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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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halte den Funkschlüssel vor den Knopf. Nichts. Ich stecke den Funkschlüssel in seine Halterung neben dem Lenkrad und drücke noch einmal. Gar nichts.
    Ich muss an Wut-Technik Nummer sieben denken: »Würde ich mich auch so aufregen, wenn ich nur noch eine Woche zu leben hätte?«, dann donnert auch schon meine Hand gegen das Lenkrad und ich brülle meinen Frust in die Konsole: »Drecks-Bayern-Finanzamt-Stasi-Griechenland-Funk-Taliban-Wichs-Otto!« Dann atme ich durch und schreibe folgende Nachricht an Phil:
    Bringe Krücken und Gepäck morgen. Also knips die Kiste auf!
    Ich starre nach draußen auf die Straße, während ich auf Antwort warte. Ein Geldtransporter rauscht viel zu schnell vorbei. Direkt vor mir verstaut ein bärtiger, runder Mann im grauen Pullover Säcke von Zwiebeln und Kartoffeln im Kofferraum seines japanischen Vans. Als er sieht, dass ich ihn beobachte, schaut er weg. Seltsam. Mein Handy vibriert.
    Krücken, Gepäck UND einen Kühlschrank mit Müllermilch!
    Einen Kühlschrank? Ich soll Phil einen Kühlschrank kaufen? Was haben sie ihm denn jetzt gespritzt? Zockozepam? Was für ein berechnender Sack! Aber … was will ich machen? Ich brauch das Auto!
    Okay!
    Sekunden darauf habe ich Phils Antwort auf meinem Bildschirm.
    Hast was vergessen!
    Natürlich. War ja klar. Wenn’s nur das ist.
    Ja, Phil. Wir fahren in den Puff.
    KLICK ! Mühelos springt der Motor an.

Peters Underground Systems
    Karts, die aussehen wie rasende Riesenlaufschuhe, heulen an einer Plexiglasscheibe vorbei und verschwinden hinter fahrlässig geschichteten Reifenstapeln. Ich sitze im geschmacklosen Bistrobereich einer Indoor-Kartbahn in Köln-Ossendorf, rauche Kette und warte auf die Reaktion von Manni, der mir mit einer lächerlichen Kopfhaube und Helm in der Hand gegenübersitzt, weil er Kartfahren trainiert für
Schlag den Raab
.
    »Safeplace.de?«, wiederholt er nach gefühlten acht Jahren.
    »Wäre doch ein guter Name, oder? Safeplace – Peters Underground Systems. Also für den Bunker und die Seite. Die muss offiziell aussehen und vertrauenswürdig und alles schnell erklären.«
    »Alles?«
    »Dass man, was immer auch passiert, bei mir sicher ist!«
    Manni legt seinen Helm auf einen Nachbarstuhl. »Was passiert denn?«
    »Weltuntergang!«
    »Ja, aber warum?«
    »Ist doch egal. Magnetsturm, Polsprung, Eurocrash, Atomkatastrophe, Erdbeben, Kometeneinschlag, Aliens, die unsere Luft absaugen … wir brauchen alle Ängste! Jeder Angsthase ist tausend Euro wert! Vor was immer die Idioten da draußen also Angst haben, auf unserer Seite wird es stehen.«
    Kopfschüttelnd lehnt Manni sich zurück. »Hab ich das richtig verstanden: Den Bunker gibt es gar nicht, oder?«
    Ich atme durch und zerdrücke die Red-Bull-Dose zu einer kleinen Blechmurmel.
    »Natürlich gibt es den Bunker nicht. Wenn es ihn gäbe, müsste man das ja wirklich organisieren. Und nur wenn es den Bunker nicht gibt, können wir hunderttausend Bunkerplätze vermieten, zumindest theoretisch.«
    »Und was zeigst du dann auf der Webseite?«
    »Zunächst mal einen Film von meinem Bunker. Die Eingangstür vom Original-Bunker hab ich schon und ein bisschen Technik wie Filter und Atemschutzanzüge. Den Rest drehe ich dir an einem Abend weg.«
    »Und ›der Rest‹ wäre?«
    »Das Innere des Bunkers. Muss alles gemütlich aussehen. Cozy, safe und heimelig. Heimeliger Stahlbeton sozusagen.«
    »Das glaubst du doch alles selber nicht, oder?«
    »Sagt jemand, der ernsthaft glaubt, dass er gegen den Raab gewinnt!«
    Es ist eine seltsame Hilflosigkeit in Mannis Blick, die Hilflosigkeit des geistig Unterlegenen. »Okay. Man sieht diesen Clip, und dann kann man sich einen Schlafplatz mieten für den Weltuntergang.«
    »Keinen Schlafplatz, ein richtiges Bunker-Hotel ist das. Und klar: Man denkt, dass man sich da einmietet. Soll man sogar denken. In Wirklichkeit wird man nur zwei Jahre Mitglied bei safeplace.de, der … sagen wir Interessensgemeinschaft von paranoiden Feierabend-Apokalyptikern. Abofalle. Kleingedrucktes. Mach ich mit Ditters, wenn er sich wieder beruhigt hat.«
    »Aber du bringst andere Leute um ihr Geld und lieferst nichts.«
    »Falsch. Ich bringe Idioten um ihr Geld, die es nicht besser verdient haben. Und zeitgleich, sozusagen als Service an der Allgemeinheit, ziehe ich ihnen Geld ab, mit denen sie ehrlichen Leuten die CurryKings wegkaufen würden in ihrer ganzen erbärmlichen Angst.«
    Mannis Augen werden mangaesk groß in dieser Sekunde. »Verarscht du

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