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Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)

Titel: Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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bist bleich wie die Wand", hörte ich Tom sagen.
    "Ist dir nicht gut..."
    "Nein", flüsterte ich tonlos. Meine Stimme ging beinahe im Straßenlärm unter. Tom legte den Arm um mich. "Es ist wegen Jim", sagte ich. "Ich glaube..."
    "Was?"
    "Wir kommen zu spät!"
     
    *
     
    Das Grand Hyatt Erawan war ein verschnörkelter Bau, ein Traditionshotel, das im Stil der Jahrhundertwende errichtet worden war. Wir verbrachten dort die Nacht. Am nächsten Morgen besorgten wir Visa und Tom gelang es, einen geländegängigen Jeep mit Allradantrieb zu mieten. Mit dem fuhren wir dann die zweihundert Kilometer bis zum Grenzübergang bei Aranyaprathet und übernachteten dort in einem kleinen Hotel. Der Luxus hielt sich in Grenzen, immerhin gab es einen Ventilator. Tom sorgte dafür, dass wir genug Treibstoff dabei hatten. Am nächsten Morgen überquerten wir die Grenze nach Kambodscha. Tom unterhielt sich mit den kambodschanischen Grenzbeamten in einer Mischung aus Khmer und Französisch.
    "Die Mönche von Pa Tam Ran sprachen einen Khmer-Dialekt", meinte er später dazu, als wir uns bereits auf der Nationalstraße 33 befanden. "Ich habe einiges von ihnen aufgeschnappt..."
    Wir kamen durch eine dünnbesiedelte, staubige Ebene. Immer wieder sahen wir kleinere Seen und Teiche. Schwärme von Wildenten waren zu beobachten.
    In Sisopon verließen wir die Nationalstraße und fuhren über eine mit Schlaglöchern übersäte Piste Richtung Siemreap. Die kleine Provinzhauptstadt lag in der Nähe der weltberühmten Ruinen von Angkor, dem Mittelpunkt des alten Khmer-Reiches, zu dem auch große Teile Vietnams und Thailands gehört hatten.
    Von Siemreap aus war Jim nach Norden aufgebrochen, das wussten wir. Und vielleicht konnten wir von dort aus Jims Spuren aufnehmen.
    Es war sehr spät, als wir in Simreap ankamen. Tom kannte sich einigermaßen in der Stadt aus. Während seines letzten Südostasien-Aufenthalts war er ebenfalls hier gewesen. Und so fand er mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit zum Ta Prohm-Hotel. Es war das beste Haus am Ort. Viele der - insgesamt immer noch wenigen - Touristen übernachteten hier. Der Weg zu den legendären Tempeln war schließlich nicht allzu weit.
    "Hier gab es bei meinem letzten Aufenthalt sogar Satelliten-TV!" meinte Tom, als wir das Hotel betraten. "Vorausgesetzt, der Strom ist nicht mal wieder unterbrochen..."
    "Ich kann es kaum erwarten, den Wetterbericht aus dem heimatlichen London zu sehen!" erwiderte ich ironisch. Der junge Mann an der Rezeption war sehr freundlich. Wie die meisten Kambodschaner war er sehr zierlich. Er reichte mir gerade bis zur Schulter. Tom erkundigte sich bei ihm nach einem britischen Reporter mit blonden Haaren und museumswürdiger Jeans.
    Der junge Mann erinnerte sich an Jim.
    Und glücklicherweise sprach er auch ganz gut Englisch, das gegenüber der alten Verkehrs-und Bildungssprache Französisch auch in Kambodscha immer mehr auf dem Vormarsch war.
    "Ja, ich erinnere mich an Mr. Field. Er wollte in den Norden..."
    "Wissen Sie genauer wohin?"
    Er zuckte die Achseln.
    "Je ne sais pas", verfiel er ins Französische, das ihm etwas geläufiger war. "Ich habe ihm einen Übersetzer empfohlen. Srei ist sein Name."
    "Ist dieser Srei mit ihm in den Norden gegangen?", erkundigte sich Tom.
    Das Gesicht des jungen Mannes blieb regungslos.
    "Ich weiß es nicht", gestand er. "Aber an Ihrer Stelle würde ich bei seiner Familie nachfragen. Die wissen sicher, wo sein Ziel war...
    "Okay...", murmelte Tom.
    Träger brachten unsere Sachen ins Zimmer. Eigentlich war unser Gepäck sehr sparsam. Wir hatten nur das Nötigste, aber für die Träger war es eine willkommene Gelegenheit, etwas zu verdienen, wie Tom mir erklärte.
    Unser Zimmer lag im Obergeschoss des Ta Prohm. Man konnte über die Stadt blicken. Dahinter begann der dichte Dschungel, der insgesamt den Großteil dieses Landes bedeckte.
    In der Abenddämmerung war der Dschungel kaum mehr als ein dunkles Band am Horizont.
    "Bei guter Sicht kann man von hier aus einige der Tempel aus dem wuchernden Pflanzenmeer herausragen sehen", erklärte Tom, während wir gemeinsam am Fenster standen und hinausblickten. Das tropische Panorama war beeindruckend. Die Sonne war längst hinter dem aus unzähligen Baumkronen von Urwaldriesen gebildeten Horizont verschwunden. Nur glutrotes Leuchten schimmerte noch hervor und tauchte alles in ein eigenartiges Licht. Es erinnerte mich entfernt an das fremdartige Zwielicht, das ich in jenen kurzen Momenten gesehen

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