Uhrwerk Venedig (German Edition)
gebracht, um mich zu heilen. Ein schöner Arzt bist du mir, Bartolomeo Lippi.«
»Ich versichere Euch, es wird funktionieren. Jacopo hat mein vollstes Vertrauen.«
Lob aus dem Mund seines Freundes war keine Seltenheit, Bartolomeo liebte es, die Menschen in seiner Umgebung, mit schönen Worten für sich einzunehmen. Doch die Gegenwart des Dogen schien ihnen mehr Gewicht zu verleihen, und Jacopo spürte sowohl Verlegenheit als auch Furcht in sich aufsteigen. Was war, wenn es nicht funktionierte, wenn er irgendetwas nicht bedacht hatte, und seine Maschinen Leonardo Loredan eher schadeten als halfen? Mit einem Mal kam ihm der Versuch an dem Hund unzureichend vor. Wäre es nicht klüger gewesen, ein wenig länger zu warten, noch ein wenig mehr zu forschen? Nun jedoch war es zu spät.
»Dann zeig her, was das für ein Wunderwerk ist, von dem mein Leibarzt nun schon seit Tagen spricht.« Der Doge streckte eine zitternde Hand in Jacopos Richtung aus, und dieser legte vorsichtig das Tintenfass hinein, das er bisher an seine Brust gedrückt hatte. Leonardo Loredan hielt das gläserne Gefäß ins Licht, betrachtete aus zusammengekniffenen Augen die winzigen metallenen Wesen in seinem Inneren. Sie hatten tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Termiten, abgesehen von den diamantenen Scheren, in die ihr vorderstes Beinpaar endete.
Nach einer Weile gab der Doge Jacopo das Tintenfass zurück. Beinahe hätte er es fallenlassen, so schwach war sein Griff. Er ließ sich in die Kissen zurücksinken, und als er sprach, hatte auch seine Stimme an Stärke verloren. »Was werden diese Maschinen in meinem Körper tun?«
Ein hilfesuchender Blick in Bartolomeos Richtung brachte Jacopo nur ein ermunterndes Lächeln ein, und so räusperte sich er schließlich. »Sie ... ähm ... sie irren so lange umher, bis sie auf etwas stoßen, das ausreichend Widerstand bietet, also härter ist als die Innenwände Eures ... Magens. Dabei wird es sich ohne Zweifel um einen der Gallensteine handeln, den sie dann mit ihren Scheren zerkleinern.«
Vielleicht täuschte er sich, doch für einen Moment schien es ihm, als würde der Doge noch einmal blasser. Dann schien er sich jedoch zu fangen.
»Gut, gut.« Die Worte klangen wenig überzeugt. »Und wie gelangen die Maschinen danach wieder hinaus?«
Diesmal erbarmte sich Bartolomeo. »Auf dem natürlich Wege. Es besteht wirklich kein Grund zur Sorge. Ich habe noch nie erlebt, dass eine von Jacopos Maschinen anders als einwandfrei funktioniert hätte.«
»Ich weiß. Meine Schwester trägt eines seiner Wunderwerke als Schmuck.« Der Blick des Dogen bohrte sich in den Jacopos, der fiebrige Glanz war für einen Moment fast vollständig daraus verschwunden. Er schien ihn zu prüfen, abzuschätzen. Schließlich seufzte er.
»Nun gut. Da ich ohnehin sterbe, wenn ich diese Maschinen nicht schlucke, ist es wohl einen Versuch wert. Doch ich verpflichte euch beide zu absolutem Stillschweigen. Ihr wisst, dass es einige Angehörige des Klerus gibt, die in den Wundern der Technik ein Vergehen gegen Gott sehen. Ich möchte sie mir nicht noch mehr zum Feind machen, als ich das ohnehin schon getan habe.«
Jacopo brachte vor lauter Nervosität nur ein Nicken zustande, doch Bartolomeo fand wie immer die richtigen Worte.
»Ich versichere Euch, wir werden das Geheimnis eurer Heilung mit ins Grab nehmen.«
Kurz darauf nahmen die Vorbereitungen Jacopo so sehr in Anspruch, dass seine Gedanken bald wieder in den üblichen, klaren Bahnen liefen. Er musste jede einzelne der mechanischen Termiten mit einer Pinzette aufziehen, was eine ruhige Hand und viel Geduld erforderte. Bartolomeo hüllte die mechanischen Wesen in Stücke weichen Brotes, und eines nach dem anderen verschwanden fünf von ihnen zwischen den blassen Lippen des Dogen. Jacopo richtete ein kurzes, stummes Gebet gen Himmel.
»Das wird nun wahrscheinlich eine Weile dauern.« Bartolomeo legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. »Geh heim, du hast dir ein wenig Ruhe verdient. Ich benachrichtige dich, sobald sich abzeichnet, dass es funktioniert hat.«
Nickend drückte Jacopo das Gefäß mit den verbliebenen Termiten an sich. Er verbeugte sich noch einmal vor dem Dogen, dann verließ er den Raum. Erst auf dem Platz vor dem Palazzo blieb er wieder stehen, atmete einmal tief durch. Der Geruch des Meeres und der typische Gestank der Kanäle stieg ihm in die Nase.
Ruhe würde er erst finden, wenn er sicher sein konnte, dass er Leonardo Loredan nicht aus
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