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Überman

Überman

Titel: Überman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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ist Y?«
    »Griechenland!«, sagt der junge Mann, und dann bepissen sich beide vor Lachen. Ich nutze den Moment: »Hab von ’ner Seite gehört, wo man jetzt noch Bunkerplätze bekommen soll«, sage ich beiläufig, »Safeplace.de oder so.«
    »Ja ja, Spinner gibt’s halt auch!«
    »Arschloch!«
    Ich stehe auf, gehe zum Büfett und schnappe mir einen Teller. Die beiden X-Schein-Opfer starren mir immer noch nach, da bin ich mir sicher. Als ich in ein Entenstück piekse, erfahre ich von einem der Köche, dass das knusprige Entenstück gar nicht aus Ente ist, sondern Veggie-Meat aus Weizenprotein. Ich frage, warum man den schönen Weizen kaputtmacht, aus dem man doch sicher auch wertvollen Sprit herstellen könnte, nur um nutzlose Kunstententeilchen zu formen, und stehe schon wieder alleine. Was zum Teufel ist los mit den Leuten? Und Paula immer am Quatschen. Was quatscht die nur? Nette Sachen, offenbar, denn sie ist umringt von Menschen. Was hat sie denn überhaupt mit dieser veganen Veedelsküche zu tun?
    »Paula?«
    Paula nickt mir kurz zu, es ist einer dieser Bin-gleich-für-dich-da-Nicker, die man von überforderten Bäckereiangestellten kennt, wenn man hinter einer Horde mehläugiger Blumenkohlfrisur-Omas mal eben eine Laugenstange ordern will. Ich leere mein Bier, und da Paula noch immer belagert wird, hole ich mir mein Zweitbier am Lammsbräu-Probierstand. Der bärtige Bio-Bierexperte fragt mich, wie es geschmeckt hat, und ich antworte, dass ich da jetzt ehrlich gesagt gar nicht so drauf geachtet hätte, weil mich meine Freundin verlassen hat und in ein paar Tagen sowieso alle durchdrehen, und da sei es dann ja wohl wirklich egal, ob ich Pils oder Pisse trinke. Der Bierexperte sagt »Schade« und wendet sich ab. Und so was arbeitet im Service!
    »…imon?«, tönt es aus der Mitte des Raums. Ich schaue mich um und entdecke Paula, die an einem langen Tisch sitzt und mir winkt, vermutlich, weil der Platz gegenüber von ihr frei ist. Endlich! Dankbar gehe ich zu ihr rüber und quetsche mich zwischen die geladenen Gäste.
    »Das ist Simon aus meinem Büro, er hat mit Bio eigentlich gar nix am Hut, ist aber trotzdem hier, und ganz ehrlich, Simon, das freut mich! Was war denn das mit Phil?«
    Ich weiß nicht, ob ich’s schon erwähnt habe: Ich hasse Facebook!
    »Alles Unsinn!«, winke ich ab und sage Paula, dass sie das hier alles ganz toll gemacht haben. Sie glaubt mir nicht.
    »Verarscht du mich, Simon?«
    Ich scheine ja wirklich einen ganz besonders tollen Ruf zu haben.
    »Äh … nein?«
    Ich beuge mich zu Paula und flüstere, »… ich muss dich sprechen, weil ich ein Riesenproblem habe.«
    Paula flüstert zurück, das mit dem Riesenproblem wisse sie schon seit Monaten, und auf die halbe Stunde komme es jetzt bestimmt auch nicht mehr an, außerdem sei der Abend und dieser Tisch hier ziemlich wichtig. Ich heuchle Verständnis, nehme einen Schluck Dinkel-Yoga-Zisch und versuche mich zu entspannen. Was auch immer mir Phil ins weiße Döschen gekippt hat und ich dann in mich, jetzt vermischt es sich endlich auf eine angenehme Weise mit dem Dinkel-Zisch, und langsam tauche ich in einen chilligen Brei aus elektronischer Musik und Gutmenschengebrabbel: Blabla … Verantwortung für das Klima … Laberlaber … sandgestrahlte Hosen boykottieren … Schwafelschwurbel … ein eigener Garten ist schon was wert … nuschelwuschel …
    »Simon?«
    »Ja?«
    »Schläfst du?«
    Scheiße. Hat das Zeug eigentlich auch so was wie eine Halbwertzeit?
    »Kann ich mir nicht vorstellen! Gehen wir eine rauchen?«
    »Jetzt nicht.«
    Enttäuscht nehme ich mir ein paar Nüsse aus einer Holzschale und denke an Annabelle. Warum hat sie mich eigentlich nicht gewarnt und so was gesagt wie: »Das geht so nicht und wenn du so weitermachst, dann verlasse ich dich!«? Sie hätte mich ruhig mal schütteln können und sagen, was los ist, statt einfach abzuhauen zu diesem Kanuschnitzer. Und jetzt? Jetzt hocke ich hier ohne einen einzigen Freund auf einem fair gehandelten Öko-Stuhl mit Dinkel-Zisch und weiß ums Verrecken nicht, was eigentlich abgeht.
    »Essen Sie denn noch Fleisch?«, fragt mich völlig überraschend der Mann neben mir, ein etwas aufgeschwemmter Mittfünfziger mit Vierzigtagebart und Schiebermütze. Eine gute Gelegenheit!
    Ich richte mich auf. »Also ich finde ja, man sollte nicht pauschal von Fleisch sprechen, sondern von … sagen wir … Leben pro Essen«, antworte ich, und schon habe ich Paulas Aufmerksamkeit.
    »Das

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