Überraschung kommt selten allein
sich sein Computer und eine Fotografie in einem silbernen Rahmen.
Alberta kannte das Foto gut: Es war kurz nachdem Ed bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hatte aufgenommen worden. Ein glücklicher Zeitpunkt, für immer festgehalten. Strahlend lächelnd standen die beiden rechts und links von Alberta. Sie erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen. Jedes Mal, wenn sie das Bild sah, fühlte sie dieselbe Mischung aus Stolz und Schmerz.
Sie lächelte ihren Vater an und setzte sich auf den braunen Ledersessel. »Ich will dich holen«, sagte sie. »Wir hätten gerne einen Drink. Musst du noch weiterarbeiten?«
Michael warf einen letzten Blick auf den Bildschirm, dann sicherte er die Datei mit einer Fanfare. »Ich werde alt«, sagte er. »Ich habe noch nie so lange gebraucht, um einen Artikel mit fünfhundert Worten zu schreiben.«
Alberta lachte. »Ich könnte nie einen fünfhundert Worte langen Artikel schreiben, vielleicht tröstet dich das.«
»Ed hätte es gekonnt«, sagte Michael und bewegte den silbernen Rahmen ein wenig. »Er hat mir einmal in zwanzig Minuten eine Rede geschrieben. Eine sehr gute Rede. Er war der beste Assistent, den ich je hatte. Ich wünschte, er wäre jetzt hier. Er fehlt mir immer noch.«
»Ich weiß«, sagte Alberta.
Michael lächelte. »Wenigstens habe ich dich! Du siehst gut aus. Wie geht es Tony? Verpestet er den Äther immer noch mit scheußlicher Musik?«
»Das tut er. Er liebt seine Arbeit.«
»Nun, ich nehme an, dann ist es in Ordnung. Und wie geht es dir?« Er nahm ihre Hand. »Du siehst müde aus.«
»Es geht mir gut, besonders heute. Es ist wunderbar, hier ein paar ruhige und friedliche Tage genießen zu können.«
»Da wäre ich mir mal nicht so sicher«, sagte Michael. »Deine Mutter hat die Cartwrights eingeladen, und ich glaube, ich höre sie schon.«
Maurice und Joan Cartwright wohnten in einem Cottage aus dem siebzehnten Jahrhundert im Zentrum von Framley Barton. Alberta wusste, dass ihre Eltern sie als ihre besten Freunde in Hampshire betrachteten, obwohl sie noch nie richtig verstanden hatte, warum. Schließlich waren sie ganz anders als ihre Eltern. Maurice war ein süßer Mann, der stundenlang mit Philippa über den richtigen Pflanzenschnitt reden konnte. Er war kein Mann mit strengen Ansichten, und wann immer er eine Meinung äußerte, nahm er sie bereitwillig zurück, wenn man ihn herausforderte. Er stand total unter der Fuchtel seiner Frau und neigte dazu, in ihrer Gegenwart zu schweigen. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte Joan zu allem und jedem eine Meinung und liebte nichts mehr, als Michael in politische Diskussionen zu verwickeln. Sie war ein Mensch, der Körperkontakt suchte, und zwar zu allen, bis auf ihren Mann, und kaum war sie bei ihrem zweiten Gin Tonic, flirtete sie auch schon mit Michael. Die Cartwrights waren kinderlos und nahmen deswegen großen Anteil am Leben der Kinder und Enkelkinder der Trusslers. Vor allem Maurice war bei Hannah und Jacob sehr beliebt.
Eigentlich bin ich unfair, dachte Alberta, als sie durch die Diele ging, um die Cartwrights zu begrüßen. Was gab ihr das Recht zu denken, die Cartwrights seien merkwürdige Freunde? Es gab Menschen, einschließlich Tony, die nicht verstanden, warum sie so nett zu Diana war, und noch weniger verstanden, warum sie eine Firma mit ihr gegründet hatte; es stimmte, dass Diana rechthaberisch und ungeduldig war und kein Blatt vor den Mund nahm. Sie war aber auch effizient, unterhaltsam und entschlossen. Es kam immer darauf an, von welcher Seite man es betrachtete.
In diesem Sinne begrüßte sie Maurice, den sie mochte, und Joan, die sie nicht mochte, und versicherte ihnen, wie schön es sei, sie zu sehen.
»Also, Alberta«, sagte Joan und sank auf das limonenfarbene Sofa, das neben ihrem roten Satinkostüm zur Bedeutungslosigkeit zu verblassen schien. »Wie geht es deinem Freund ? Wann wird er eine ehrbare Frau aus dir machen?«
Alberta lachte höflich, als hätte Joan ihr die Frage zum ersten Mal gestellt. »Ich fürchte, derzeit sieht es nicht danach aus.«
»Nun, schieb es nicht zu lange auf, meine Liebe, man weiß nie, was noch kommt.« Joan griff nach den Erdnüssen auf dem Couchtisch. »Wir haben leider traurige Neuigkeiten. Mein Schwager ist letztes Wochenende gestorben.«
»Oh, Joan, das tut mir leid«, sagte Philippa. »Er war so ein netter Mensch.«
Joan schniefte. »Er hatte einige sehr merkwürdige Angewohnheiten, aber man soll nicht schlecht von den Toten sprechen.
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