Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
Vom Netzwerk:
nicht am grünen Tisch ausgedacht. Sie stammen aus den Erfahrungen der Menschen, mit denen ich gearbeitet habe. Manchmal war es wie bei dem sprichwörtlichen Stein, der, einmal ins Rollen gebracht, immer weitere Steinchen auf seinem Weg in Bewegung versetzt.
    Auch Sie können bei der Lektüre der kommenden Seiten hoffentlich neue Ideen entwickeln, wie Sie mit Ihren Problemen effektiver umgehen können, angeregt durch die hier geschilderten Strategien. Denken Sie immer daran: Wir können die Fäden selbst in die Hand nehmen, statt es allein dem Schicksal zu überlassen.
    Schwimmen lernen im Fluss des Lebens
    Seit mehr als drei Jahrzehnten suchen Psychologen nach Antworten auf die Frage, warum manche Menschen nach kritischen Lebensereignissen gesund bleiben, während andere sowohl körperlich als auch psychisch erkranken. Der israelisch-amerikanische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky entwickelte in diesem Zusammenhang das Modell der »Salutogenese« (wer dieses Thema vertiefen will, dem sei folgendes Buch von Jürgen Bengel empfohlen: »Was erhält Menschen gesund?«). Während die traditionelle Fragestellung lautet, was Menschen krank macht, konzentrierte sich Antonovsky auf deren Umkehrung: Welche Faktoren beeinflussen Stabilität und Gesundheit positiv oder fördern diese bei Menschen in Belastungssituationen sogar noch?
    Für Antonovsky gleicht der Lebenslauf eines Menschen jenem bereits mehrfach zitierten Fluss – manchmal ruhig dahinplätschernd, dann wieder mit Stromschnellen, Windungen und gefährlichen Strudeln durchsetzt, durch die wir uns durchlavieren müssen. In diesem Sinne geht es in unserem Leben darum, das »Schwimmen« zu trainieren, um all diesen Herausforderungen begegnen zu können. Wie sich der Fluss unseres Lebens gestaltet, darauf haben wir keinen Einfluss. Wohl aber darauf, wie wir mit den Stromschnellen, den vielen Stressbelastungen, die sich nicht vermeiden lassen, umgehen. Je größer dabei unsere Krisenkompetenz ist – je besser wir also schwimmen können –, umso eher werden wir uns nach schweren Schlägen erholen, unser Gleichgewicht wiederfinden.
    Im Rahmen meiner Arbeit mit Katastrophenopfern bin ich immer wieder Menschen begegnet, die bereits vor der aktuellen Krise mit einer Reihe schwerer Schicksalsschläge konfrontiert waren. Immer wieder hat mich dabei erstaunt, dass sie trotzdem – oder gerade deswegen – verglichen mit denjenigen, die »nur« diese eine Katastrophe erlebt hatten, psychisch erstaunlich stabil und körperlich gesund waren. Ich erinnere mich an eine ältere Frau, die bei dem Grubenunglück von Borken ihren Mann verloren hatte. Die beiden hatten sich sehr auf den gemeinsamen Ruhestand gefreut und bereits Pläne geschmiedet, welche Reisen sie unternehmen würden. Der Verlust des Partners machte mit einem Schlag ihre gesamte Lebensplanung zunichte. Dennoch war sie bei der Gruppenarbeit diejenige, die nach einigen Monaten begann, den anderen Mut zu machen und Perspektiven aufzuzeigen, wie das Leben weitergehen könne. Sie selbst lebte eine erstaunliche Veränderungsbereitschaft vor; eventuell wolle sie ihr Haus verkaufen, in die Nähe ihres Sohns nach Norddeutschland ziehen und sich dort eine Arbeit suchen. Für die anderen aus der Gruppe wurde sie zum Vorbild, indem sie deutlich machte, dass sie auf eigene Kompetenzen setzte, Ziele formulierte und sich nicht in Passivität verlor. Das war umso bemerkenswerter, als sie in ihrem Leben schon einmal Witwe geworden war, ein Kind verloren hatte und Zeugin eines Autounfalls geworden war, bei dem ein anderes Kind getötet worden war. Auf meine Frage, wie sie diese Häufung von schweren Verlusten verkraften könne und woher sie die Kraft nehme, auch jetzt noch weiterzumachen, antwortete sie: »Je mehr Schicksalsschläge man abbekommt, desto stärker wird man!«
    Tatsächlich gibt es neueste Erkenntnisse, dass negative Lebensereignisse unsere Widerstands- und Anpassungsfähigkeit stärken und somit gut für unsere psychische Gesundheit sind. Die amerikanischen Forscher Mark Seery, Alison Holman und Roxane Silver fanden 2010 in einer großen Studie mit 2398 Probanden heraus (im Netz unter http://psycnet.apa.org/psycinfo/2010-21218-001/ ), dass eine gewisse Zahl an negativen Lebensereignissen mit einem allgemein geringeren Stressniveau einhergeht, einer besseren Funktionstüchtigkeit im Alltag, weniger posttraumatischen Belastungssymptomen und einer höheren Lebenszufriedenheit. Diejenigen, die gar keine oder eine extrem hohe

Weitere Kostenlose Bücher