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Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
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in unserer Orientierung erfordern.
    Keiner ist allein
    In Krisensituationen können soziale Kontakte lebenswichtig sein. Weil es schwierig ist, im angespannten Zustand einer Krise soziale Kontakte zu knüpfen, ist es sinnvoll, das vorher zu tun. Gemeint sind hier nicht nur die üblichen oberflächlichen Spaßkontakte zu Freunden, Kollegen oder Nachbarn, die selbstverständlich auch wichtig und hilfreich sind, sondern etwas, was darüber hinausgeht. Man sollte sich darin üben, Probleme und Krisen in Freundschaftskontakten zum Thema zu machen. Das heißt in erster Linie auch hinschauen und hinhören, wenn Mitmenschen sich in einer Krise befinden, offen auf sie zugehen und sie darauf ansprechen, wie es ihnen in ihrer schwierigen Situation geht. Wer anderen zuhört, die sich in einer Problemsituation befinden, wird auch eher Zuwendung und Hilfestellung von anderen erfahren, wenn er selbst mit dem Rücken zur Wand steht.
    Der bekannte amerikanische Psychologe Abraham Maslow entwickelte 1943 die nach ihm benannte Bedürfnispyramide. Danach sind soziale Bedürfnisse, also Kontakte mit Familie, Freundeskreis, gute Kommunikation, direkt nach der Befriedigung der fundamentalen Bedürfnisse wie Nahrung, Atmung, Schlaf und dem Bedürfnis nach Schutz vor Gefahren für alle Menschen die wichtigsten. Mit anderen Worten: Zentraler Bestandteil einer gestärkten Seele ist ein gut funktionierendes soziales Netz.
    Das heißt nicht, dass derjenige das beste Netz hat, der auf seiner Facebook-Seite 500 Freunde aufgelistet hat. Bei diesen Kontakten geht es fast ausschließlich darum, den anderen mit etwas Spektakulärem zu imponieren, was man gerade erlebt, eine »tolle Party«, ein »Wahnsinns-Sonnenuntergang am Strand«, ein »Mega-Event« da und dort. In neuesten Untersuchungen hat man übrigens festgestellt, dass das intensive Nutzen dieses Mediums zu immer mehr eigener Unzufriedenheit führt, weil man sein eigenes tägliches Leben als armselig empfindet angesichts der »tollen« Erlebnisse seiner 500 »Freunde«. Niemand postet seine Probleme und seine Depression, damit ist man immer allein. Um einen wirklich tiefen und tragfähigen Kontakt zu anderen aufbauen zu können, müssen wir eine entscheidende Hürde überwinden: Wir müssen eine Ebene erreichen, auf der es uns möglich ist, uns als Ganzes zu zeigen. Als Menschen, der auch einmal nicht gut drauf ist, der unsicher ist, Schwächen hat, hin und wieder mutlos und traurig ist. Mit anderen Worten eine Ebene, auf der es gelingt, eine persönliche Krise anzusprechen oder auch dem Gegenüber zu signalisieren: »Ich habe ein offenes Ohr für deine Probleme.«
    Doch wie ich eingangs schon erwähnt habe, scheint es, als gehe die gesellschaftliche Entwicklung in eine andere Richtung. Konkurrenzdenken und Leistungsorientiertheit nehmen beständig zu. Infolge des gewachsenen Wohlstands tendieren wir offenbar zu einer radikaleren Ausgrenzungsgesellschaft und zu immer mehr Individualismus. Jeder kämpft für seine Vorteile, seine Privilegien, Solidarität verliert an Bedeutung. Das renommierte Sinus-Institut präsentierte im März 2012 eine Studie zur Lebenswirklichkeit von 14- bis 17-jährigen Jugendlichen. Bei allen Unterschieden, was Bildung, Herkunft und so weiter anging, waren sich in einem Punkt alle einig: Am Ende zählt nur die Leistung, jeder ist sich selbst der Nächste.
    Aus meiner Arbeit mit Jugendlichen nach Amokläufen weiß ich, dass bei einigen ein Umdenken erst nach der grauenhaften Erfahrung eingesetzt hat. Im Prozess der Aufarbeitung haben sie erfahren, dass eine der wichtigsten Ressourcen zur Bewältigung einer schweren Krise ein gut funktionierendes soziales Netz ist. Die ganzen Oberflächlichkeiten, die sie bis dahin für erstrebenswert gehalten hatten, waren mit einem Schlag wertlos. Nun zählte nur noch der Wunsch, mit den anderen gleichermaßen Betroffenen zusammen zu sein und sich gegenseitig zu stützen.
Lehre 2
    Wenn wir es schaffen, soziale Kontakte aufzubauen und zu pflegen, in denen es möglich und wünschenswert ist, über bedeutsame persönliche Dinge, seelische Nöte und Probleme zu sprechen, verfügen wir über einen wirkungsvollen Schutzschild gegen die Gefahr, durch eine Krise überfordert und aus der Bahn geworfen zu werden.
    An die eigene Stärke glauben
    Zahlreiche Beispiele von Menschen, die schwere Katastrophen überlebt haben und ihr Leben danach neu ausgerichtet und einen anderen Sinn darin gefunden haben, machen Mut. Wir können uns darauf

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