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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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überhörendem Argwohn.
    Zelda lächelte. »Rose, so ist der Name der Stute, hat in der oberen Zahnreihe eine Lücke. Bei einem Sturz ist sie unglücklich gelandet und hat sich den Zahn ausgeschlagen. Außerdem mag sie im Gegensatz zu anderen Pferden keine Mohrrüben.«
    »Hmm«, machte der Coroner und sah seinen Schreiber nachdenklich an. Doch der wusste auch keinen Rat.
    »Ich verlange, bevor Ihr das Urteil über mich fällt, eine Gegenüberstellung mit demjenigen, der behauptet, das Pferd wäre sein und ich der Dieb der Satteltaschen. Lasst ihn beschreiben, was sich in den Satteltaschen befindet, achtet auf die Reaktionen der Stute. Kennt sie ihn nicht und weiß er nichts darüber, was sich in den Taschen befindet, so bin ich unschuldig.«
    »Ein wahres Wort«, rief jemand aus der Menge, die noch immer aufgewühlt war vom Schicksal des armen Alan. Die Menschen hatten genug Blut gesehen, hatten sich ausgiebig am Unheil und Leid der anderen geweidet. Sie waren darin bestätigt, selbst gute, rechtschaffene Menschen zu sein, und hatten in ihrer Seele sogar noch ein kleines Plätzchen für Mitgefühl und Gerechtigkeit gefunden.
    »Ja«, riefen nun auch die anderen. »Verurteilt ihn nicht, holt erst den anderen.«
    Der Coroner, der durchaus auf das Wohlwollen der Menge angewiesen war, schwang sein Hämmerchen und verkündete: »So soll es sein. Die Bediensteten werden den suchen, der unseren Cedric Connery des Diebstahls beschuldigt hat, und danach wird eine Gegenüberstellungin genau einer Woche vor diesem Gericht stattfinden. Bis dahin verbleibt Cedric Connery im Verlies.«
    Die Menge jubelte, doch Zelda wurde beinahe schwarz vor Augen. Eine ganze Woche Wartezeit! Wie sollte sie es unter diesen Umständen schaffen, rechtzeitig nach Edinburgh zu kommen? Und was würde geschehen, wenn sich der Dieb längst aus dem Staub gemacht hatte?
    Sie hob die Hand zum Zeichen, dass sie etwas sagen wollte.
    Der Coroner nickte ihr zu.
    »Hohes Gericht«, setzte Zelda an. »Gesetzt den Fall, der andere ist nicht mehr aufzufinden, was geschieht dann? Ist es nicht ein Eingeständnis seiner Schuld, die beiden Satteltaschen hier zu lassen und ohne sein Eigentum das Weite zu suchen?«
    »Hm«, machte der Coroner wieder und kratzte sich am Kinn.
    »Wir werden sehen, was geschieht, und in einer Woche erneut darüber entscheiden«, verkündete er schließlich und schlug dreimal mit dem Hämmerchen auf den Tisch zum Zeichen, dass der Gerichtstag vorbei war.
    Zelda wurde von den beiden Stadtknechten ins Verlies geführt, das sich im Keller des Rathauses befand. Ein kahler, dunkler Raum, in dem die Feuchtigkeit von den Wänden herunterlief, würde für eine Woche ihr neues Zuhause sein.
    Der Stadtknecht schloss mit einem riesigen Schlüssel die vergitterte Tür auf und hieß Zelda eintreten. Als sie drin war, löste der andere die Stricke, mit denen ihre Handgelenke noch immer aneinander gefesselt waren. Dann schlossen sie die Tür hinter ihr ab und ließen Zelda allein.
    Sie sah sich um. Knapp unter der Decke war eine Öffnung angebracht, durch die sie ein winziges Stück des noch immer blauen Himmels sehen konnte. War es draußen auf dem Marktplatz sehr warm gewesen, so herrschte hier im Verlies eine Grabeskälte.
    Auf dem Boden lag in einer Ecke ein Bündel dreckiges Stroh, eine abgesplitterte Holzschüssel sollte wohl als Geschirr dienen, und für die Notdurft stand in einer anderen Ecke ein Holzeimer, den schon andere vor Zelda benutzt hatten. Es roch nach Angst, menschlichen Exkrementen und fauligem Stroh, nach Feuchtigkeit und Armut.
    Von der Verhandlung aufs Neue erschöpft, ließ sich Zelda mit leisem Ekel auf das schmutzige Stroh fallen, schlang die Arme um die Knie und dachte nach.
    Sie konnte unmöglich eine ganze Woche hier mit Warten und Nichtstun vertrödeln, während da draußen das Schicksal ihrer geliebten und geraubten Schwester Joan seinen furchtbaren Verlauf nahm. Sie musste unter allen Umständen diesen Kerker verlassen. Doch wie?
    Hätte sie Geld, so würde es ihr möglicherweise gelingen, sich freizukaufen. Doch alles, was sie besaß, steckte in den Satteltaschen, und diese hatten ihr die Stadtknechte abgenommen.
    Zelda stand auf und rüttelte mit aller Kraft an der vergitterten Tür, aber umsonst. Die Tür hielt ihr mit Leichtigkeit stand. Es gab keine Möglichkeit zu entfliehen. Auch die Luke war viel zu weit oben und die Wand viel zu nass und zu glitschig, um auf diesem Wege entkommen zu können. Überdies würde

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