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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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ich.«
    »Wie bitte?«
    »Einen Scheiß muss ich!«, wiederholt Parisi.
    »Weil es noch geheim ist?«, frage ich unsicher.
    »Nein, nein«, unterbricht mich Parisi, »da versteht er mich miss, das ist der Titel des Buches.«
    »Ihr Buch heißt ›Einen Scheiß muss ich‹?«
    »Ja! Das ist zwar provokant, aber letztendlich geht es ja genau darum. Dass jeder Mensch ständig glaubt, Dinge tun zu müssen, die er gar nicht tun muss. Wusste er, dass wir am Tag bis zu hundert Dinge tun, die wir gar nicht tun müssten?«
    »Steuern zahlen zum Beispiel?«
    »Nein, da kommen wir nicht drum rum, ich meinte andere Dinge.«
    »Zum Beispiel?«
    »Patienten ohne Termin empfangen. Den Bettler zurückgrüßen, der nur Hallo gesagt hat, weil er sein Geld will, aufrecht sitzen, eine Flasche Wein kaufen, nur weil man drei Gläser probieren durfte, im Kino sitzen bleiben, obwohl die Romanverfilmung scheiße ist …«
    »Hab ich verstanden!«, unterbreche ich Parisi, der sonst vermutlich die anderen 95  Punkte auch noch aufzählen würde.
    »Darum geht es jedenfalls. Und wie heißt SEIN Buch?«
    Mist. Komplett falscher Fuß.
    »Mein Buch? Das heißt … also … der Arbeitstitel derzeit ist … es tut mir leid, ich darf’s nicht sagen.«
    »Ist es eine Geschichte oder ein Sachbuch?«
    »Es ist so etwas wie … ein Kochbuch.«
    »Ah. Sehr gut. Und … er hat noch so gut wie nichts und jetzt geht ihm ordentlich die Flattermuffendüse.«
    »Richtig, die geht ihm.«
    »Mein Gott, wie sehr ich ihn verstehe. Was kann ich denn jetzt für ihn tun?«
    »Also, er hätte gerne so Tabletten, mit denen er –«
    »Von mir nicht!«, unterbricht Parisi unwirsch, fast beleidigt.
    »Aber er braucht doch die Zeit, damit er –«
    »Zeit, aber keine Pillen. Ich bin ein ordentlicher Arzt, kein Larifari-verschreib-mal-eben-eine-Packung-Modafinil-Halodri.«
    »Das weiß er ja auch«, beschwichtige ich, »aber warum bekommt er kein Modafinil-Halodri?«
    »Modafinil! Der Halodri wäre ich, wenn ich’s verschriebe.«
    »Verstehe. Und warum braucht er das nicht, das Modafinil?«
    »Weil er die Zeit hat!«
    »Er hat die Zeit?«
    »Ja. Und zwar viel mehr, als er denkt.«
    »Wie viel mehr, als er denkt, hat er denn davon?«
    »Sagen wir: ein Drittel?«
    »Ein ganzes Drittel hat er mehr?«
    »Ja!«
    »Und wo kommt das her, das Drittel mehr Zeit?«
    »Es kommt aus ihm selbst.«
    »Das ist ja der Hammer!«, sage ich beeindruckt, weiß aber die Sekunde darauf schon nicht mehr warum.
    »Sagt ihm der Überman Sleeping Schedule etwas?«
    »Nein.«
    »Das ist eine polyphasische Schlaftechnik, mit der man mit nur zwei Stunden Schlaf am Tag auskommt und trotzdem fit und erholt ist. Ich habe sie selbst mal zwei Wochen lang ausprobiert bei meiner Habilitation und war bass erstaunt, was so alles passiert ist mit mir.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Nun, zum einen hab ich meine Habilitation rechtzeitig abgegeben.«
    »Glückwunsch!«
    »Danke.«
    »Und zum anderen?«
    »Hab ich mich ziemlich böse an Reißnägeln verletzt.«
    »Verstehe«, sage ich einfach mal so, obwohl ich natürlich nichts verstehe.
    »Ohne den Überman Sleeping Schedule hätte ich das jedenfalls nicht geschafft und … wie er sich ja denken kann, hätte ich Zugriff auf alle möglichen Medikamente gehabt. Jedenfalls nutzen den Überman viele Ärzte, machmal notgedrungen. Künstler nutzen ihn, wenn sie ihr Werk abgeben wollen oder müssen. Vor allem aber nutzt ihn das Militär.«
    »Das Militär auch?«
    »Aber hallo! Weil, es soll ja Situationen geben im Krieg, in denen es für einen Soldaten nicht ganz so schlau ist, wenn er sich im Häuserkampf sein FC - Köln-Kissen zurechtzupft, um sich ein schönes Schlummerchen zu gönnen.«
    »Das wäre nicht so schlau im Häuserkampf, absolut!«, stimme ich Parisi zu.
    »Extrem-Sportler sind auch ganz wild auf den Überman, falls ihm das Race Across America etwas sagt, da muss man ziemlich lange wach bleiben.«
    »Das hört sich ja alles ganz gut an, aber … was genau ist denn so schlimm an diesem Modafinil?«
    Parisi räuspert sich, kommt ein wenig näher und wechselt in seinen unsäglichen Doktor-Tonfall. »Modafinil ist ganz einfach das Gegenteil von dem, was er braucht. Er braucht Zeit und einen klaren Kopf für sein Kochbuch. Mit Modafinil arbeitet er drei Tage wie ein durchgeknallter Roboter durch, sieht komische Sachen und bricht dann bewusstlos zusammen. Was ER braucht, ist etwas, mit dem er dauerhaft wach ist und leistungsfähig. Aber wenn er

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