt ihn wieder sinken. »Es waren die Spinnen …«
Hannes schüttelt den Kopf und geht Richtung Scheune, um einen starken Kaffee zu holen. Er wusste schon immer, dass die drei einen Knall haben.
•Die Scheunenparty
Alkoholpegel: ★ ★ ★ ★ ★
Drama: ★ ★
Erotik: ★ ★
Spaß: ★ ★ ★ ★
Was man erwartet
Sex. Achtzehn Jahre nach der Pubertät zieht man sich mit der eigenen alten Bande ins Maisfeld zurück und holt zur späten Stunde mit herrlich angetrunkenem Kopf endlich das Wettwichsen nach, zu dem sich damals niemand überreden ließ.
Was tatsächlich passiert
Die alten Freunde lassen sich tatsächlich breitschlagen, enden aber unbefriedigt und verirrt mit Spinnen auf der Eichel.
Was man tun sollte
Maisfelder im Dunkeln meiden. Den DJ betäuben und ablösen. Rund um die Scheune eine integrierende Schnitzeljagd mit allen Gästen veranstalten. Das Wettwichsen schon mit Fünfzehn hinter sich bringen.
Typischer Song
»Sexy« von Westernhagen
Typisches Getränk
Tschechischer Fusel, vor dessen Genuss bei Stern TV gewarnt wird
Die Messeparty
Die Messeparty ist das Fest des Wachbleibens. Eine Feier der freiwilligen Zerrüttung von Geist und Körper. Ein Ritual routinierter Geschlechtlichkeit. Ungünstig ist nur, dass eigentlich alle lieber schlafen würden …
Jens spielt mit der Hand am Beilagenkeks seiner Kaffeetasse. Beilagenkekse werden niemals gegessen, sie werden immer zerspielt. Was sein Gegenüber sagt, hört er nicht mehr, denn er hat auf leise gedimmt, seit das eigentliche Geschäft abgeschlossen ist. So pflegt er es seit Jahren. Kurzer Small Talk zu Beginn, schnell zur Sache, Kurs auf die klare Vereinbarung, den Abschluss machen und dann: abschalten. Auf jeden Abschluss folgen schließlich noch zwanzig Minuten Gequatsche, die Jens viel besser damit verbringen kann, seine
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