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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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glaube, ich sehe sie«, sagte Werner.
    »Der Punkt dort? Vielleicht sind wir wirklich dort gewesen. Das muß die Grube sein.«
    »Und dort ist das Wrack der Andromeda«, sagte Werner. Er fing plötzlich an zu lachen.
    »Was ist so lustig?« wollte Yatagawa wissen.
    »Wir müssen über all das unsere Berichte schreiben«, sagte Werner. »Und ich muß die Zentrale Kontrollstelle davon unterrichten, daß die Rettung geglückt ist.«
    »Und wo liegt der Witz?«
    Werner sagte mit rotem Gesicht: »Offiziell habe ich Sie gerettet. Und, verdammt noch mal, ich werde einen Orden dafür bekommen!«

Streßstrukturen
    Der Brief war auf steifes, weißes, äußerst teures Papier geschrieben. Howard Wilson machte sich an dem Siegel des Umschlags zu schaffen, erbrach es und entfaltete den Bogen. Der Briefkopf war in starren Frakturlettern gedruckt und lautete: Institut für den Fortschritt der Menschheit, 130 West 42nd Street, New York City.
    Wilson war zunächst einmal verwirrt. Dann begann er jedoch zu grinsen. »Die haben vielleicht Nerven –«
    Seine Frau Sorine, die eben das Frühstücksgeschirr zum Spülautomaten brachte, fragte: »Von wem ist er, Liebling?«
    »Von diesen Idioten, die ich in meinem Artikel im Republic in der letzten Woche heruntergeputzt habe, vom Institut für den Fortschritt der Menschheit. Die sind über das, was ich gesagt habe, nicht glücklich. Hör dir das an:
    Mein lieber Professor Wilson,
    ich bin auf die Nummer der Republic vom 7. September 1982 aufmerksam gemacht worden, die Ihren Artikel über die Feinde des Gemeinwohls enthält. In diesem Artikel weisen Sie mehrfach auf unser Institut hin und nennen es ein Hindernis auf dem Weg des menschlichen Fortschritts. Wir meinen, daß das eine etwas entstellte Auffassung unseres Standpunkts ist. Ich ergreife gern die Gelegenheit, Sie zu einer Aussprache in unser Hauptquartier einzuladen, die vielleicht einige Ihrer Äußerungen klarstellen und ins rechte Licht rücken wird.
    Setzen Sie sich doch bitte mit mir in Verbindung, so bald Ihnen das möglich ist.
    Aufrichtigst Ihr
C. F. Brewster, Direktor für die
Ostküste, Institut für den
Fortschritt der Menschheit. «
    Wilson sah lachend auf. »Stell dir vor, man will mir etwas ins rechte Licht rücken.«
    Sorine fragte: »Was wirst du machen?«
    Wilson zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Es wäre vielleicht lustig, hinzugehen. Vielleicht gibt das Stoff für einen weiteren Artikel. Die Republic zahlt zwar nicht gerade gut, aber eine Menge Leute in Spitzenpositionen lesen die Zeitschrift –«
    »Was meinst du damit, nicht gerade gut?« wollte Sonne wissen. Sie lachte. »Für das Ding hast du hundertfünfzig Dollar bekommen.«
    »Sechs Entwürfe habe ich gemacht! Einen Monat bin ich dran gesessen!«
    »Macht nichts. Wir können nicht allein von dem Geld leben, das durch deine Studienbeihilfe hereinkommt. Du solltest diesen Brewster aufsuchen. Kann sein, du bekommst genügend Stoff für einen zweiten Artikel zusammen.«
    Er nickte. »Ich gehe hin. Es wird meine Ansichten ins rechte Licht rücken, wenn ich jemandem zuhöre, der so völlig falsch liegt. Sorine, stell dir vor, dieser Verein will die Einkommensteuer abschaffen, das Land aus den Vereinten Nationen nehmen, die Sozialversicherung beseitigen, die Gewerkschaften in den Ruin treiben – und die nennen sich Institut für den Fortschritt der Menschheit. Ihr Leitspruch ist vermutlich ›Mit Volldampf zurück ins neunzehnte Jahrhundert‹!«
    Er stand vom Tisch auf. Es war halb acht, Zeit, zur Arbeit zu gehen. Es handelte sich natürlich nicht wirklich um Arbeit, mehr um einen Studienausflug. Nur wußten das weder seine Vorgesetzten noch seine Arbeitskollegen.
    »Sehe ich unordentlich genug aus?« fragte er.
    Sorine lächelte. »Du siehst so abgerissen aus, daß man dich für echt hält«, antwortete sie. »Einen angenehmen Tag wünsche ich dir. Ich tippe heute deine Notizen zu den interfamiliären Beziehungen.«
    »Schön. Du wirst vielleicht Schwierigkeiten mit dem Zeug über Blutsverwandtschaft haben. Ich habe gestern nacht eine Menge Änderungen hineingekritzelt.«
    »Mach dir keine Sorgen. An dem Tag, an dem ich deine Handschrift nicht mehr lesen kann, darfst du dir eine neue Hilfskraft für die Forschung zulegen. Aber ich kratze ihr die Augen aus, wenn sie unter fünfundvierzig ist.«
    Sie streckte sich seinem Kuß entgegen. Wilson berührte flüchtig ihre Lippen. Wie immer war er für den glücklichen Zufall dankbar, der Sorine die gleiche

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