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Ufer von Morgen

Ufer von Morgen

Titel: Ufer von Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Der große, den wir im Schiff haben, geht nicht mehr. Der hier reicht jedoch. Der schafft im Handumdrehen zehn Millionen Volt. So viel werden wir natürlich nicht brauchen.«
    »Einen Augenblick mal, Yatagawa! Was haben Sie vor?«
    »Wir werden Ihre Außenhaut rösten. Ich denke mir, wenn wir in dem Draht genug Hitze erzeugen, wird sich Ihre Wand erwärmen und das Eis schmelzen.«
    »Was ist mit uns?« sagte Werner und schluckte. »Wir sind hier drin.«
    »Die Hitze wird nicht über tausend Grad hinausgehen. Ihre Außenwand verträgt das, und Sie werden gar nichts spüren, hoffe ich wenigstens. Haben Sie Schutzanzüge?«
    »Ja«, erwiderte Werner mit rauher Stimme.
    »Ich schlage vor, Sie legen sie an. Nur für den Fall.«
    »Klar, nur für den Fall.«
    »Ich warte auf Ihr Zeichen, bevor wir den Strom losschicken. Inzwischen –«
    Werner fiel plötzlich etwas ein, und er fragte: »Was wollen Sie mit dem geschmolzenen Eis machen? Es wird sofort wieder frieren, wenn der Strom nicht mehr fließt. Meine Außenhaut hält keine Wärme.«
    »Wir haben daran gedacht. Wir haben eine kleine Pumpe und ein paar Rohre ausgebaut. Wenn das Zeug flüssig wird, saugen wir es ab und schütten es den Abhang hinunter.«
    »Und was geschieht dann?«
    »Wir steigen in das Schiff und fliegen los«, entgegnete Yatagawa.
    »Wie? Sie werden keine Brücke vom Eis zum Schiff legen können, und unsere Luftschleuse ist ziemlich weit hinten am Rumpf.«
    Am anderen Ende war es einen Augenblick still. »Es muß einen Weg geben.«
    Werner runzelte nachdenklich die Stirn. »Wir sitzen doch jetzt auf gewachsenem Fels?«
    »Ja.«
    »Dann ist es ziemlich einfach, aber reichlich verrückt. Nehmen Sie ungefähr zehn Meter Eis weg, im Durchmesser meine ich, und dann stellen wir uns senkrecht auf den Fels unten. Wir heben wie üblich ab, kommen dann zurück und gehen auf eine enge Umlaufbahn, etwa zehn Meter über der Oberfläche, und lassen Ihnen Seile aus unserer Luftschleuse hinunter. Verrückt, jemand so in ein Raumschiff aufzunehmen, aber der Versuch lohnt sich. Wenn das nicht geht, werden wir Schwierigkeiten kriegen.«
    Kommandant Yatagawa stand neben dem bulligen Generator, lehnte sich liebevoll an ihn und starrte auf die glänzenden rotbraunen Drähte, die über dem Eis zur eingeschlossenen Calypso hinliefen.
    Die gelbe Sonne ging unter. Ihre schwachen Strahlen beleuchteten die graue Masse ihres nutzlosen Begleiters und Nachbarn, der tief über dem Horizont stand und einen großen Teil des Himmels verdeckte.
    »Wir sind soweit«, kam die gespannte, blecherne Stimme Werners.
    »Wir ebenfalls«, sagte Yatagawa.
    Er legte den Schalter um. Der Generator brummte und schickte Strom durch den Kupferdraht.
    Die Elektronen strömten, und elektrische Energie wurde in Wärme umgewandelt.
    Die Hitze breitete sich über die in höchstem Grade leitfähige Plastikhülle der Calypso aus. Die Haut der Calypso erwärmte sich.
    »Wie ist das Wetter da drinnen?« fragte Yatagawa.
    »Uns geht’s gut«, erwiderte Werner.
    »Freut mich zu hören. Die Temperatur Ihrer Wand ist jetzt wahrscheinlich schon weit über null Grad und wird weiter steigen.«
    Die heißen Drähte hatten schon dünne Streifen in das Eis zwischen Generator und Schiff geschmolzen. Dampf stieg auf.
    »Es fängt an zu schmelzen!« rief Helmot.
    »Schalt die Pumpe ein!«
    Die Pumpe, die sie im Laderaum der Andromeda gefunden und mit soviel Mühe über das Eis geschleppt hatten, sprang an. Sie ächzte unter der Belastung, arbeitete jedoch und saugte das Wasser von der warmen Außenhaut des Raumschiffes fort. Sie spülte es den Abhang hinunter, wo es sofort zu einem unglaublich geformten Eiszapfen erstarrte.
    »Es geht«, sagte Yatagawa halb zu sich selbst. »Es geht wirklich.«
    Als später die ganze Flüssigkeit abgesaugt war, als sich die Calypso stöhnend aufgerichtet hatte und seltsam nackt in der Grube stand, begann die Rettungsaktion.
    Noch später, als die Calypso unter großem Dröhnen der Triebwerke gestartet war, dabei noch ein wenig Eis geschmolzen hatte, als sie sich auf ihrer seltsamen Umlaufbahn dicht über der Oberfläche von Valdons Welt befand, und als die zwölf Überlebenden der Andromeda die Seile hinauf zur Luftschleuse der Calypso geklettert waren, standen sich die beiden Kapitäne gegenüber.
    Kommandant Yatagawa, der sein Schiff, und Kapitän Werner, der sein Gesicht verloren hatte.
    Sie spähten zusammen durch die Luke auf die rasch versinkende Helligkeit von Valdons Welt.
    »Ich

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