überSINNLICHE Nächte - überSINNLICHE Nächte - Wild Nights
seine Rudelgefährten neckte.
Die Liebe, die den Raum erfüllte, war geradezu greifbar. Ein lebendiges Wesen, das wuchs und Ulrich dennoch ausschloss, weil er einsam war. Anton und Keisha, Alexandria und Stefan, seine eigene Tochter Tia und der Mann an ihrer Seite. Jeder hatte jemanden.
Ulrich seufzte und schloss die Augen, um das aufkommende Selbstmitleid zurückzudrängen. Er wurde wohl langsam alt, wenn er so rührselig wurde.
Nicht alt, mein Liebster. Du bist bloß einsam.
Camille?
Sie musste es sein. Ulrichs Kopf drehte sich ruckartig nach ihr um. Aber natürlich stand niemand hinter ihm.
Bald. Wir sind schon bald wieder zusammen.
Er musste unter Halluzinationen leiden. Dinge hören, die nicht da waren. Die Gespräche um ihn umgaben ihn wie Wellen, wie Ebbe und Flut. Das Licht der späten Nachmittagssonne strömte durch die Fenster in das Speisezimmer ... Aber nein. Es konnte unmöglich die Stimme seiner verstorbenen Frau sein, die er hörte.
Ulrich blickte auf. Er merkte, dass Anton ihn beobachtete. Das leichte Nicken und das leise Lächeln, mit dem der Magier ihn bedachte, ließ Ulrich erschauern.
Anton schob seinen Stuhl am Kopfende der Tafel zurück und stand auf. Er schlug leise mit der Gabel gegen sein Weinglas. Das Kristallglas klingelte wie ein Glöckchen. Das Geplauder und Gelächter verstummte augenblicklich.
»Zuerst will ich unsere Gäste offiziell willkommen heißen.« Anton nickte erst Tia und Luc zu. Dann ruhte sein Blick auf Ulrich. »Ich will euch außerdem genau erklären, was ich vorhabe. Es gibt einige Vorbereitungen, die wir alle im Vorfeld treffen müssen, bevor wir uns morgen Nacht für das entscheidende Ereignis zusammenfinden.«
Keisha blickte lächelnd zu ihrem Gefährten auf. Erneut fühlte Ulrich sich an Camille erinnert. War diese Ähnlichkeit zwischen den beiden Frauen der Grund, dass Camille wieder aufgetaucht war? Oder hing es mit dem Kind zusammen, das in Keishas Leib heranwuchs?
»Halloween beziehungsweise Samhain ist traditionell die Zeit des Jahres, zu der wir unsere Toten ehren. Es ist die Nacht im Jahr, in der der Schleier zwischen den Lebenden und den Toten besonders durchscheinend ist. In dieser Zeit können die Toten einfacher von ihrer ätherischen Welt in unsere irdische wechseln. Keisha und ich haben Camilles Präsenz auf dieser körperlichen Ebene gespürt. Sie ist hier, in der Welt der Lebenden. Und sie sollte hier nicht sein. Aber sie wird jede Nacht stärker. Wenn alles klappt, will ich morgen Nacht zwei Dinge tun. Zunächst will ich herausfinden, was genau Camille hier hält. Und ich hoffe, ich kann außerdem Ulrich die Chance geben, mit seiner Frau alles abzuschließen, das noch offen ist. Ich glaube, dieser fehlende Abschluss ist es, der sie noch immer in der Welt der Lebenden festhält.«
Ulrich starrte Anton an. Lange sprach niemand, während er über die Worte des Magiers nachdachte. Anton hatte ihn soeben beschuldigt, noch immer an Camilles Geist zu hängen und sie zurückzuhalten. Der wahre Grund ihres Besuchs ging ihm plötzlich auf. Alles ergab einen Sinn. »Ich habe bisher noch nicht so darüber nachgedacht, aber im Grunde bittest du mich darum, Camille ein zweites Mal zum Tode zu verurteilen.«
Anton schüttelte den Kopf. »Nein, mein Freund. Sie ist bereits tot. Ich bitte dich nur, ihr endlich ihren Frieden zu schenken.«
Wenn man es so nimmt ... »Was soll ich tun?« Ulrich griff nach seinem Weinglas. Er merkte, dass seine Hand zitterte, und legte sie neben seinem Teller flach auf den Tisch.
»Wir alle müssen uns vorbereiten. Ich brauche die geballte Energie von euch allen, die mit mir in diesem Raum sind. Wir müssen den Schleier heben und ihn lange genug offen halten. Meine Frau scheint der Punkt zu sein, auf den sich Camille konzentriert. Ulrich hat angeregt, es könne auch sein, dass sie sich auf Keisha nicht nur wegen der Verwandtschaft zwischen Tante und Nichte konzentriert, sondern auch, weil sie einander so ähnlich sehen. Luc meinte, es könne noch die Tatsache hinzukommen, dass Keisha unser Kind unter dem Herzen trägt und Camille damit an ihre eigene Rolle als Mutter erinnert.«
Tias Kopf ruckte hoch. Sie blickte Keisha direkt an. Ihre Haut nahm einen dunklen Bronzeton an. »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich war so eifersüchtig und habe mich gefragt, warum meine Mutter zu dir kommt und nicht zu ihrer eigenen Tochter. Das klingt sehr verständlich. Keisha, es tut mir leid.«
»Was tut dir leid?« Keisha
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