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Überraschung kommt selten allein

Überraschung kommt selten allein

Titel: Überraschung kommt selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Holt
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machte sie eine Zitronenbaisertarte. Er verließ sie am nächsten Tag.«
    »Das ist ziemlich hart.«
    »Eine andere Patientin war achtundzwanzig Jahre mit ihrem Mann verheiratet. Er langweilte sie. Sie sagte, sie hätten sich schon seit Jahren nichts mehr zu sagen.«
    »Hat sie ihn verlassen?«
    »Sie zog es in Erwägung. Dann erklärte sie, irgendwann, im Laufe der Zeit, sei sie auch langweilig geworden, und da sie nichts Interessantes zu sagen habe, könne sie genauso gut bei ihm bleiben.«
    »Das ist so traurig.«
    »Und ein weiterer Patient – ein sehr süßer Mann, ich mochte ihn besonders gern – erzählte mir, er hasse seine Frau. Doch als sie starb, brauchte er meine Hilfe. Er hatte entdeckt, dass es ebendieser Hass war, der ihm das Gefühl gab, lebendig zu sein, und ohne ihn fehlte ihm etwas.«
    »Evie«, sagte Alberta, »willst du mir eine Langzeitbeziehung verkaufen?«
    »Ich versuche«, erwiderte Evie geduldig, »dir zu zeigen, dass viele Ehen unglücklich sind. Ich versuche, dir zu zeigen, dass das, was Tony und du habt, etwas ganz Besonderes ist. Ein Grund, dass wir so gern zu euch herüberkommen, ist die fröhliche und gemütliche Atmosphäre, die nicht aufgesetzt ist. Jeder kommt gerne zu euch.«
    »Hannah nicht«, sagte Alberta. »Sie war seit Monaten nicht hier.«
    »Sehr gesund«, antwortete Evie prompt. »Wenn man seine Kinder richtig erzogen hat, kommen sie nicht mehr nach Hause, wenn sie einmal ausgezogen sind und sich ihr eigenes Leben aufbauen. Wir haben Tony nie gesehen, als er ausgezogen ist. Aber er kam wieder. Mit dir und Hannah und Jacob. Und ihr seid uns seitdem eine große Freude.«
    »Oh, Evie!« Alberta trank einen ordentlichen Schluck Sherry. »Ich denke oft, dass du und Lionel ein Grund dafür seid, dass Tony und ich so lange zusammen waren. Ich habe so gerne mit euch Tür an Tür gelebt. Ich war sehr glücklich.«
    »Und du kannst wieder glücklich sein.«
    »Die Sache ist die«, sagte Alberta, »wenn man einmal etwas begriffen hat, erkennt man alles Mögliche, das man vorher nicht verstanden hat. Ich weiß, es sieht aus, als käme es aus dem Nichts heraus, aber das tut es nicht. Wir haben seit Monaten Probleme aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir haben uns beide … unwohl gefühlt. Und wenn man sich so fühlt, fängt man an nachzudenken. Ich habe mich über die Jahre immer mal wieder gefragt, ob wir zusammenbleiben sollen. Aber ich habe so gerne hier gewohnt, ich habe unser Leben hier geliebt. Tony war ein wundervoller Vater für Jacob und Hannah, und alle Zweifel, die ich hatte, kamen mir lächerlich vor. Doch in letzter Zeit, als Tony und ich so oft über Kreuz waren, habe ich gespürt, dass es nicht mehr funktioniert. Tony ist derselben Meinung. Als ich ihm sagte, dass ich ihn verlasse, war er nicht überrascht . Er war erleichtert , dass ich es zuerst ausgesprochen habe. Es war fast schon absurd. Er hat eine Flasche Wein aufgemacht, wir haben uns zusammen hingesetzt, und es war wie immer. Wir haben alles geklärt. Es gab keine Schuldzuweisungen, keine bitteren Worte. Er ist mein bester Freund, und das wird er wahrscheinlich immer bleiben.«
    »In dem Fall«, beharrte Evie, »solltet ihr beide umso mehr versuchen zu bewahren, was, wie du selbst gesagt hast, ein sehr zufriedenstellendes, gemeinsames Leben war. Sieh dir die Fakten an. Dein Vater ist unter bedauerlichen Umständen gestorben. Deine Mutter ist das Opfer eines schändlichen Zeitungsartikels. Dein Sohn hat plötzlich sein Zuhause verlassen. Glaubst du wirklich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist, so große Entscheidungen zu treffen? Deine Arbeit aufzugeben? Dein Heim? Und deinen Partner?«
    »Vielleicht«, gab Alberta zu, »wären wir noch zusammen, wenn all das nicht passiert wäre. Aber solche Dinge geschehen, und durch sie sehen wir die Dinge jetzt anders. Du weißt, wie ich bin! Ich bin die unentschlossenste Frau der Welt! Aber ich habe entschieden, dass ich gehen muss, und sobald ich diese Entscheidung getroffen habe, wusste ich, dass sie richtig war.«
    Evie betrachtete ihr Glas und trank einen Schluck. »Du bist für mich wie eine Tochter«, sagte sie. »Ich kann nicht so tun, als wäre ich objektiv. Nichts von alldem, was du gesagt hast, überzeugt mich davon, dass du keinen großen Fehler machst.« Sie holte ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase.
    »Evie«, sagte Alberta. »Ich wünschte …« Der Kloß in ihrem Hals wurde mit jeder Sekunde größer. »Ich muss gehen«, flüsterte

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