Ufos in Bad Finkenstein
Osterglocken. Der Ortskern war „verkehrsberuhigt“, wie das heute
heißt, und zum Teil in eine Fußgängerzone verwandelt. Am Ortsrand versteckten
sich prächtige Villen in üppigen Gärten. Private Parks steuerten
jahrhundertealte Bäume zur allgemeinen Schönheit bei. Auf den Tennisplätzen
spielte man sich mehr oder weniger gekonnt Bälle zu. In der Trinkhalle am Kurpark
nippten Gäste an ihren Gläsern mit der gesundheitsförderlichen Heilquelle. Vor
neuerbauten Hotels parkten Autos der oberen Preisklasse. Die weniger teuren
gehörten den Angestellten.
Strahlende Vormittagssonne
beschien alles um und in Finkenstein. Und am Ortseingang hing ein großes
Transparent (Plakat) mit der Aufschrift: Bad Finkenstein begrüßt
seine Gäste — ob von dieser Welt oder einem anderen Stern.
„Sehr freundlich!“ meinte
Klößchen, der jetzt arg verschwitzt war.
„Ich finde, die übertreiben“,
kritisierte Gaby. „Ernstnehmen kann das doch niemand.“
„Aber es zieht die Leute an“,
stellte Karl fest. „Der Betrieb ist enorm.“
Sie fuhren zum Gebäude der
Kurverwaltung. Tarzan ging hinein und kehrte mit einem Prospekt über Bad
Finkenstein zurück.
„Es gibt eine Apotheke, zwei
Drogerien und ein Reformhaus“, erklärte er, nachdem er im Informationsteil
gelesen hatte. „Wie passend! Da hat jeder von uns ein Ziel.“
„Aber wie stellen wir’s an?“
fragte Karl. „Wir brauchen doch einen Vorwand, um uns nach dem stinkigsten
aller Knoblauchfans zu erkundigen.“
„Am besten scheint mir“, Tarzan
hatte kurz überlegt, „wir bleiben dicht bei der Wahrheit. Jeder von uns sagt,
er wäre im Dunkeln mit jemandem zusammengestoßen, dessen Knoblauchfahne selbst
mit verstopfter Nase riechbar sei. Dabei habe der Betreffende ein wertvolles
Buch verloren, das wir ihm — da er nichts merkte und gleich verschwand — jetzt
zurückgeben wollen. Passiert, behaupten wir, wäre es hier im nächtlichen
Kurpark. Und da das Buch verpackt sei wie ein Geschenk, wollen wir es dem
unbekannten Knoblauchesser möglichst schnell überbringen und nicht erst beim
Fundamt abliefern. Denn vielleicht ist das Buch als Geburtstagsgabe für
jemanden gedacht, der heute oder morgen ein Jahr älter wird.“
„Ich finde die Idee gut und
übernehme die Apotheke“, rief Gaby.
„Ich das Reformhaus“, meldete
sich Klößchen. „Dort gibt’s auch Gesundheitsschokolade. In der Not muß ich mich
damit begnügen. Wie konnte ich Wahnsinniger meinen Proviant vergessen.“
„Ihr hättet sehen sollen, wie
er gefrühstückt hat“, sagte Tarzan. „Fünf Buttersemmeln und zwei Portionen
Kakao. Die nächste Schulgelderhöhung im Internat ist ihm zu verdanken.
Seinetwegen muß die Wirtschaftsleitung den Einkauf verdoppeln.“
„Und du nutzt die Turnhalle
ab“, entgegnete Klößchen, „und den Sportplatz. Das kostet weit mehr.“
„Vermeidet nur keinen Streit“,
lachte Gaby. „Da hinten sehe ich die erste Drogerie.“
„Das ist meine“, sagte Karl.
„Könnte sein, daß die andere versteckt liegt. Das ist dann was für Tarzans
Spürnase. Wo treffen wir uns anschließend?“
Tarzan deutete auf ein hübsches
Café schräg gegenüber. Es hieß schlicht: Café am Kurpark.
„Und zum Kongreß gehen wir
später“, sagte Tarzan.
Dann machte sich jeder auf die
Socken.
Klößchen fand das Reformhaus in
einer schlauchengen Seitenstraße. Hohe, alte Häuser — ehemals ehrwürdig, jetzt
nur noch verwohnt — sperrten die Sonnenstrahlen aus.
Vor dem Reformhaus stand eine
grüngestrichene Straßenlaterne, an der ein pinscherartiger Mischlingshund
gerade seine Duftmarke hinterließ. Autos durften hier nicht durch.
Klößchen lehnte sein Rad an die
Hauswand und betrat das Geschäft.
Ein schmaler hoher Raum führte
tief ins Haus hinein. Vor gefüllten Regalen stand eine Trittleiter, auf der
eine ältliche Verkäuferin balancierte. Sie hielt Tüten in der Hand, wandte
Klößchen den Rücken zu und drehte jetzt den Kopf über die Schulter.
Ihr Gesicht war rosig und glatt
wie frisch gekochter Himbeerpudding.
Sieht die aber gesund aus!
dachte Klößchen. Nur das weiße Haar verrät, daß sie kein Teenager ist.
Vielleicht hat’s doch was auf sich mit den gesunden Nahrungsmitteln.
Er grüßte. Die Verkäuferin
stieg von der Leiter.
„Was darf’s sein, junger Mann?“
Der junge Mann verlangte zwei
Tafeln Schokolade und freute sich diebisch, als er echte Sauerlich-Erzeugnisse
entdeckte — aus der Schokoladenfabrik seines Vaters. Ware, die
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