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Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
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Andere schlechter sein muss. Wir müssen es nur zulassen.
Mutmacher 16
    Sehen Sie den Prozess des aktiven Trauerns als etwas Positives und Heilsames! Aktiv trauern bedeutet: weinen, gedenken, Verzweiflung spüren, Erinnerungen nachgehen und die Ihnen wichtigen Menschen daran teilhaben lassen. Diese heilsame Weiterentwicklung der Trauer führt zu einer tief empfundenen Dankbarkeit für die Zeit, die man mit dem Verstorbenen verbringen durfte.
    Wenn Sie nicht selbst unmittelbar betroffen sind: Gehen Sie auf Trauernde in Ihrem Bekanntenkreis zu und unterstützen Sie diese in der Bewältigung des Verlustes!

Vierter Teil:
Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen
    Der Anfang ist die Hälfte vom Ganzen.
    Aristoteles

17. Wir sind keine Marionetten des Schicksals
    Da ich in den 1970er Jahren studiert und mein Diplom in Psychologie gemacht habe, war ich in gewisser Weise natürlich von den damals vorherrschenden Erkenntnissen der Psychologie beeinflusst. Der dem Zeitgeist entsprechende Begriff hieß »Umweltprägung«. Wir glaubten, viele menschliche Fehlentwicklungen einzig mit negativen Umweltbedingungen erklären zu können. Meine ersten beruflichen Gehversuche machte ich in einer therapeutischen Wohngemeinschaft für Drogenabhängige. Wir durchforsteten die Lebensläufe unserer Klienten und kamen nicht selten zu dem Schluss: der oder die »musste« ja im Leben scheitern, bei den schlimmen Zuständen im Elternhaus, bei den schlechten Vorbildern, bei diesen ungünstigen äußeren Bedingungen. Da war der Griff zu Drogen gewissermaßen vorprogrammiert. Wir verstanden es damals so, dass Elternhäuser oder »die Gesellschaft« unseren Klienten so übel mitgespielt hätten, dass diese zwangsläufig so enden mussten. Ähnlich dachten wir über Strafgefangene oder psychisch Kranke. Ich war damals überzeugt davon, diese Menschen mit dieser Grundhaltung in Schutz zu nehmen, sie zu entschuldigen für Fehler, die sie gemacht hatten – und merkte dabei nicht, dass ich sie letztlich doch abstempelte, indem ich sie als Marionetten ihres Schicksals begriff.
    Auch die alten Theorien der Psychoanalyse zielten in die gleiche Richtung: Man ging davon aus, dass in den ersten Lebensjahren eine frühe Prägung stattfindet, die die Verhaltensweisen, das Lebensgefühl und die Einstellungen eines Menschen mehr oder weniger festlegen. Wie ein Zug, der einmal auf ein Gleis gesetzt wird und fortan nur noch in eine Richtung fahren kann. Erst die Verhaltenstherapie führte in den 1980er Jahren zu einer anderen Sichtweise, indem sie aufzeigte, dass wir viele Dinge immer wieder neu lernen können und unsere Gefühle selbst deutlich beeinflussen können. Dass wir also keineswegs Marionetten unseres Schicksals sind.
    Unsere Gedanken spielen dabei eine entscheidende Rolle. Mit meinen Patienten mache ich hin und wieder ein kleines Experiment mit verblüffender Wirkung: Ich bitte sie, sich mit geschlossenen Augen in die Mitte des Raumes zu stellen. In Gedanken sollen sie sich eine Zeit lang vorstellen, dass eine unsichtbare Macht sie nach hinten zieht. Als Beobachter von außen sieht man sehr schnell, dass die Person anfängt, zu schwanken und einen unsicheren Stand zu haben. Anschließend bitte ich dieselbe Person, sich wiederum mit geschlossenen Augen vorzustellen: »Ich stehe fest und sicher wie ein Baum! Der Baum hat tiefe Wurzeln und ist absolut standhaft.«
    In der Auswertung stellten die Patienten erstaunt fest, dass sie sich beim ersten Versuch kaum hatten auf den Beinen halten können, während sie beim zweiten fest und gerade standen und das Gefühl hatten, nichts könne sie erschüttern.
    Wir haben also ein Stück weit die Fäden in der Hand und können beeinflussen, ob wir uns wegen der vor uns liegenden Probleme hilflos, mutlos, unsicher und überfordert fühlen – oder ob wir in den Schwierigkeiten eine Herausforderung sehen, nach Möglichkeiten suchen, die Probleme zu lösen und uns dadurch optimistisch, kraftvoll und stark fühlen. Der viel zitierte Satz vom halb leeren oder halb vollen Glas kommt einem da schnell in den Sinn.
    Selbst für Menschen, die äußerst negative Startbedingungen in ihrem Leben hatten oder schwere Schicksalsschläge erlitten haben, bestehen vielfältige Möglichkeiten, ihre Situation positiv zu beeinflussen. Im Englischen bezeichnet man die Fähigkeit, es mit Schwierigkeiten aufzunehmen und sie zu bewältigen als »coping«. Die meisten der im Folgenden beschriebenen Coping-Strategien habe ich mir

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