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Ufer des Verlangens (German Edition)

Ufer des Verlangens (German Edition)

Titel: Ufer des Verlangens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Hamilton
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Elizabeth und Zelda von den Zigeunern. Es war ein tränenreicher Abschied, der von zahlreichen Umarmungen begleitet war.
    »Ich werde für Euch beten«, versprach Esmeralda. »Und vergesst nicht, Ihr seid jederzeit gern bei uns gesehen. Eine so gute Handleserin und eine so gute Wehfrauhatten wir noch nie. Lebt wohl, und schütze Euch Gott.«
    Elizabeth und Zelda erwiderten die Umarmungen und die guten Wünsche und trennten sich schweren Herzens von ihren neuen Freunden.
    Die Größe der Stadt war für die junge Frau aus den Highlands und die alte Frau aus dem kleinen Marktflecken Bluecastle schier überwältigend.
    Sie schauten fasziniert auf das Gewirr der vielen Gassen, Treppen und gepflasterten Straßen. Die Baumeister Edinburghs hatten sich den Gegebenheiten des Felsgesteins angepasst und der Stadt mit scharfen Kurven, graziösen Biegungen und einem schier endlosen Auf und Ab an bebauten Flächen einen einzigartigen Reiz verliehen.
    Edinburgh Castle, der Sitz der schottischen Herrscher, war hoch oben auf einem Felsen gelegen und blickte mit seinen majestätischen Bauten hoheitsvoll auf das Getümmel der vielen Menschen herab.
    Etwas unterhalb der herrschaftlichen Burg begann die Altstadt mit einem Gewirr aus zahlreichen Gassen, verwinkelten Höfen und schmalen, hohen Häusern, die zum großen Teil aus Stein erbaut waren und von denen manche sogar richtige Butzenscheiben in den Fenstern hatten. Handwerker lebten hier, Krämersleute, Händler und Bürger.
    In der Mitte der Gasse zog sich eine Rinne, in der sich der Abfall aus den umliegenden Häusern sammelte. Hühner liefen herum, auf der Suche nach ein paar Körnchen, herrenlose Hunden durchstreiften wie Wolfsrudel die Gassen, Katzen lagen träge auf den Haustürschwellen, Mägde lüfteten die Wohnungen, schüttelten Kissenund Decken aus und riefen sich über die Gassen hinweg Scherzworte zu.
    Ein Scherenschleifer bog mit seinem Karren in die Gasse und pries lauthals seine Dienste an, Handwerksburschen trugen Körbe und Kisten hin und her. Bürgerinnen schlenderten mit geflochtenen Weidenkörben am Arm in Richtung Marktplatz, um Zutaten für das Mittagessen zu kaufen.
    Bis zur Holyrood Abbey erstreckte sich dieses Viertel, doch am Fuß des Bergkamms, der sich vom Schloss bis hinunter zum Meer zog, entstand gerade die prachtvolle Royal Mile, in der die Adligen und Ratsherren ihr Zuhause hatten.
    Die Häuser waren bis zu drei Stockwerke hoch und sehr schmal gebaut, Blumenkästen zierten die Fassaden.
    Unsicher schlenderten Elizabeth und Zelda durch die Royal Mile auf der Suche nach dem Weg zum Hafen.
    Sie gelangten schließlich auf einen großen Platz, auf dem gerade Markt abgehalten wurde, doch sie hatten keine Zeit, die feilgebotenen Waren zu bewundern. Zelda lief schnellen Schrittes an den zahlreichen Ständen vorbei, ohne den bunten, fein gewebten Stoffen, den Kämmen aus Horn, den Haarbändern, Hauben, Tüchern und Lederwaren auch nur einen Blick zu gönnen.
    Elizabeth hastete hinter ihr her, doch sie konnte nicht anders und warf ab und an einen Blick auf die Auslagen. Als sie schließlich die Stände der Spezereienhändler erreichten, blieb sie sogar stehen und wollte mit einer alten Krämersfrau ein Fachgespräch beginnen. »Gibt es Alraune bei Euch zu kaufen? Wie steht es mit Mutterkorn? Habt Ihr Waidpflanzen da?«
    Die Krämersfrau winkte ab. »Was wollt Ihr noch mitWaidpflanzen, gute Frau? Um Stoffe blau einzufärben, gibt es jetzt Indigo. Die Händler aus Arabien haben diese Farbe mitgebracht. Sie ist billiger als Waid und leichter zu fertigen. Aber Alraune habe ich da. Wie viel möchtet Ihr? Mutterkorn gibt es nur noch in der Apotheke. Es ist äußerst giftig und wird von den Engelmacherinnen gekauft. Seid Ihr eine solche?«
    Elizabeth schüttelte den Kopf und lächelte die neugierige Krämersfrau freundlich an. »Wehmutter bin ich«, erklärte sie. »Und benutze ein winziges bisschen Mutterkorn, wenn das Kind so gar nicht kommen will.«
    Die Krämerin nickte und zeigte auf ihre Ware, doch Zelda, die bemerkt hatte, dass Elizabeth zurückgeblieben war, kam und zog die Wehmutter am Armel weiter.
    »Lass uns erst zum Hafen gehen und nach den Schiffen fragen. Wir werden sicherlich nachher noch genügend Zeit haben, um jeden Stand einzeln zu besuchen.«
    Elizabeth warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf einen Stand mit feinen Spitzen aus Brüssel, doch sie ließ sich von Zelda zur Eile antreiben.
    Wenig später hatten sie den Hafen erreicht.
    Elizabeth

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