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Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition)

Titel: Überleben oder Scheitern: Die Kunst, in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Pieper
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versuchten. Alles, was sich in den Fluten befand, wurde mit einer unbarmherzigen Wucht hinweggespült. Kaum jemand in der Anlage überlebte das Inferno.
    Als sich das Wasser zurückgezogen hatte, galt für den jungen Mann nur eines: nach Lebenden zu suchen, Verletzte zu bergen, Vermisste zu suchen. Er war mit schlimmem Leid konfrontiert, sah verzweifelte Frauen und Männer, die ihre Kinder oder ihren Partner suchten, weinende Kinder, die ihre Eltern verloren hatten, und Hunderte Tote, die später vor den Tempeln aufgebahrt wurden. Die Existenzgrundlage seiner Familie war zerstört. Dennoch sagte mir der Mann in unserem Gespräch, er selbst habe zu keinem Zeitpunkt – weder während noch nach der Katastrophe – Angst oder gar Panik verspürt. Er sei immer nur von seinem Verantwortungsgefühl für seine Angestellten und seine Gäste geleitet worden, bis alle in Krankenhäusern versorgt, in einem anderen Hotel untergebracht oder wieder zuhause waren.
    Auf meine Frage, wie er mit dem Erlebten umgegangen sei, ob er geträumt habe, ihn die Bilder der Toten nicht mehr losgelassen hätten, er depressiv geworden sei, antwortete er mit einem Lächeln: »We are not the center of the world.« Ein Satz, der mich sehr beeindruckt hat. Er soll am Anfang einer Reihe von Erkenntnissen stehen, die ich aus Gesprächen mit diesen Menschen gezogen habe und mit denen ich dieses Buch beschließen möchte:
    Wir sind nicht das Zentrum der Welt.
    Diese Vorstellung ist hilfreich, das Leben mit seinen Höhen und Tiefen zu betrachten. Nicht ich bin das Zentrum, sondern die sich dauernd verändernde und entwickelnde Welt mit ihren schönen und schwierigen Seiten. Indem ich mich als kleinen Teil eines Ganzen verstehe, fällt es mir leichter, nicht immer nur darauf zu schauen, wie es mir geht, sondern zu fragen: »Wie kann ich anderen helfen, was kann ich Gutes tun?«
    Verantwortlichkeit leben.
    Jeder Mensch hat Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für seine Umgebung und seine Mitmenschen. In kollektiven Krisensituationen hilft es einem selbst, die Verantwortlichkeit zu leben, und für andere Menschen zu sorgen, die es vielleicht noch schwerer haben als wir selbst.
    Ein Problem, das man nicht lösen kann, ist keines.
    Wenn uns ein Problem lange Zeit beschäftigt und quält, wir immer wieder darüber nachdenken und doch keine Lösung finden, dann kann man es loslassen, dann ist es kein Problem. Weil ein Problem etwas ist, das man angehen und lösen kann. Was sich trotz intensiven Nachdenkens und Umkreisens als unlösbar erweist, muss man loslassen.
    In jeder Krise steckt die Chance für Wachstum und Neuanfang.
    Mit jedem Stück, das wir durch ein Unglück oder eine Katastrophe verlieren, gewinnen wir auch etwas. Die durch den Tsunami umgestürzte Palme wirft ihre Kokosnüsse ab, aus denen neue Palmen wachsen. Der junge Manager beispielsweise schildert sich als gereift und gestärkt durch seine Erfahrungen, er sei dadurch ein »Mann« geworden, der Verlust eines geliebten Menschen bringt Kontakte mit guten helfenden Menschen, die wir sonst nicht kennengelernt hätten und vieles mehr.
    Das Leben im Hier und Jetzt ist ein Geschenk.
    Es ist wichtig, in der Gegenwart, im Hier und Jetzt zu leben und nicht ständig in die Vergangenheit zu schauen. Das Vergangene soll man in der Vergangenheit belassen (aber nicht vergessen), es dort ruhen lassen. Im Englischen ist die Verbindung von Gegenwart und Geschenk durch das Wort »present«, was sowohl Gegenwart als auch Geschenk bedeutet, noch augenscheinlicher.
    Dankbar sein für das, was ist.
    Wir sollen dankbar sein für das, was wir haben, und darauf mehr schauen als auf das, was wir nicht mehr haben. Anderen Menschen, die uns geholfen haben, zu danken, lässt diese wachsen, so dass sie daraus Kraft ziehen und noch mehr helfen können. Dankbarkeit, die wir wegen unserer Taten ernten, gibt uns Kraft und macht uns seelisch stark.
    Diese Grundhaltungen zum Umgang mit Krisen oder Belastungen, die ich aus meinen Begegnungen mit Menschen anderer Kulturen gewonnen habe, sollen kein allgemeingültiges Credo sein, das uns selig macht, sofern wir es übernehmen. Aber es stecken viele Denkanstöße darin, die uns helfen können, nicht nur in Krisensituationen zu bestehen, sondern auch unser Leben von einem neuen Blickwinkel aus zu betrachten. Es lohnt sich!

Anhang

Schaubild: Traumabewältigung

    Legende:
    1.Zeigt den Lebensweg des Patienten vor dem Trauma, der in eine bestimmte Richtung geplant war, die

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