Ufer des Verlangens (German Edition)
wollte an der Tür rütteln, doch ihre Ohren hatten sie nicht getrogen, das Gemach war abgeschlossen und Zelda darin gefangen.
Sie hämmerte mit beiden Fäusten an die Tür.
»Aufmachen!« rief sie erbost. »Sofort aufmachen! Was soll das? Warum habt Ihr mich eingeschlossen?«
Doch niemand hörte ihr Rufen, niemand reagierte auf das Hämmern ihrer Fäuste gegen das massive Türblatt.
Irgendwann gab Zelda auf, legte sich auf das Brett und weinte sich leise in den Schlaf. Sie verstand nicht, was hier geschah, warum sie eingeschlossen worden war.
Der gesamte Tag war von misslichen Erlebnissen begleitet, und jetzt hatte sie nur noch einen einzigen Wunsch: in den Schlaf zu gleiten und diesen schlimmen Tag einfach hinter sich zu lassen.
8. Kapitel
Am nächsten Morgen erwachte sie mit zerschlagenen Gliedern. In ihrem Rücken schmerzte jeder Muskel, die Fäuste brannten noch immer von den festen Schlägen gegen die Tür.
Das Geräusch eines Schlüssels, der in einem Schloss herumgedreht wurde, hatte sie aus dem Schlaf gerissen.
Sie glitt hoch, setzte sich aufrecht hin, rückte das Barett auf ihrem bandagierten Kopf zurecht und war kaum damit fertig, als die Tür so heftig aufgestoßen wurde, dass sie innen mit einem lauten Knall gegen die Wand schlug.
Zwei Wachmannen, Bedienstete eines Coroners, stürmten herein, packten Zelda grob am Arm und zerrten sie hoch.
»He, was soll das?«, empörte sie sich.
»Seid Ihr Cedric Connery?«, fragte der eine barsch.
»Jawohl, der bin ich«, erwiderte Zelda nicht minder barsch. »Was wollt Ihr? Was soll das? Lasst mich sofort los!«
»Wir sind angewiesen, Euch zu dem für die Gegend zuständigen Coroner zu bringen«, erklärte nun der andere, dessen Stimme ein wenig freundlicher war.
Er schnappte sich die beiden Satteltaschen, und der andere band Zeldas Hände auf dem Rücken mit einem festen Strick zusammen, der ihr in die zarte Haut schnitt.
»Warum zum Coroner? Was habe ich getan?«, fragte sie und spürte, wie die Angst langsam ihren Rücken hoch kroch.
»Das erfahrt Ihr noch früh genug«, bellte der Erste. »Nutzt inzwischen die Gelegenheit, Euer Gewissen zu befragen. Ich bin sicher, Ihr werdet darin genügendGründe finden, die einen Besuch bei unserem guten Coroner rechtfertigen.«
Zelda biss die Zähne fest aufeinander, um ein Klappern zu vermeiden. Ihre Knie wurden weich.
Der Freundlichere der beiden stieß ihr sanft in den Rücken und fügte hinzu: »Wenn Ihr gesteht, so wird Euch das der Coroner hoch anrechnen. Die Strafe wird geringer ausfallen. Also seid nicht trotzig.«
»Aber ich weiß doch gar nicht, wessen ich beschuldigt werde! Wie kann ich etwas zugeben, von dem ich nichts weiß?«
»Seid ruhig jetzt. Wir sind nicht gekommen, um Debatten mit Euch zu führen, sondern Euch vor das Gericht zu bringen.«
»Gericht?« Zelda wurde beinahe schlecht. »Wieso vor das Gericht? Mein Gott, so redet doch! Wessen werde ich angeklagt? «
»Halt’s Maul, verdammt«, fluchte der Bärbeißige und stieß Zelda so fest in den Rücken, dass sie beinahe taumelte.
Sie schritten durch den Gang und durchquerten das Refektorium, in dem zu dieser Stunde eine große Anzahl von Mönchen beim Frühstück saß, die Zelda sensationslustig betrachteten.
Der Präzeptor aber senkte bei Zeldas Anblick den Kopf und rührte mit dem Löffel in seiner Grütze herum, als gäbe es nichts Wichtigeres auf dieser Welt.
Die beiden Wachmänner brachten Zelda in den Klosterhof, der eine nahm sie vor sich auf sein Pferd, und sie preschten davon, in Richtung eines kleinen Städtchens, dessen Kirchturm sich weiß und scharfkantig vor dem strahlend blauen Himmel abhob.
Nach nicht einmal einer halben Stunde schnellen Ritteswaren sie auf dem Marktplatz einer kleinen Stadt mit dem wunderschönen Namen Bluecastle angelangt.
Der Marktplatz war voller Menschen, die gekommen waren, um den öffentlichen Gerichtsverhandlungen beizuwohnen, die jede Woche hier abgehalten wurden.
Beinahe erinnerte die Veranstaltung an ein Jahrmarktsspektakel, denn am Rande des Platzes waren Brat-küch en aufgebaut. Gaukler und Feuerschlucker, Wahrsager und Handleserinnen unterhielten die Menge bis zum Beginn der Verhandlungen. Ein Bader zog gerade mit einer eisernen Zange einem alten Mann einen vereiterten, schwarzen Zahn, zwei Gehilfen hielten ihn fest.
Als die Menge die Bediensteten zu Pferde sah, bildeten sie eine breite Gasse, um sie durchzulassen.
»Halunke«, schrie ein junges Weib mit schlechter Haut und
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