Überraschung kommt selten allein
der Uni teilen.
Heute Abend würde sie ihn für sich haben und konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen. Sie verließ das vornehme Büro von Associated Metals viel früher als sonst und raste zur U-Bahn.
Sie hatten sich in einem Pub namens The Copper Arm verabredet, einem großen, weiträumigen Lokal mit schwarzen Ledersofas, hochlehnigen Bänken und alten, goldgerahmten Spiegeln. Hannah schaute sich um und lächelte, als sie Harrisons Pullover erkannte. Er stand mit dem Rücken zu ihr an der Theke und trug seinen alten Lieblingspulli, eine lachsfarbene Kreation, die er in einem Wohltätigkeitsladen erstanden hatte.
Sie tippte ihm auf die Schulter, und er drehte sich um und grinste, bevor er sie umarmte. »Hannah Granger!«, sagte er. »Wie wunderbar , dich zu sehen! Ich habe uns gerade etwas zu trinken bestellt …«
»Ich lade dich ein«, sagte Hannah. »Du kannst das nächste Mal zahlen. Ach, Harrison, du hast mir gefehlt!« Sie merkte, dass sie Hunger hatte, wahrscheinlich weil sie keine Zeit zum Mittagessen gehabt hatte. Als sie die Getränke bezahlte, kaufte sie Erdnüsse und Chips und setzte sich mit Harrison ans Fenster. »Du bist noch so schön braun«, sagte sie. »Das steht dir.«
»Du siehst ganz anders aus«, antwortete er. »Deine neue Frisur gefällt mir.«
»Am Anfang dachte ich, sie ist ein bisschen zu extrem, aber jetzt mag ich sie. Ich hab mir die Haare abschneiden lassen, nachdem ich mit Ludovic Schluss gemacht habe.«
»Ich bin so froh, dass du den langen Ludovic in die Wüste geschickt hast. Er war so was von langweilig.«
»War er nicht!«
»Doch, war er. Er hat so leise gesprochen, dass ich nie verstehen konnte, was er sagte. Und er hat jedes Mal so komisch gelacht, wenn er aufgehört hat zu reden, und weil ich ihn nie verstanden habe, wusste ich nicht, ob ich auch lachen oder mich zerknirscht fühlen sollte. Wie auch immer, deine Frisur gefällt mir jedenfalls sehr gut. Du siehst aus wie eine kleine Audrey Hepburn.«
»Hatte die nicht lange Haare?«
»Sie hatte beides, aber selbst mit langen Haaren sah sie aus wie eine Frau mit kurzen Haaren. Aber jetzt zu dir. Erzähl mir alles über den neuen Mann in deinem Leben. Ich nehme an, er ist groß und blond und sieht abartig gut aus?«
»Ja, aber …«
»Du bist so berechenbar«, sagte Harrison kopfschüttelnd. »Erzähl mir alles.«
»Also …« Hannah hielt inne, um die Chipstüte mit den Zähnen aufzureißen. »… weißt du noch, dass ich von dem Geld, das die Eltern meines Vaters mir hinterlassen haben, eine Wohnung kaufen wollte? Also, ich hab’s getan. Sie ist in Stoke Newington, und ich kann es kaum erwarten, sie dir zu zeigen. Sie hat tolle, große Schiebefenster, jedes Zimmer ist hell und freundlich, und die Bodendielen sind abgezogen und versiegelt – ich liebe sie. Kitty ist mit eingezogen, und vor ein paar Monaten ist ihr ältester Bruder aus Hamburg zurückgekommen und hat gefragt, ob er auf dem Sofa schlafen kann, bis er eine Wohnung gefunden hat. In Bath kannte ich ihn eigentlich nicht – er ist sechs Jahre älter als Kitty –, aber es war seltsam. Als er in die Wohnung kam, war es um mich geschehen …«
»Das ist nicht seltsam«, sagte Harrison. »So geht dir das doch immer. Du kanntest den langen Ludovic keine fünf Minuten, als du beschlossen hast, dass er die Liebe deines Lebens ist. Was machte der Neue?«
»Er ist Schauspieler. Du kennst ihn bestimmt! Wir waren doch zusammen in dem Film Kains Söhne , weil Kittys Bruder da mitspielt? Das war Alfie. Er war der erste Sohn, der ziemlich schnell getötet wurde.«
»Ich erinnere mich«, nickte Harrison. »Er war derjenige, der jedes Mal so schmale Machoaugen gekriegt hat, wenn er jemanden vergewaltigt hat.«
»Er ist ein sehr guter Schauspieler«, sagte Hannah ernst.
»Bestimmt ist er das. Auf jeden Fall kann er gut den Macho spielen. Hannah?« Er beugte sich vor und flüsterte: »Warum hältst du dir die Hand vors Gesicht?«
»Ich habe gerade Dylan gesehen«, zischte Hannah. »Ich weiß, dass ich dir von ihm erzählt habe. Er ist mein Stiefbruder. Tony war mit einer schillernden Anwältin verheiratet, ehe er Mum kennenlernte, und irgendwie haben sie Dylan produziert, der wahrscheinlich die größte Nervensäge der Welt ist. Ich glaube es nicht. Wenn Dylan diesen Pub entdeckt hat, kann ich nicht mehr herkommen. Vielleicht sieht er mich ja nicht.«
»Ist Dylan blond?«
»Ja«, flüsterte Hannah.
»Dann hat er dich gesehen.«
Hannah drehte sich widerstrebend
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