Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
interessierte sie sich im Grunde genommen doch mehr für ihre Freundin Miranda und deren merkwürdige Liebesaffäre. Jim Harden schien das Rennen um Mirandas Gunst gemacht zu haben. War es wirklich möglich, daß dieser gutaussehende, aber etwas oberflächliche und allzu selbstsichere junge Mann Joe auf den zweiten Platz verdrängt hatte? Der Entthronte schien damit ganz zufrieden zu sein, denn er verzichtete sogar darauf, seiner früheren Liebsten schmachtende Blicke zuzuwerfen. Beide waren mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge anscheinend ganz einverstanden, was uns in bezug auf Joe nachdenklich machte. Hatte er etwa nie die Absicht gehabt, Miranda zu heiraten, obwohl alle Welt bereits an eine bevorstehende Verlobung geglaubt hatte?
»Das verstehe ich auch nicht«, gab Tony zu, als Larry sie danach fragte, »und habe auch nicht den Mut, Miranda darauf anzusprechen. Du weißt doch, wie reserviert sie sein kann, wenn sie will. Auf diese Art hat sie bisher alle Fragen abgewiesen, und selbst Auntie macht sich Sorgen um die beiden, weil sie nicht mehr weiß als wir.«
Wenn nicht einmal Tony wußte, was zwischen Joe und Miranda vorging, konnten wir anderen nur abwarten, wie sich die Dinge entwickeln würden. Diese Ungewißheit dauerte noch einige Zeit, bis Tony eines Tages freudestrahlend mit guten Nachrichten hereingestürzt kam.
»Stell dir vor, mit Joe und Miranda ist wieder alles in Ordnung, Susan! Die beiden sind endlich verlobt!«
»Und was ist mit Jim Harden?« erkundigte ich mich. »Hat er den Laufpaß bekommen?«
»Oh, ich glaube, daß er bald darüber hinwegkommt, und außerdem hat er sich alles selbst eingebrockt... Susan, ich muß dir die ganze Geschichte erzählen, obwohl sie ein schlechtes Licht auf mich wirft. Du weißt doch, daß die Reniers gestern abend eine Party gegeben haben? Peter hat sich geopfert und ist mit Annette und mir hingegangen.«
»Peter auf einer Party?« fragte ich erstaunt. »Das nenne ich Selbstüberwindung!«
»Ach, er geht eigentlich ganz gern unter Leute. Er war natürlich ein bißchen müde, aber es hat sich trotzdem gelohnt, daß wir hingefahren sind, weil ich etwas sehr Wichtiges mitgehört habe. Es war zwar nicht für mich bestimmt, aber...«
»Nicht für dich bestimmt?« wiederholte ich. »Hast du etwa gelauscht, Tony?«
»Natürlich unabsichtlich!« beteuerte sie. »Ich bin einen Augenblick auf die Veranda gegangen, weil mir heiß war, und als ich dort im Schatten stand, kam ein Paar über den Rasen aufs Haus zu. >Soll das etwa heißen, daß du mir einen Korb gibst?< fragte der Mann, den ich zuerst für einen Fremden hielt, bis ich Jim Harden erkannte. >Warum nicht?< antwortete Miranda spöttisch. >Du hast doch nicht etwa eine Maori heiraten wollen? Weißt du nicht mehr, daß du mir schon zu Anfang unserer Bekanntschaft erklärt hast, für dich gebe es keine Mischlingsehe?< — >Aber... aber du bist doch mit mir ausgegangen...< — >Nicht nur mit dir, Jim. In letzter Zeit allerdings öfters mit dir, weil ich dachte, du hättest eine Lektion nötig.< — >Du hast’s also mit Absicht getan, weil ich etwas gegen Maoris habe? Darüber hätte ich in diesem Fall hinweggesehen.< — >Wirklich sehr freundlich von dir! Aber ich könnte keinen Mann heiraten, der sich schämt, weil ich Maoriblut in den Adern habe. Ich bin stolz darauf! Du sprichst gern von meinen englischen Verwandten, weil einer von ihnen sogar einen Adelstitel hat. Aber ich bilde mir viel mehr auf meine Maorivorfahren ein! Deshalb werde ich einen Mann heiraten, der ähnlich empfindet.<«
Tony machte eine Pause und warf mir einen um Entschuldigung bittenden Blick zu. »Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie mir in diesem Augenblick zumute gewesen ist, Susan. Ich durfte mich nicht plötzlich zeigen und wollte andererseits nicht noch mehr mithören...«
»Das will ich hoffen! Andererseits hast du gehört, was wir uns im stillen alle gewünscht haben. Aber wie ist es dann weitergegangen?«
»Jim ließ Miranda stehen und lief über den Rasen weg«, berichtete Tony, »und sie ist ins Haus gekommen. Ich bin so froh, daß Joe und Miranda sich in Wirklichkeit nie getrennt haben, Susan! Jetzt können wir alles für eine große Verlobungsparty vorbereiten.«
»Der junge Harden tut mir trotzdem leid«, sagte ich.
»Das geschieht ihm recht, weil er Miranda als minderwertig betrachtet hat, nur weil sie Maoriblut in den Adern hat. Ich dachte, so was käme heutzutage gar nicht mehr vor, aber er ist natürlich ein
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