Ufer des Verlangens (German Edition)
sie wie ein tollwütiger Hund nach Bandas Hand und biss mit aller Kraft hinein.
Sein Schmerzenslaut klang durch den Wald. Gleich darauf schlug er ihr erneut mit Nachdruck ins Gesicht, sodass ihr Kopf zur Seite gerissen wurde.
»Mach das nie wieder!«, sagte er mit vor Wut heiserer Stimme.
Zeldas Wange brannte so schmerzhaft, dass ihr die Tränen in die Augen schössen. Gleichzeitig spürte sie jedoch, dass die Bedrohung, die von dem jungen Mann ausging, stärker geworden war. Ob er mich umbringen wird?, dachte sie, und das Käuzchen, dass vorhin den Tod eines Menschen verkündet hatte, fiel ihr schlagartig wieder ein.
Schon hatte Banda beide Hände um ihren Hals gelegt und drückte fest zu. Zelda bekam keine Luft mehr. Sie riss den Mund auf, versuchte, sich aus dem Klammergriff zu befreien, doch je mehr sie sich bewegte, umso fester drückte Banda auf ihre Kehle, die höllisch brannte.
»Na, wirst du mir jetzt gehorchen?«, fragte er, und sein gieriger Mund näherte sich schon wieder ihren Lippen. »Wirst du jetzt tun, was ich von dir verlange?«
Zeldas Atemnot wurde immer größer. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und starrte dem Mann ins Gesicht. Sie wollte nicht sterben. Nein, wirklich nicht. Sie war doch noch so jung und hatte noch so viel vor. Tränen quollen aus ihren Augen, rannen über ihre Wangen und hinterließen eine feuchte Spur auf ihrem Gesicht, ehe sie seitlich in Richtung Ohren flössen. Schon tanzten schwarze Kreise vor ihren Augen. Ihr wurde plötzlich leicht, alles ringsum versank in einem Nebel. So muss der Tod sein, war das Letzte, was Zelda dachte.
Doch ebenso plötzlich, wie Banda ihre Kehle gepackt hatte, ließ er sie los. Ein schriller Schrei, vor Überraschung und Entsetzen viel zu hell, tönte in Zeldas Ohren und ließ sie aus dem weichen Nebel zurück an die Oberfläche ihres Bewusstseins kehren.
Sie spürte mehr, als dass sie es sah, wie starke Arme nach Banda griffen und ihn von ihrem Körper zogen. Im nächsten Augenblick erkannte sie Elizabeth, die neben ihr auf dem Boden kauerte.
»Ist alles in Ordnung, meine Liebe? Hat er dir etwas angetan?«
Zelda schüttelte den Kopf und ließ sich von Elizabeth zum Sitzen emporziehen.
Sie sah Esmeralda und zwei der Feuerschlucker, die Banda festhielten. Esmeralda stand vor ihm und traktierte sein Gesicht mit kräftigen Ohrfeigen.
»Du elender Hurensohn«, schimpfte sie dabei. »Wie kannst du es wagen, einen unserer Gäste zu behelligen? Wie kannst du es wagen, einer Frau Gewalt anzutun? Haben wir dich nicht als Findelkind, das niemand haben wollte, zu uns genommen? Waren wir dir nicht Vater, Mutter, Brüder und Schwestern? Hast du nichts gelernt bei uns?«
Ihre Wut und ihre Enttäuschung waren so groß, dass sie nicht aufhören konnte, Banda zu verprügeln. Ihre Fäuste trommelten auf seine Brust, ihre Füße traten gegen sein Schienbein.
Endlich, als Banda längst das Blut von der aufgesprungenen Lippe über das Kinn rann und die beiden Feuerschlucker beruhigend auf Esmeralda einredeten, ließ sie von ihm ab.
Sie wischte sich die Hände an ihrem Kleid ab und spuckte ihm vor die Füße. Dann sagte sie im Ton einer Gutsherrin, der niemand zu widersprechen wagte: »Verschwinde, und lass dich niemals wieder bei uns blicken! Ab heute gehörst du nicht mehr zu uns. Die Familie Lakatos, deren Mitglied du bis eben warst, verstößt dich. Geh hin, wo du hergekommen bist. Du bist nichtals Zigeuner geboren und hast dich nicht würdig erwiesen, einer zu sein. Unseren Namen, unsere ganze Sippe, ja, unser ganzes Volk hast du mit Schande überhäuft. Geh, ehe wir dich töten! «
Esmeraldas Augen blitzten. Ihr Blick lag voller Verachtung auf Banda, der wie ein nasses Wäschestück zwischen den beiden kräftigen Feuerschluckern hing. Banda hatte den Blick auf den Boden gerichtet. Als er Esmeraldas Worte vernahm, wurde er bleich.
»Verzeih, Esmeralda. Verzeih mir, die du mir so viele Jahre lang die Mutter ersetzt hast. Die Triebe müssen mit mir durchgegangen sein. Ich bin ein junger Mann, weiß nicht, wohin mit meinem Saft und meiner Kraft. Bitte, verzeih mir, und verstoße mich nicht.«
Esmeralda schüttelte unnachgiebig den Kopf, sodass ihre großen Ohrringe leise klimperten. »Du hast einer Frau Gewalt angetan. Deine Reue kommt zu spät. Geh, du gehörst nicht mehr zu uns. Das ist mein letztes Wort.«
Die Feuerschlucker ließen Banda los, drehten ihn an den Schultern herum. Der eine versetzte ihm einen kräftigen Tritt in den Hintern,
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