Überraschung kommt selten allein
Die arme Stella ist ganz außer sich. Ich habe ihr gesagt, sie soll das Haus verkaufen und zu uns ziehen. Wir haben genug Platz für sie, und sie ist eine fantastische Köchin.«
Michael setzte sich neben Joan aufs Sofa. »Würde Stella denn ihre Freunde verlassen wollen?«
»Sie wohnt in Birmingham, mein Lieber«, sagte Joan. »Sie verkauft das Haus, sobald die Beerdigung vorbei ist. Ich werde es genießen, sie hier zu haben. Endlich jemand, mit dem ich beim Essen reden kann.«
»Redest du nicht mit Maurice?«, fragte Jacob mit echtem Interesse.
»Schsch, Jacob«, murmelte Philippa. »Joan macht nur Spaß.«
»Nein, mache ich nicht«, sagte Joan und trank einen kräftigen Schluck von ihrem Gin. »Maurice sind schon vor Jahren die Themen ausgegangen, nicht wahr, Liebling?«
Maurice nickte. »An das genaue Datum erinnere ich mich gar nicht.«
Philippa lächelte. »Jetzt machst du Spaß!«
»Macht er nicht«, sagte Joan, »und beantworte mir eine Frage, Philippa. Wie oft will Michael deine Meinung zu aktuellen Themen wissen?«
»Nun«, setzte Philippa an und gab dann unter Joans scharfem Blick zu: »Nicht sehr oft.«
»Genau«, sagte Joan, »und das liegt daran, dass er entweder schon weiß, was du denkst, oder es interessiert ihn nicht. So ist die Ehe.«
»Warum bist du dann der Meinung, dass meine Eltern heiraten sollten?«, fragte Jacob.
Kurz schossen Joans Augenbrauen in die Höhe wie Fragezeichen, dann lachte sie bellend. »Da hast du recht, Jacob. Du bist ein scharfsinniger Knabe, zwei Worte, die normalerweise nicht zusammenpassen.« Sie legte Michael die Hand aufs Knie. »Was denkst du über die Ehe, mein Lieber? Glaubst du, dass sie eine gute Institution ist?«
»Für mich ist sie sehr gut«, antwortete Michael. »Ich wohne in einem gemütlichen Haus mit einem herrlichen Garten, und für beides ist ausschließlich meine Frau verantwortlich.«
»Das klingt ja alles ganz schön«, sagte Joan, »aber eine Haushälterin und ein Gärtner könnten das auch übernehmen.«
»Nein«, widersprach Michael. »Niemand kann besser für mich sorgen als Philippa.«
»Hört, hört!«, rief Maurice.
Joan wirbelte herum und sah ihren Mann an. »Willst du damit sagen, du kannst dir keine bessere Ehefrau als Philippa vorstellen?«
»Ich will damit sagen«, erläuterte Maurice, »dass ich mir für Michael keine bessere Ehefrau als Philippa vorstellen kann.«
»Ich werde gar nichts mehr sagen«, erklärte Joan bockig, »außer, dass ich einige sehr interessante Vergleiche über Ehemänner anführen könnte …«
»Meine Güte, ist das schon spät!«, unterbrach Philippa sie. »Wir müssen jetzt essen. Meine Suppe ist bestimmt verkocht. Gehen wir.«
Sofort begaben sich alle ins Esszimmer und saßen kurz darauf um den glänzend polierten Eichentisch. Jacob half Philippa, die Suppe herumzureichen. Die Unterhaltung stockte nie und deckte so unterschiedliche Themen ab wie die Geschlechtsumwandlung von Joans Neffen, die gegenwärtige Lage der Tories, den entsetzlichen Mundgeruch des örtlichen Vikars und die Zukunft von Reisen ins Weltall.
Alte Menschen, dachte Alberta – jedenfalls diese alten Menschen hier –, können schon sehr seltsam sein. Wenn sie und Tony zusammengesessen und ihre Beziehung diskutiert hätten, so wie es diese vier während des Aperitifs getan hatten, hätte sie sich ziemlich angegriffen gefühlt. Und doch saßen sie hier und verschlangen glücklich Philippas Räucherlachstarte. Am einen Ende des Tisches schalten Joan und Michael Jacob dafür, dass er sich nicht für Politik interessierte. Und am anderen Ende verhaspelten sich Maurice und Philippa beinahe vor Begeisterung, als sie Alberta erklärten, warum es so enorm wichtig war, einen Teich im Garten zu haben. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass sie während des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen waren. Zweifellos waren diese Pensionäre ein ganzes Stück härter im Nehmen als Albertas Generation.
Diese Erkenntnis bestätigte sich am nächsten Morgen, als Alberta um halb neun herunterkam und hörte, dass ihr Vater bereits eine Stunde an seinem Schreibtisch verbracht hatte, und ihre Mutter gerade damit fertig geworden war, einen Auflauf fürs Abendessen vorzubereiten.
Als Jacob zwei Stunden später endlich die Treppe herunterstolperte, fuhren sie alle zum Lunch nach Marlborough und machten anschließend einen schönen Spaziergang am Fluss. Während Jacob seiner Großmutter von seinen vorläufigen Plänen für sein freies Jahr
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