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Überraschung kommt selten allein

Überraschung kommt selten allein

Titel: Überraschung kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Holt
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sie mit Tony zusammenzog, fand sie es schwierig, sich daran zu gewöhnen, dass er gerne bei offenen Vorhängen schlief. Jetzt konnte sie sich nicht vorstellen, sie zuzuziehen.
    Tony lag ziemlich still neben ihr. Seine langsamen, regelmäßigen Atemzüge konnten sie nicht täuschen. Seit Dylan die Bombe mit Lydia hatte platzen lassen, hatte er kaum ein Wort gesagt.
    Sie drehte sich zu ihm um und legte eine Hand auf seinen Arm. »Tony«, sagte sie leise. »Du wusstest das mit Lydia, nicht wahr? Wann hat sie es dir gesagt?«
    Zuerst dachte sie, er würde weiter so tun, als ob er schliefe. Schließlich sagte er: »Sie hat an dem Abend angerufen, als Erica zum Essen da war. Ich habe vergessen, es dir zu erzählen.«
    Sie hatte den Anruf völlig vergessen. Warum hatte Lydia so lange gebraucht, um Tony davon zu erzählen? Was hatte Tony zu ihr gesagt? Und warum hatte er es später nicht erwähnt? Er wusste es seit einer ganzen Woche und meinte ernsthaft, dass sie ihm glaubte, er hätte vergessen , es ihr zu erzählen?
    Am liebsten hätte Alberta geantwortet: Ich könnte sagen, Lydia ist eine verklemmte, eitle, selbstzufriedene, hochgestochene Kuh, aber ich weiß, dass sie die Liebe deines Lebens ist. Du musst nicht so tun, als interessiert es dich nicht. Ich weiß, dass es dir zu schaffen macht. Ich kenne dich, und ich wünschte wirklich, es wäre anders.
    Stattdessen sagte Alberta gar nichts, was vielleicht ein Fehler war.

5
    ~~
    Die Geier warten schon
    L ord und Lady Trussler lebten in Framley Barton, einem kleinen Dorf in Hampshire, umgeben von Wiesen voller Ponys und Hindernisparcours. Von Bath aus dauerte die Fahrt ungefähr eine Stunde. Alberta wollte gerade von der Autobahn fahren, als Jacob vorschlug, an der Raststätte zu halten, damit er ein paar Blumen für seine Großmutter kaufen konnte. Gerührt über Jacobs Aufmerksamkeit, war Alberta nur zu gern einverstanden.
    Sie überließ es Jacob, einen Strauß auszusuchen, und schlenderte zu dem Ständer mit Taschenbüchern. Als Jacob mit den Blumen zu ihr kam, war sie in die Bekenntnisse einer pensionierten Lehrerin vertieft – laut Klappentext eine »schockierende Darstellung dessen, was in Internaten wirklich vor sich geht«.
    Jacob hielt einen unnatürlich steifen Strauß roter Rosen, ein Taschenbuch von Paul McKenna und zwei Sudokuhefte in den Händen. »Ich habe mein Buch vergessen«, sagte er. »Das Problem ist, dass ich leider nur Geld für die Blumen habe …«
    »Du brauchst kein Buch zu kaufen«, sagte Alberta und stellte ihrerseits das Lehrerinnenbuch zurück. »Bei meinen Eltern gibt es genug davon.«
    »Das weiß ich«, antwortete Jacob. »Aber die meisten habe ich gelesen, und Marmas Gartenbücher interessieren mich nicht und ihre Bücher über Gott schon gar nicht.«
    »Die hat sie alle zu Oxfam gebracht«, erwiderte Alberta. »Gott hat sie schon vor Monaten aufgegeben.«
    Albertas Mutter war eine Frau mit einer starken, wenn auch irgendwie kurzlebigen Begeisterungsfähigkeit. Sie hatte sich schon für den Existentialismus begeistert (Alberta verdankte ihren Namen der Tatsache, dass sie an Albert Camus’ Todestag geboren worden war), für den Sozialismus (inspiriert durch Gespräche mit ihrem Sohn, allerdings konnte sie dieses Interesse nur sehr diskret ausleben, da ihr Mann zu der Zeit für die Konservativen im Parlament saß), für die Schriftstellerei (schnell beendet durch den langen, heißen Sommer 1976), für den Feminismus (wieder ein Interesse, das sie nur im Geheimen verfolgen konnte, da ihr Mann damals Staatsminister für die Konservativen war), für Gartenarbeit (das Einzige, was sie nach wie vor interessierte) und, bis vor Kurzem, für die Religion.
    »Wenn das so ist«, sagte Jacob, »solltest du die Sudokuhefte auf jeden Fall kaufen. Marma ist bestimmt auf der Suche nach einem neuen Hobby, und da ist Sudoku perfekt. Es ist sehr gut für alte Menschen. Es ist ein gutes Gedächtnistraining und zögert die Demenz hinaus. Du solltest auch damit anfangen.«
    »Vielen Dank, Jacob«, sagte Alberta, kramte in ihrer Umhängetasche nach dem Geldbeutel und stellte sich an der Kasse an. »Ich bin ja so froh, dass du auf mich aufpasst.«
    Als sie in die Auffahrt zum Haus ihrer Eltern einbogen, spürte Alberta die gewohnte Vorfreude. Hannah war noch ganz klein gewesen, als Michael Trussler ohne ersichtlichen Grund beschlossen hatte, das gemütliche Heim der Familie in seinem Wahlkreis in Surrey zu verkaufen und durch ein schäbiges Reihenhaus in

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