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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Jahren hätte sich Yatagawa sicher sofort entleibt. Harakiri war seit Jahrtausenden veraltet, doch Werner schien ernstlich daran denken zu wollen.
    »Wer hat schon einmal gehört, daß ein Raumschiff von Eis festgehalten wurde?« fragte Werner.
    »Es ist geschehen, Vroi. Vergiß es.«
    »Leicht gesagt, vergessen. Wir stecken hier fest. Wie kann ich es vergessen, wenn ich mich kaum aus meiner Kabine traue? Wie kann ich meiner eigenen Besatzung gegenübertreten?«
    »Die Jungs sind nicht sauer«, meinte Mariksboorg. »Es tut ihnen allen sehr leid, daß es passiert ist.«
    »Leid tut es ihnen!« Werner fuhr herum und richtete seinen Zeigefinger auf den Funktechniker. »Was ändert das? Es ist ernst, Diem. Wir sitzen in der Falle.«
    »Wir werden raus kommen«, sagte Mariksboorg beschwichtigend.
    »Wirklich? Hör mal, wenn wir nicht in acht Stunden draußen sind, erfrieren die zwölf Burschen da draußen. In ihrem Schiff ist keine Luft mehr, und auf diesem verfluchten Planeten ist sicher auch keine. Okay, dann sterben die also. Schade drum. Aber wer wird uns rausholen?«
    »Ach so«, sagte Mariksboorg leise.
    »Meiner Berechnung nach haben wir Vorräte für vier Tage. Als uns die Zentrale Kontrollstelle bat, die Rettung durchzuführen, sagte man uns, es würde eine Woche dauern, bis das nächste Schiff hier sein würde. Dabei ist die Zeit noch gar nicht mitgerechnet, die das andere Schiff brauchen würde, um uns zu finden, wenn es einmal hier ist.«
    Mariksboorg fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich glaube, wir machen uns so rasch wie möglich frei«, sagte er.
    »Ja, ja, besser noch schneller.«
    Von draußen hörte man knackend die Stimme von Kommandant Yatagawa. »Wir haben versucht, Sie auszugraben. Die Zeit reicht nicht.«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Werner. »Nichts wird rechtzeitig klappen«, fügte er unhörbar hinzu.
    »Wie?«
    »Nichts«, sagte Werner.
    Einen Augenblick herrschte Schweigen. Dann: »Hier ist Dorvain Helmot, der Erste Offizier der Andromeda.«
    »Hallo, Helmot.«
    »Unser Schiff ist noch in recht gutem Zustand«, sagte Helmot, »wenn man den Riß nicht mitrechnet, durch den die Luft entwichen ist. Glauben Sie, daß wir etwas von unserer Ausrüstung dazu verwenden können, Sie freizubekommen?«
    »Haben Sie einen hydraulischen Bohrer?«
    »Wir haben überhaupt kein Grabgerät«, erklärte Kommandant Yatagawa knapp.
    Werner sah einen Augenblick lang auf seine Fingerspitzen. Von oben spähten gespannte Gesichter auf ihn herab. Zwischen ihnen befand sich ein dünnes, aber widerstandsfähiges Fenster aus Kunststoff und ein dickes und ebenso widerstandsfähiges Fenster aus Eis.
    »Wie wäre es, wenn Sie Ihre Triebwerke einschalten?« meinte Talbridge. »Sie könnten sie mit schwacher Kraft laufen lassen, genug, um das Eis zu schmelzen, und Sie wären frei.«
    Werner lächelte. Es freute ihn, daß es auf dem Planeten einen größeren Narren als ihn gab. »Wenn wir die Triebwerke anlassen, ist das so, als feuert man eine Pistole ab, deren Mündung verstopft ist. Sie wissen, was passiert?«
    »Es würde den Lauf zerreißen, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Werner. »Nur sind wir in diesem Falle der Lauf. Außerdem«, fügte er hinzu und freute sich über die Gelegenheit, zeigen zu können, daß er nicht vollständig blöde war, »müßten wir eine Pumpe haben, um die Flüssigkeit abzusaugen, wenn das Eis schmilzt. Haben Sie irgendeine Pumpe?«
    »Eine kleine«, entgegnete Helmot. »Mit der könnte es gehen, obwohl ich es bezweifle.«
    »Könnten Sie nicht«, fuhr Talbridge unbeirrt fort, »das Innere des Schiffes erwärmen? Sie könnten Ihre Schutzanzüge anlegen und die Heizanlage ganz aufdrehen. Dann müßte sich die Schiffswand erwärmen und –«
    »Nein«, unterbrach ihn Werner. »Die Schiffswand würde sich nicht erwärmen.«
    »Einen Augenblick«, widersprach Kommandant Yatagawa. »Wieso nicht? Angenommen, Sie könnten die Triebwerke anlassen, würden die nicht wenigstens den Schwanz erwärmen?«
    »Nein. Wie gut kennen Sie sich mit Triebwerken aus?«
    »Nicht sehr gut«, gab Yatagawa zu. »Ich habe eigentlich nur mit Hyperantrieben zu tun.«
    »Die Schiffswand besteht aus polymerisiertem Kunststoff«, erklärte Werner. »Sie sorgt für fast vollkommenen Hitzeschutz, von innen wie von außen, sorgt dafür, daß wir nicht gebraten werden, wenn wir in eine Atmosphäre eintauchen, daß wir nicht erfrieren, wenn wir uns an einem Ort wie diesem hier befinden.«
    »Das heißt, daß sogar die

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