Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
Vom Netzwerk:
einig sind, was der beste Schutz ist: Das zeigt, dass es fast unmöglich ist, alles richtig zu machen. Gleichzeitig auch beunruhigend, denn die andere Seite wirkt doch ziemlich entschlossen.
    Ausgehend von dem Wissen, dass es auch digital keine absolute Sicherheit gibt, bin ich schon länger der Meinung, dass es auf jeden Fall sinnvoll ist, so viel wie möglich zum eigenen Schutz zu tun. Es ist ja auch kein großes Problem, Türschlösser zu knacken und wir schließen trotzdem hinter uns ab, in der Hoffnung, dass das zu erwartende Gefummel mögliche Einbrecher/innen eher abhält als eine weit offen stehende Tür.
    Nichts zu verbergen
    Früher oder später taucht jemand auf, der oder die nichts zu verbergen hat. Schon gar nicht vor der NSA oder anderen Geheimdiensten. Für diesen Fall sitzt locker in der Hosentasche ein kleines Set an Argumenten:
    • die Leute, die in Mails oder in ihren Facebook-Profilen missverständliche Scherze gemacht haben und deswegen nicht in die USA einreisen durften oder gleich festgenommen wurden
    • die Leute, denen etwas Ähnliches in Europa passiert ist
    • die Leute, die lieber nicht wollten, dass Arbeitgeber/in oder Familie von der Abtreibung oder Affäre erfahren
    • der Stalker
    • die Steuererklärung
    • Firmen-Interna
    • der Unterschied, ob ich freiwillig entscheide, Informationen über mich weiterzugeben oder ob ich dazu gezwungen werde
    Auf der anderen Seite gibt es die, die lakonisch bis überheblich erklären, dass das alles nichts Neues sei, dass sich nichts Relevantes getan hat und deswegen auch keine Notwendigkeit besteht, irgendetwas zu ändern.
    Ja, wir wussten von Echelon [15] und wir wussten auch durch die früheren Whistleblower, dass die NSA in Utah einen großen Datenspeicher baut. Eins der beliebtesten Gesprächsthemen im Bereich Computersicherheit ist die Fachsimpelei, wie viel Rechenkapazität nötig ist, um Schlüssel dieser oder jener Länge zu knacken und wie lange das dauern wird. Selten kommt in diesen Gesprächen die Frage vor, was das jeweils kostet und ob Behörden bereit und in der Lage sind, die entsprechenden Ressourcen einzusetzen. Meiner Meinung nach ist die Option, dass etwas in x Jahren geknackt werden kann, das beste Argument dafür, so viel wie möglich zu verschlüsseln, auch wenn ich davon ausgehe, dass möglicherweise in 10 Jahren diese oder jene Mail von mir gelesen wird. Denn je mehr verschlüsselt ist, desto mehr sinkt auch die statistische Wahrscheinlichkeit, dass meine Mails bei denen dabei sind, die tatsächlich entschlüsselt werden.
    Und Google Earth?
    Schließlich gibt es regelmäßig Diskussionen, die sich darum drehen, dass sich viel zuwenig Menschen dafür interessieren, was die Snowden-Leaks ans Licht gebracht haben. Warum gibt es in Deutschland einen Aufstand, wenn Google-Autos Häuser fotografieren, aber nicht, wenn Inhalte und Meta-Daten unserer gesamten digitalen Kommunikation überwacht werden?
    Die einfache Interpretation ist, dass die Menschen eben einfältig sind und dazu von tiefsitzendem Anti-Amerikanismus beseelt. Ich halte das für falsch und zudem arrogant. Falsch, weil nicht überraschend ist, dass etwas, das sichtbar und dessen Auswirkungen damit vorstellbar sind (die Google-Autos und die Bilder der Häuser im Netz), viel mehr Angst erzeugt als die völlig abstrakte Überwachung durch NSA, GCHQ und womöglich auch den BND.
    Arrogant ist es, weil wir auf demokratische Weise nur dann etwas ändern können, wenn viele etwas ändern wollen. Wir müssen nicht alle einer Meinung sein, aber wir müssen am selben Strang ziehen. Aus den beschriebenen Gründen gibt es weniger Angst vor Überwachung als angemessen wäre, aber wenn es sie gibt, dann müssen wir das nutzen, um politisch etwas zu ändern. Genauso ist es unser Job, das Abstrakte und schwer Vorstellbare an der Überwachung, die wir jetzt sehen, besser zu erklären und vorstellbar zu machen. Und unser Wissen darüber zu teilen, wie wir uns dagegen schützen können. Natürlich ist es ein Problem, dass so viele Menschen viele Informationen scheinbar freiwillig an die Unternehmen weitergeben, die direkt mit den Geheimdiensten kooperieren. Mindestens genauso so problematisch ist aber, dass das Wissen darüber, wie digitale Kommunikation und technische Netzwerke funktionieren, für viele immer noch eine Art Geheimwissen ist.
    Wenn sich alle trauten, ihre scheinbar dummen Fragen zu stellen, wären wir einen großen Schritt weiter.

Die neuen

Weitere Kostenlose Bücher