Überman
ich würde nur auf das Ende von
Let’s Dance
warten, und der Typ, der aussieht wie Atze Schröder, sagt, dass er da schon seit fünf Staffeln drauf warte, und verschwindet in einem Studio, auf dem
Comedy-Woche
steht, vermutlich so ’ne Art Doppelgänger-Show.
Eine Stunde später kommt eine vor Wut schäumende Dame in einem fantastischen Abendkleid aus der schwarzen Tür: Annabelle.
»Sag mal, was war das denn?«, schimpft sie.
Ich erkläre ihr ruhig, dass ich rausgeschmissen wurde, weil ich angeblich so aussehe wie ein Stalker von Sylvie van der Vaart, aber mittlerweile hätte sich das als Missverständnis aufgeklärt und wir bekämen als Ersatz jetzt Karten für
Das perfekte Dinner
.
»Karten für
Das perfekte Dinner
?«
»Absolut. Erste Reihe!«
Ich schlafe auf der Couch in dieser Nacht, weil Annabelle sagt, ich sei ihr fremd geworden. Vielleicht fühlt sie sich auch nur ein bisschen verarscht, denn als ich gegen drei Uhr eine Folge
Perfektes Dinner
im Netz anschaue, fällt mir auf, dass die Sendung zwar immer Vorspeise, Hauptgericht und Dessert hat, dafür aber definitiv kein Publikum.
Rollenspiele
Noch fünf Tage
Es ist nicht leicht, die Nerven zu behalten, wenn man mit einem gewissen Phil Konrad Auto fährt, vor allem, wenn man sich am Vorabend wegen einer Tanzshow mit seiner Freundin gestritten und dann die halbe Nacht am Rechner Bunker recherchiert hat.
Phil beömmelt sich noch immer wegen des
Let’s Dance
-Finales, das er natürlich nur geschaut hat, um meine »aufgedunsene Hackfresse« live und in HD bei RTL zu sehen. Wenigstens diesen Gefallen hab ich ihm nicht getan.
»Echt? Rausgeschmissen, Simon?«
»Zum zehnten Mal: Ja, sie haben mich rausgeschmissen, deswegen war nur Annabelle zu sehen.«
»Du weißt sie nicht zu schätzen, Mann! Is ’ne coole Frau.«
»Weiß ich selbst. Hast du das Modafinil?«
»Sag ich dir, wenn du mir sagst, warum du so was brauchst.«
»Ich schreib ein Kochbuch.«
»Verarsch dich selber.«
»Im Ernst!«
Phil reicht mir eine verschraubbare Plastikdose so groß wie eine Espressotasse mit einem Aufkleber, auf dem MODAFINIL steht.
»Ist mir auch egal, ehrlich gesagt. Hier. Geht aufs Haus.«
Skeptisch drehe ich die Dose auf. »Das ist aber doch keine Originalverpackung! Und … hier: Da sind ja rote und grüne Pillen drin.«
»Ich hab die aus’m Krankenhaus, du Otto, nicht aus der Apotheke, da sieht das nun mal so aus. Jetzt sag doch endlich mal was zu meinem neuen Auto!«
»Wunderschön!«
»Nee, jetzt ma echt! Das mit der Fernsteuerung hab ich schon erzählt?«
»Dreimal!«
Ja, es ist sensationell, dass man die Türen mit einer App selbst dann auf- und zuschließen kann, wenn man seinen Arsch gerade in einen lauwarmen karibischen Whirlpool taucht und das Auto irgendwo in Köln steht.
Ich luge zum Navi. Noch 3 , 7 Kilometer bis zur Eifelhöhenklinik und zwölf Minuten Fahrzeit. Die Uhr in Phils Cockpit zeigt kurz vor elf, um zwölf beginnt die Bunkerführung. Langsam muss ich mir überlegen, wie genau ich Phil loswerde. Tasche raus, zur Rezeption begleiten und dann ab dafür oder einfach nur rausschmeißen? Ich überlege noch, da brüllt Phil plötzlich so laut » STTTTTOOOOPPPPPPP !!!!«, dass ich reflexartig eine actionfilmreife Vollbremsung hinlege. Es qualmt und quietscht, und binnen Sekunden stehen wir quer auf der B 477 und schauen uns an wie ein altes Ehepaar, bei dem es während der
Tagesschau
an der Tür geklingelt hat. »Was war das denn jetzt?«, schnaube ich, und Phil deutet mit großen Augen auf die Wiese hinter uns. »Lama-Farm!«
»Wie Lama-Farm?«
»Ich will zur Lama-Farm!«
Wütend knalle ich meine Hand gegen das Lenkrad. »Bist du bescheuert? Ich hab gedacht, da ist was auf der Straße!«
Phil blickt mich so entspannt an, als wäre ich der Wahnsinnige im Wagen.
»Jetzt fahr halt mal zurück. Ist nicht ganz so cool, schräg auf ’ner Bundesstraße zu stehen hinter ’nem Hügel.«
Ich lasse den Motor wieder an.
»Du willst nicht allen Ernstes zur Lama-Farm jetzt, oder?«
»Doch.«
»Und dort willst du genau was machen?«
»Ein Lama anspucken!«
Ich starre Phil an. Was immer er genommen hat, es war entweder zu viel oder das Falsche.
»Ist ein Kindheitstraum von mir und fertig. Also jetzt schau nicht so blöd und fahr mich da hin!«
»Alles klar …«
Ich wende mit quietschenden Reifen und biege auf einen Feldweg, an dessen Ende sich ein fußballfeldgroßes Gatter befindet mit einem halben Dutzend bescheuerter Tiere,
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