Überman
die aussehen wie eine Kreuzung aus verprügeltem Kamel und gelähmtem Riesenpudel. Phil steigt tatsächlich aus und humpelt mit seinen Krücken zum Lama-Gatter. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und frage den lieben Gott, warum es nicht einmal ganz normal laufen kann, von wegen, dass man sich was vornimmt und dass das dann auch klappt. Der liebe Gott antwortet mir, das ließe sich zwar einrichten, sei dann am Ende des Tages ja aber auch ein bisschen langweilig. Derweil lockt Phil ein Lama mit einer Krankenhaus-Bifi.
»Sie essen keine Salami, Phil …«
»Halt die Klappe, du verscheuchst es!«
Eine Stunde nur noch bis zur Bunkerführung und schon jetzt merke ich, wie sich meine Faust ballt und in den brandneuen bayerischen Dachhimmel will. Phil winkt mir, er steht direkt neben einem besonders dämlichen Lama.
»Komma Foddo machen für Facebook!«
»Ich hasse Facebook!«
»Komma raus!«
Stöhnend steige ich aus dem Wagen, nehme Phils Smartphone und filme, wie Phil das Schrumpfkamel bespuckt und sich halbtot lacht, als dieses empört wegtrabt.
»Ha ha … was für ein Otto! Wetten, der hat gedacht, er kriegt die Bifi?«
»Hat er vermutlich gedacht«, antworte ich genervt und überreiche Phils Handy. Ebenso zufrieden wie langsam quält Phil sich wieder auf den Beifahrersitz und betrachtet erfreut den Clip.
»Sensationell, man sieht die Spucke voll!«, freut er sich. Meinen Blick stumm auf den Navi-Bildschirm und die nunmehr wieder 3 , 7 km lange Reststrecke zur Klinik geheftet, biege ich auf die Bundesstraße und beschleunige auf 120 , eine Geschwindigkeit, die ich leider nur eine Minute halten kann.
» STTTTTOOOOPPPPPPP !!!!«, schreit Phil mit einer solchen Inbrunst, dass ich wieder nicht anders kann, als reflexartig in die Eisen zu treten, und wieder stehen wir quer auf der Bundesstraße. Wutentbrannt starre ich Phil an. » WAAAASSSS IST ES DIESES MAL ???«
»Wir müssen links!«, haucht Phil ungerührt und deutet auf eine Abzweigung.
»Wie, hier links? Was ist hier links? Zur Klinik geht’s geradeaus!«
»Und zum Bunker geht’s links. Führung ist um zwölf!«
Ich checke gar nichts mehr. Null Komma nix. »Was willst du denn im Bunker?« stottere ich, »also… in EINEM Bunker?«
»Mann, du hörst aber auch nie zu, oder? Wir basteln an ’nem TV -Format für RTL . Und wo ich schon mal hier bin…«
»Aber so ein Bunker hat Treppen und Leitern und … du kannst ja nicht mal richtig gehen!«
»Du, ich hab mir so viele Pillen reingeknattert, dass wir danach noch ’ne Runde Unterwasser-Rugby spielen könnten!«
»Super …«
»Du hast gesagt, du fährst mich!«
»Ja, zur Reha! Von Lama-Farmen und Atombunkern war nicht die Rede.«
»Stichwort Amerikanisches Roulette? Schleudertrauma? Splitterbruch? Knie im Arsch? Rollstuhl geklaut? Und vor allem: MEIN Auto?«
»Is ja gut. Wir fahren hin.«
Wir passieren das Ortsschild von Kall-Urft und biegen zunächst falsch ab. Phil behauptet, dass ich das absichtlich mache, weil mich der Bunker einen Scheiß interessiere und ich nach Hause wolle. Ich fahre zurück zur Bundesstraße, und nach einem knappen Kilometer taucht dann tatsächlich ein großes Hinweisschild auf mit der Aufschrift
Dokumentationsstätte Ausweichsitz
NRW .
»Da isses!«, ruft Phil, und ich lenke den Wagen auf einen holprigen Waldweg. Phil nutzt den Bodenbelag und beginnt, weil es so schön hoppelt, augenblicklich mit dem Waldweg-Bunkerlied.
»Ich sing das Waldweg-Bunkerliiiiiieddd. Das schönste Lied, das es so giiiiiiiiibt!«
»Phil?«, unterbreche ich ihn.
»Ja, Schatz?«
»Halt die Fresse.«
»Okay!«
Irritiert drehe ich meinen Kopf zu Phil.
»Was ist die letzte Pille, die du genommen hast?«
»Wieso?«
»Nimm mehr davon!«
Nach einigen hundert Metern passieren wir eine Schranke und rollen vor einem trostlosen Siebzigerjahre-Einfamilienhaus mit Doppelgarage auf den letzten freien Parkplatz. Wir sind nicht wirklich die Einzigen, und Phil ist ganz begeistert, dass so viele schräge Ottos davorstehen.
»Da siehste mal: Das ist DAS Thema zurzeit, das wird knallen, so ein Format.«
»Was denn für ein Format?«
»Wir sperren zehn D-Promis eine Woche lange in einen Bunker und schauen, was passiert.«
»Soll ich vielleicht ein paar Sachen aufnehmen für dich mit meinem Handy, weil …« Scheinheilig blicke ich auf Phils Krücken.
»Coole Idee, klar!«
Phil und ich müssen in das Einfamilienhaus gehen, wo wir in einem improvisierten Büro einen Wisch
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