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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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’ne Bar und ein Kino, Ärzte, Kekse, CurryKing und was weiß ich was. Wenn irgendwas passiert, also zum Beispiel am 21 .  12 ., dann kann man sich vorher das Recht kaufen, eines dieser Zimmer zu nutzen für eine Woche oder so und sich selbst und seine Familie –«
    »Während man in Wirklichkeit …«, unterbricht Ditters.
    »… nur Mitglied in einem Club ist, der sich für Bunker interessiert, also zum Beispiel. Und jetzt kommst du: Geht das rechtlich?«
    »Kommt auf die Formulierung und die Webseite an. Letztlich ist das die gute alte Abofalle. Grauzone, würde ich mal sagen. Sehr grau allerdings. Fast schon schwarz.«
    »Damit kann ich leben. Also wenn ich’s richtig formuliere und verkaufe, dann könnte man mich nicht belangen?«
    »Es könnte klappen, ja.«
    »Gut. Ich brauche also nur noch eine Website, die ordentlich Angst macht, oder?«
    »Angst vor was?«
    Der Grad der bräsigen Begriffsstutzigkeit meines Anwalts ist wirklich beängstigend. »Dem Weltuntergang?! Mal ferngesehen seit der Wende?«
    »Äh … nein, aber Brieftauben haben mir das Wichtigste übermittelt. Lass uns mal sachlich bleiben für eine Sekunde. Dein nicht existierender Bunker soll also vor dem nicht stattfindenden Weltuntergang schützen.«
    »Richtig! Sehr gut!«
    »Eine Frage: Wann willst du das denn machen? Das ist ja schon in ein paar Tagen!«
    »Deswegen drängt ja die Zeit.«
    »Und ich soll –«
    »… schauen, ob das rechtlich in Ordnung geht, genau. Entschuldigung, dass ich dich dauernd unterbrechen muss, aber du bist sehr, sehr langsam, gerade zu schneckenhaft.«
    Ditters steht auf, schiebt seinen Stuhl schnecklings unter den Tisch und schaut in Zeitlupe aus dem Fenster über die Stadt.
    »Ich sag dir jetzt mal was, Simon.«
    »Ich bitte darum.«
    »Ich hab keine Lust mehr, dir zu helfen.«
    Ich schlucke. »Wegen dem schwulen Brillenhobbit im Aufzug, oder was?«
    »Unter anderem, ja. Die Kombination aus null Respekt und unbezahlten Freundschaftsdiensten macht keinen Sinn mehr.«
    Ich springe auf und piekse Ditters in seine Holzfällerbrust. »Dann sag ICH dir jetzt mal, was für MICH keinen Sinn mehr macht. Dass du den Frust an deinen Mandanten auslässt, nur weil du dein Comingout nicht auf die Kette kriegst. Du bist schwul, ja und? Und ich schau lieber das
Morgenmagazin
aus Köln als das aus Berlin. Oh, oh oh … ob ich’s meinen Eltern sagen soll? Oder drehen die dann durch und heulen ›O mein Gott, unser einziger Sohn schaut lieber das
Morgenmagazin
aus Köln als das aus Berlin, was haben wir nur falsch gemacht?‹ Sie heulen nicht, Brillenhobbit, sie wüssten nicht mal, was sie dazu sagen sollten, weil es ihnen nämlich scheißegal ist, welches
Morgenmagazin
ich schaue, solange ich gesund bin, bei Verstand und ein Dach über dem Kopf hab. DU BIST SCHWUL . UND ICH SCHAUE LIEBER DAS
MORGENMAGAZIN
AUS KÖLN . AUS . ENDE DER GESCHICHTE ! Der einzige Unterschied zwischen uns ist, dass es für Leute, die lieber das
Morgenmagazin
aus Köln schauen, keine speziellen Kneipen oder Clubs gibt. Schade eigentlich, weil ich wäre jeden verdammten Morgen da. Also komm endlich damit zurecht!«
    Als ich mich wieder setze, sehe ich drei Kollegen von Ditters, die mit ratloser Miene durch die Glastrennwand schauen. Und dann sagt Ditters etwas, was nicht die Bohne mit meiner genialen Webseite zu tun hat, er sagt: »Geh nach Hause, Simon!«
    Erschrocken schaue ich auf.
    »Verpiss dich. Ich will dich nie wieder sehen!«
    Weil es so überhaupt nicht schwul klingt und eher so, als würde er es ganz genauso meinen, stehe ich auf und gehe zur Tür.
    »Eine Sache noch, Simon: Hier weiß jeder, dass ich schwul bin. Es war ein Scherz.«
    Stumm fahre ich nach unten. Ich kritzle nichts in den Aufzug. Stattdessen nehme ich eine weitere Tablette.
     
    Als ich wieder ins Auto steigen will, bleibt es trotz hektischer Schlüsseldrückerei verschlossen. Dann poppt eine Nachricht von Phil auf meinem Handybildschirm auf.
    Fernverriegelt mit meinem Schwanz. Hahahahaha! Du Otto!
    Weltklasse-Aktion. Ja, haben mich denn jetzt plötzlich alle auf dem Kieker? Angespannt untersuche ich den schwarzen Plastikfunkschlüssel, und tatsächlich – am hinteren Teil kann ich einen echten Schlüssel herausziehen, die Tür entriegeln und mich auf den Fahrersitz setzen. Für einen kurzen Augenblick fühle ich mich auf der Siegerstraße, dann sehe ich, dass es im Wagen außer dem Start-Knopf gar kein Schloss mehr gibt. Ich drücke den Knopf, nichts passiert. Ich

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