Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
Vom Netzwerk:
Lebenslagen.
    Es ist gekennzeichnet durch ein dynamisches Gefühl des Vertrauens auf:
    1. Verstehbarkeit : Die Welt ist nachvollziehbar, geordnet und erklärbar und erscheint nicht unergründlich, willkürlich und schicksalhaft.
    2. Handhabbarkeit oder Bewältigbarkeit : Die Person hat das Gefühl, über Ressourcen zu verfügen, mit denen sie die anstehenden Probleme lösen kann.
    3. Bedeutsamkeit und Sinnhaftigkeit : Die Person hat das Gefühl, ihr Leben und Wirken, ihre Ziele und Werte seien generell sinnvoll und von Bedeutung. Auch mit Niederlagen, Schwierigkeiten und Rückschlägen wird es als lebenswert angesehen.
    Es gibt Menschen, die ein solch hohes Kohärenzgefühl auch unter schwersten Belastungen aufrechterhalten oder wieder aufbauen können – wie unser verschütteter Bergmann oder die Witwe mit dem vierfachen Verlusterlebnis. Sie scheinen damit fast immun zu sein gegen das Schicksal, während andere Menschen viel verletzlicher sind und sich nach dem ersten negativen Lebensereignis aufgeben.
    Wie stark wir auf eine Krise reagieren, hat nach meiner Erfahrung entscheidend damit zu tun, ob und wie wir die Möglichkeit, dass uns (und nicht nur den anderen) so etwas geschehen kann, in unseren Lebensplan integriert haben oder nicht. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass wir negativen und sehr belastenden Lebensereignissen und Schicksalsschlägen nicht aus dem Weg gehen können. Man sollte dankbar sein über das Glück, bislang davon verschont geblieben zu sein, aber damit rechnen, dass dieses Glück vielleicht nicht ewig währt. Stehen wir dann vor einer großen Herausforderung, können wir unsere Selbstwirksamkeit leichter aktivieren.
    Schicksalsschläge sind also dann am besten zu bewältigen, wenn wir unser Leben als unberechenbaren Fluss akzeptieren, geübte Schwimmer sind und auch schon einige gefährliche Stellen bewältigt haben. Wenn wir das Schwimmen gar nicht gelernt oder unsere Kräfte in zu vielen Stromschnellen aufgebraucht haben, drohen wir unterzugehen.
    Vertrauen – der Urstoff menschlichen Miteinanders
    Bei der Frage, was Menschen, die in und nach schweren Lebensbelastungen scheitern, von denen unterscheidet, die bestehen und danach sogar psychisch wachsen, spielt auch der Begriff des Urvertrauens, ein Thema, das ich an anderer Stelle bereits kurz angerissen habe, eine entscheidende Rolle.
    Das Konzept des Urvertrauens, das 1950 von dem Kinderpsychologen Erik H. Erikson vorgelegt wurde, hat in den verschiedenen therapeutischen Schulen einen unterschiedlichen Stellenwert, ist aber unzweifelhaft einer der zentralen Aspekte für das psychologische Verständnis des Menschen in der Welt. Das Urvertrauen entwickelt sich in den ersten Wochen und Monaten eines Neugeborenen in der liebevollen und verlässlichen Beziehung zur Mutter, dem Vater oder einer anderen Bezugsperson. Es ist die Grundlage für ein Vertrauen in ein »Du«, in ein »Wir« und ein Vertrauen in das Ganze, die Welt, die Existenz. Vor allem aber ist es die Grundlage für das Vertrauen in das eigene Selbst.
    Mit diesem Vertrauen in sich selbst kann der Mensch Selbstwertgefühl, Liebesfähigkeit und die Kraft, Enttäuschungen zu verarbeiten, entwickeln. Aus dem Vertrauen in ein »Du« und ein »Wir« entstehen Solidarität, Verantwortung und Partnerschaft, auf dem Vertrauen in das Ganze fußen die Gefühle der Sinnhaftigkeit, der Hoffnung und des Glaubens.
    Konnte dieses Urvertrauen nicht entwickelt werden, weil es keine verlässlichen Beziehungen für das Kind gab oder es sogar in einer ablehnenden und misshandelnden Umgebung aufwuchs, entwickelt sich häufig ein »Urmisstrauen«. Charakteristika des Urmisstrauens sind Selbstzweifel und Minderwertigkeitsgefühle, Misstrauen gegen andere, Egoismus und Liebesunfähigkeit. Und auf die Gesellschaft bezogen Existenzangst, Hoffnungslosigkeit, das Gefühl der Sinnlosigkeit und Verzweiflung.
    Es ist offensichtlich, dass Menschen, die über Urvertrauen verfügen, wesentlich bessere Voraussetzungen haben, mit Katastrophen und Krisen erfolgreich umzugehen, als diejenigen, die von Urmisstrauen geprägt sind. Das Vertrauen in sich selbst und sein Gegenüber, verbunden mit dem Gefühl, dass es sich lohnt zu leben und dass das Ganze einen Sinn macht, ist eine Grundvoraussetzung, um schwere Belastungen im Leben bewältigen zu können. Mit Selbstzweifeln und dem Gefühl, niemandem trauen zu können und von keinem Verständnis erwarten zu können, verbunden mit Zweifeln an der Welt (»es lohnt sich

Weitere Kostenlose Bücher