Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
Schreckliches passiert sein mußte. Hatte Troy etwas verbrochen? War der große Boxer plötzlich auf die Idee gekommen, Schafe zu reißen? Dabei hatte er doch völlig harmlos gewirkt!
»Soll das etwa heißen, daß Ihnen schon wieder was zugestoßen ist?« fragte ich fröhlicher, als mir in Wirklichkeit zumute war.
Sein Tonfall wurde noch trübseliger. »Ja, leider, Mrs. Russell. Sie sind immer so freundlich zu uns gewesen, daß ich kaum den Mut finde, mich Ihnen anzuvertrauen.« Baker machte eine dramatische Pause, und ich machte mich aufs Schlimmste gefaßt. Troy als wildernde Bestie; ein Dutzend Schafe gerissen... Colin Baker sprach endlich weiter: »Letzte Nacht ist Ginger wie üblich unterwegs gewesen.« Ich atmete auf, denn selbst diese riesige Katze konnte keinem Schaf etwas anhaben.
»Und was hat sie getan?« fragte ich. »Oder ist sie etwa weggelaufen?« Das wäre schlimm genug gewesen, aber zu meiner Überraschung handelte es sich um etwas ganz anderes. »Wir haben ihr das Schlafzimmerfenster offen gelassen«, fuhr Baker fort, »und dann ist etwas sehr Merkwürdiges passiert. Wir sind mitten in der Nacht aufgewacht, weil Troy geknurrt hat. Gleichzeitig hat sich irgend etwas in unserem Zimmer bewegt.«
Als er wieder eine Pause machte, erkundigte ich mich gespannt: »Doch nicht etwa ein Einbrecher? Das wäre der erste Fall in unserer Gegend.«
»Nein, nein, kein Einbrecher, sondern ein Opossum. Als ich Licht gemacht habe, hat es dagesessen und mich angestarrt.«
»Wie schrecklich! Sie sehen so gefährlich aus. Ist es von selbst verschwunden?«
»Nein, eben nicht! Statt dessen ist es wie verrückt durchs Zimmer gesaust. Ich bin aufgestanden. Amy hat Angst vor Beutelratten und konnte mir deshalb nicht helfen. Ich habe einen Besen geholt, um das Opossum damit ins Freie zu befördern, aber es ist im Wohnzimmer auf den Kaminsims gesprungen und... na ja, es hat alles abgeräumt und dabei die Keramikvase zertrümmert.«
Ich mußte lachen. Diese Vase war besonders scheußlich gewesen, und ich war im Grunde genommen froh, daß das Opossum mich von ihr befreit hatte. Ich hatte sie von einer freundlichen Nachbarin geschenkt bekommen und eigentlich nur aus Anstand benützt. Jetzt war ich sie endlich los!
Ich erklärte Baker, weshalb dieser Verlust mich keineswegs traf, aber auch das schien ihn nicht aufzuheitern. »Aber... aber das ist... das ist noch nicht alles«, antwortete er mit hohlem Lachen.
Ich holte erschrocken Luft. Ein in die Enge getriebenes Opossum kann ein gefährlicher Gegner sein; hatte es Tim auf dem Gewissen? »Hat die Beutelratte Ihre Katze oder den Dackel verwundet?« erkundigte ich mich besorgt.
»Nein, nein, unseren Tieren fehlt nichts! Sie sind alle zu Amy ins Bett gekrochen. Auch Ginger ist zurückgekommen und hat dort Schutz gesucht.«
Ich stellte mir das Doppelbett mit gesamter Besatzung vor: Amy, Troy, Tim und Ginger. Der Boxer hatte sich als nicht sonderlich tapfer erwiesen, aber wer will sich schließlich die Augen auskratzen lassen?
»In Wirklichkeit habe ich den ganzen Schaden allein angerichtet, Mrs. Russell«, fuhr Baker mit zitternder Stimme fort. »In meiner Aufregung habe ich auf der Jagd nach dem verflixten Tier den Besenstiel durch die Milchglasscheibe der Küchentür gerammt. Sie ist völlig zertrümmert, fürchte ich.«
Auch diesmal lachte ich nur. »Sie werden vielleicht denken, daß ich, wenn ich lache, damit Ihre Gefühle schonen will, Mr. Baker, aber in Wirklichkeit habe ich dieses Milchglas gehaßt. Es ist scheußlich und verdeckt die Aussicht. Ich habe mir schon lange gewünscht, es würde kaputt gehen, damit wir es durch klares Glas ersetzen können.«
Als es mir schließlich gelang, ihn davon zu überzeugen, war er so erleichtert, daß er kaum noch seinen Dank stammeln konnte. »Aber ich möchte wetten, daß wir die schlimmsten Gäste sind, die Sie je gehabt haben«, fügte er noch hinzu.
»Unsinn!« wehrte ich freundlich ab. »Manche Leute neigen eben einfach zu Unfällen.«
Baker seufzte schwer. »Ja, das Gefühl habe ich manchmal auch«, gab er zu. »Was ich anfasse, geht schief. Aber ich weiß schon, wie ich mich wenigstens für einen Teil der Unannehmlichkeiten revanchieren kann. Ich habe in der Garage einen Rasenmäher gesehen und werde den Rasen für Sie mähen.«
Mir graute bei dem Gedanken, daß Baker sich über den alten Rasenmäher hermachen könnte, den ich als sanfte Mahnung für meine Mieter in der Garage zurückgelassen hatte. Übrigens war
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