Übersinnlich
Beverly-Hills-Gören, deren blonde Mütter fotogen auf der Titelseite schluchzen.“
Alan lächelte schmal. „Komm wieder ins Bett.“
„Zwei Detectives“, fuhr sie auf, „sollen fünf Morde aufklären! In einer Gegend, in der zehn Gangs ihr Unwesen treiben. Wo sie Graffiti-Botschaften über siebzehnjährige Kids an die Wand sprühen, die bei Schießereien sterben!“
Sein Lächeln erstarb.
„Tut mir leid.“ Mit einer fahrigen Bewegung strich sie sich die Locken aus der Stirn. „Marty kam aus Pico Union, oder?“
„Es muss dir nicht leidtun.“
Reglos erwiderte sie seinen Blick. Mondschein meißelte die Flächen und Kanten seines Gesichts und zeichnete jeden Muskel auf seinem Körper nach. Seine Schönheit verschlug ihr noch immer den Atem, nach all den Monaten, in denen sie ihr Leben mit ihm teilte. Dichte schwarze Haarsträhnen fielen ihm auf die Schultern, als er sich bewegte.
Sie konnte ihren Zorn nie lange aufrechterhalten, wenn er sie so ansah. Ein Hauch Unwirklichkeit umwehte diesen Mann, der kein Mensch war, sondern der Nachkomme eines gefallenen Engels. Bis zuletzt hatte sie seine Geschichte nicht glauben wollen, nicht einmal, nachdem sie Zeugin seiner enormen Selbstheilungskräfte geworden war. Erst als sein Vater Mordechai ihr Blut benutzt hatte, um den Engel Asâêl zurück in die Welt der Lebenden zu holen, hatte sie begriffen, dass Alan die Wahrheit sagte. Und bevor Asâêl in die Nacht entschwunden war, hatte er ihr etwas geschenkt. Sie benutzte seine Gabe häufiger in letzter Zeit, doch das bedeutete nicht, dass sie sie wirklich verstand.
„Das LAPD ist damit beschäftigt, die Stadt aufzuräumen“, sagte er. „Es herrscht immer noch Ausnahmezustand.“
„Ich weiß.“ Sie stieß sich vom Fenster ab. Seit Wochen terrorisierten plündernde Banden die Stadt, die das Chaos ausnutzten, das die Höllenkreaturen der Etherlight-Sekte angerichtet hatten. Etherlight hatte versucht, die von ihnen vorhergesagte Apokalypse in die Welt zu zwingen und einen Zusammenstoß zwischen den Mächten des Himmels und der Hölle zu inszenieren, um auf diese Weise ihren Einfluss auszuweiten.
Sie ließ sich zurück auf die Matratze fallen und umfasste ihre Knie. Alan rollte sich herum und zog sie an sich. Wohlbehagen sickerte in ihre Glieder, während sein Körper sich warm an ihren Rücken schmiegte. Seine Finger an ihren Hüften, kraftvoll und schlank wie die eines Pianisten, beschleunigten ihren Herzschlag. Der Knoten in ihrem Magen löste sich.
„Morgen besuche ich den Priester“, flüsterte sie.
„Wissen das deine Freunde vom LAPD?“
„Nein.“ Sie sank tiefer in seine Umarmung. Er roch nach Wärme und entfernt nach Orangen und warmem Leder. „Aber vielleicht erzähle ich ihnen hinterher, was ich herausgefunden habe. Falls ich in freigiebiger Stimmung bin.“
Die Kirche der Siebte-Tag-Adventisten an der Alvarado Street war eine efeubewachsene Ziegelfestung, umgürtet von Kolonnaden im römischen Stil. Wie eine Erinnerung an bessere Zeiten thronte sie zwischen graffitibeschmierten Betonbaracken und Holzhäuschen, von denen die Farbe abblätterte.
„Hier habe ich sie gefunden“, sagte Reverend Alarcon, ein schmächtiger Latino mit einem rundlichen, glatt rasierten Gesicht.
Sie standen in einer schmalen Gasse zwischen der Kirche und dem Pfarrhaus. Ein Stück entfernt schweißten Arbeiter einen Gullydeckel fest. Ein Rentierschlitten aus Lichterketten leuchtete im Vorgarten. Der mexikanische Ramschladen gegenüber verkaufte Plastikengel, die Jingle Bells krähten. In zwei Wochen war Weihnachten, doch Eve fühlte sich kein bisschen weihnachtlich.
Auf den Fotos hatte die Leiche ausgesehen, als wäre sie von Raubtieren zerfleischt worden. Wieder musste sie an die mutierten Hunde denken, die Etherlight auf die Stadt losgelassen hatte. Polizei und Nationalgarde hatten zwar schon vor Wochen Entwarnung gegeben, und die letzten Kreaturen waren aufgespürt und erledigt worden. Aber was, wenn sie nicht alle erwischt hatten?
„Da war diese Blutspur. Aber die Cops konnten nichts finden.“ Alarcon deutete auf die Arbeiter. „Ich habe die angeheuert, um die Kanaldeckel zu verschließen. Die Blutspur führt genau zum Loch.“
„Hat das LAPD jemanden runtergeschickt?“
„Der Hauptkanal endet nach fünfzig Yards. Und dann führt ein Fallrohr nach unten, aber das ist zu schmal für einen Menschen. Ich will trotzdem, dass sie es zuschweißen.“ Seine Stimme sackte ab. „Wenn das nämlich kein
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