Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
haben mußte, fragte ich mich, ob er wie viele seiner Altersgenossen gammelte und untätig auf eine Eingebung wartete, womit er sein Geld verdienen sollte. Ich antwortete Mrs. Woodford, sie könnten gern kommen, und erwähnte, daß ich bezweifelte, daß ihr Sohn sich bei uns amüsieren werde.
»Ich bin ganz Ihrer Meinung, daß ein Junge von neunzehn Jahren sich wahrscheinlich bei Ihnen langweilen wird«, hieß es in ihrem Antwortbrief offen, »aber Frank hat keine andere Wahl. Er hat einen schweren Verkehrsunfall gehabt, und der Arzt besteht darauf, daß ich ihn nicht aus den Augen lasse.
Frank ist nicht selbst gefahren, aber er fühlt sich trotzdem schuldig, weil er seinen Freunden zugeredet hat, länger als ursprünglich geplant auf einer Party zu bleiben. Der Fahrer ist dann betrunken von der Straße abgekommen, und es hat zwei Schwerverletzte gegeben, während Frank nur ambulant behandelt werden mußte. Seitdem leidet er unter starken Schuldgefühlen, obwohl er nie darüber spricht. Da ich selbst Krankenschwester bin, ist Frank bei uns ebenso gut wie in einer Klinik aufgehoben — deshalb hat er sich ins Unvermeidliche gefügt und will mitkommen. Wir werden dafür sorgen, daß er Sie nicht belästigt, und er reitet jedenfalls leidenschaftlich gern.«
Mrs. Woodfords Brief gefiel mir, zumal ich mir sagen konnte, daß der junge Frank mich schließlich nichts anging. Seine Mutter würde sich um ihn kümmern, und mir konnte es gleichgültig sein, ob er sich langweilte oder nicht. Die Familie traf eine Woche später ein, und Frank war mir trotz seiner imponierenden Größe und seiner ernsthaften Art nicht eben sympathisch. Er langweilte sich offensichtlich und war etwas zu sehr von sich selbst überzeugt. Er trug natürlich die Einheitskleidung der jüngeren Generation — ausgewaschene und nicht allzu saubere Jeans und ein indisches Baumwollhemd — und eine Halskette aus großen Glasperlen.
Seine Mutter entsprach genau dem Bild, das ich mir von ihr gemacht hatte: Sie war eine energische Mittvierzigerin, die ich mir gut als Krankenschwester vorstellen konnte. Mr. Woodford war ein freundlicher, eher unscheinbarer Mann, der stets seine Pfeife zwischen den Zähnen hatte und sich gutmütig von seiner Frau herumkommandieren ließ.
Frank trug mißmutig einen Teil des Familiengepäcks ins Haus, erwiderte meinen Gruß und machte sich dann nicht die Mühe, weiter mit mir zu sprechen. Da ich diese Einstellung meiner Generation gegenüber kannte, sprach ich ebenfalls nicht mit ihm und ersparte es ihm auf diese Weise, sich mit jemand unterhalten zu müssen, der älter als zwanzig war.
Als ich Larry den jungen Mann beschrieb, nickte sie weise. »So sind die jungen Leute heutzutage fast alle, aber das ändert sich, sobald sie mit Gleichaltrigen zusammenkommen. Warte nur, bis Frank unsere Annette kennenlernt! Dann wacht er bestimmt auf.«
Einige Tage später kam Tony vorbei — ausnahmsweise allein. Als ich nach Annette fragte, antwortete sie lachend: »Wo sie gerade ist, errätst du nie! Sie ist mit Frank Woodford ausgeritten.«
»Aber wie haben die beiden sich kennengelernt?«
Tony blinzelte mir zu. »Der Postbote hat einen Fehler gemacht und einen Brief für Mr. Woodford in unseren Briefkasten geworfen.«
»Nur merkwürdig, daß dir das erst aufgefallen ist, als die Woodfords schon wieder gegangen waren.«
»Ja, findest du nicht auch? Annette und ich haben jedenfalls beschlossen, den Brief als reitende Boten abzuliefern. Mrs. Woodford hat uns begrüßt — sie ist sehr nett, glaube ich — und hineingebeten. Ich habe die Einladung angenommen, obwohl Annette mir ein Zeichen gab, ich solle sie ablehnen. Im Wohnzimmer legte ein großer junger Mann mit mürrischem Gesicht Holz im Kamin nach. Zu meiner gelinden Enttäuschung veränderte sich sein Gesichtsausdruck nicht, als ich hereinkam, obwohl er mir immerhin zunickte. Offenbar hat er mich ebenfalls unter >die Alten< eingereiht.« Tony machte eine bedeutungsvolle Pause. »Aber du hättest ihn sehen sollen, als Annette, die noch mit Mr. Woodford gesprochen hatte, hereinkam! Bei ihrem Anblick war der junge Mann wie verwandelt. Er sah nicht mehr gelangweilt und mürrisch drein, sondern wirkte fröhlich und lebhaft. Richtig umgekrempelt, sage ich dir!«
»Und was war mit Annette?« erkundigte ich mich. »Hat sie sich etwa auch verwandelt?«
»Nein, sie wirkte etwas schüchtern und sprach mit sehr sanfter Stimme, die bei ihr immer ein Zeichen von Nervosität ist, mit Mrs.
Weitere Kostenlose Bücher