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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Schicksals, dass ausgerechnet sie, die Freundin des Machers von safeplace, ohne Freund und Essen im Dunklen hockt.
    Wo ist sie denn jetzt hin überhaupt? Fragen das nicht immer alle im Film, wenn Frauen packen? »Wo willst du denn jetzt hin?« Ich versuche, mich zu erinnern, was die Frauen im Film in so einem Augenblick immer gesagt haben. »Zu meiner Mutter!«, in älteren Filmen. »Ich mach meine Yoga-Ausbildung auf den Kanaren!«, in romantischen deutschen Filmen. Und »Fick dich!« in Filmen amerikanischer Prägung. Und in echt? Wo ist sie hin? Zu ihrer komischen Freundin Ulla? Ins Hotel? Oder zurück in ihre alte WG ? Ich hab nicht gefragt. Mal wieder nicht.
    Nach einer halben Stunde schlurfe ich wieder in die Küche und mache mir ein Bier auf. Dann wähle ich Annabelles Handynummer.
    Mailbox.
    Ich spreche nichts drauf, es wäre ohnehin alles albern und wer weiß, wie ich klinge nach Phils Pillen. Aber wissen, wo sie ist, muss ich schon. Deswegen wähle ich die alte WG -Nummer von Annabelle. Mein Herz schafft drei Schläge pro Tut. Dann eine Männerstimme: »Ja?«
    »Ist Annabelle bei euch?«
    »Bist du Simon?«
    »Ja!«
    Aufgelegt!
    Das heißt, sie ist in ihrer Gustavstraßen- WG . Aber… wem zum Teufel gehörte diese rauhe Männerstimme? Einem Kanuschnitzer? Als Annabelle dort weggezogen ist, haben da nur Mädels gewohnt. Ich rufe wieder an. »Ja?«
    »Wer bist du?«
    »Der Typ, der dir ausrichten soll, nie wieder hier anzurufen!«, sagt der Kanuschnitzer.
    »Hat Annabelle das gesagt?«
    Aufgelegt. Ha, denke ich mir, jetzt hat er sich verraten, der Depp. Denn nur wenn Annabelle da ist, kann er von ihr auch was ausrichten. Sie wohnt jetzt also bei einem Kanuschnitzer. Ist das beruhigend? Nein.
    Um mich kurz abzulenken, stehe ich auf, schnappe mir meinen Laptop und schaue nach, ob wer geschrieben hat. Manni hat geschrieben. Er fragt, ob er ein paar Fotos von uns mit in den Clip basteln soll, das wäre emotionaler, und wann er die Liste mit den Spielen für
Schlag den Raab
bekommt. Sorgen hat der Kerl! Ich schreibe ihm, dass er die Liste JETZT bekommt und erstelle ein Word-Dokument, indem ich die Spiele der letzten Raab-Sendung von der Pro 7 -Webseite abschreibe und durcheinanderwürfle. Tsssst … macht mein Mailprogramm, und für den Hauch einer Sekunde bin ich zufrieden: Hätte ich das auch aus dem Kopf.
    Dann lese ich die Mail von Facebook, in der man mich netterweise darüber informiert, dass man sein Profil auch ohne Freunde nutzen kann. Verdutzt klicke ich auf »Status«, und tatsächlich, dort steht: Freunde ( 0 ).
    Dürfen die das überhaupt: mir meine Freunde wegnehmen? Ich klicke mich durch die 567 -seitigen AGB s. Die dürfen eigentlich alles und wenn ich ein Foto von meinem Arsch posten würde, er würde ihnen gehören. Trotzig zünde ich mir eine Zigarette an und ziehe so fest daran, dass sich die Glut im Bildschirm spiegelt. Dann melde ich mich bei Facebook ab, trinke einen Haselnussschnaps und tippe eine Nachricht an meine ehemals beste Freundin ins Handy. Sie lautet im exakten Wortlaut:
    Hilfe!

Falsche Ente
    Der BioGourmet Club, in dem ich gerade so richtig nutzlos zwischen gut einhundert geladenen Gästen herumstehe, feiert irgendwas, mehr habe ich noch nicht rausbekommen. Muss die ganze Zeit an Annabelle denken, wie sie vor ihrer bunten Tasche gekniet hat und ihre Sachen reingehauen.
    Wenn irgendjemand auf der ganzen Welt mir jetzt helfen kann, dann ist es Paula. Sie hat mir früher immer geholfen in Liebesdingen, und vielleicht, trotz des ganzen nachhaltigen Veggie-Wahns, gibt es noch so etwas wie eine Restfreundschaft, wenn ich sie denn einfordere.
    Da in diesem wichtigen Augenblick aber alle mit Paula sprechen wollen, bleibt mir nichts anderes, als mich mit einem Bier auf die Fensterbank zu setzen und die Häppchen futternde Dinkel-Bourgeoisie zu beobachten. Neben mir unterhalten sich zwei hippe Typen der Generation Bickenberg über nachhaltige Investments, mit denen man sicher durch die Krise kommt. Ich schnappe die Worte »Euro-Scheine« und »In jedem Fall auf X-Scheine achten« auf.
    »Was ist denn mit den X-Scheinen?«, frage ich irritiert.
    »Ganz einfach, die sind in Deutschland gedruckt!«, grinst der junge Mann direkt neben mir.
    »Ja und?«, sage ich.
    »Es gehen Gerüchte, dass das die Einzigen sind, die ihren Wert behalten, wenn es mal richtig knallt.«
    »Ach …!«, sage ich, ziehe einen der Toyota-Fünfziger aus meinem Umschlag und suche nach der Seriennummer.
    »Und was

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