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Uhrwerk Venedig (German Edition)

Uhrwerk Venedig (German Edition)

Titel: Uhrwerk Venedig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucas Edel , Emilia Dux , Susanne Wilhelm , Tom Wilhelm , Dirk Ganser , T. S. Orgel
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dafür bekannt, dass er Zahnräder herstellen konnte, die so klein waren, dass man sie mit dem bloßen Auge kaum sah. Worum Bartolomeo ihn jedoch bat, war etwas vollkommen anderes. »Etwas so Kleines haben ich noch nie gefertigt. Man müsste es außerdem so einrichten, dass es den Dogen nicht verletzt. Ich weiß nicht, ob es möglich ist.«
    Sein Freund stellte den Becher beiseite und faltete bittend die Hände. »Denk darüber nach, Jacopo. Ich bin mir sicher, Leonardo Loredan wird dich fürstlich entlohnen, falls du ihm helfen kannst.«
    Ein Lächeln zupfte an Jacopos Mundwinkeln. »Ich lebe recht gut von meiner Arbeit. Doch natürlich will ich dir helfen, so ich kann. Gib mir eine Nacht, vielleicht kommt mir eine Idee.«
 
    Bartolomeo war kaum gegangen, als Jacopo sich bereits wieder an seine Werkbank setzte. Er hatte noch weitere Vögel zu bauen. Diese kleinen Wesen sollten Teil eines Miniaturgartens werden, den ein Adliger seiner Frau zum Geschenk machen wollte. Doch anstatt zu arbeiten, starrte er hinaus durch das Fenster auf den Kanal, ohne das strömende Wasser und die fleckige Hauswand auf der anderen Seite tatsächlich zu sehen. Der schwarze Rumpf einer Gondel glitt beinahe lautlos vorüber, eines der wenigen Fahrzeuge in der Stadt, die noch nicht von Zahnrädern angetrieben wurden. Sein Blick folgte dem Gefährt, während seine Gedanken andere Richtungen einschlugen.
    Er sollte etwas fertigen, das so klein war, dass ein Mensch es schlucken konnte. Das Steine zerteilen konnte, dessen ungefähre Größe sein Freund mit der eines Wachteleis verglichen hatte. Wie sollte das möglich sein? Bartolomeo erwartete ein Wunder von ihm!
    Jacopo erhob sich von seinem Schemel und ging unruhig in der Werkstatt auf und ab. Von den Regalen starrten ihn winzige Figuren an, Menschen, Tiere, selbst Bäume hatte er geschaffen, deren Äste sich wie in einer sommerlichen Brise wiegten.
    Mit der Hand strich Jacopo die Regelbretter entlang, betrachtete mal dieses, mal jenes seiner Werke, bis seine Finger plötzlich über ein Loch im Holz glitten. Er stutze. Hatte der vergangene Sommer ihm schon wieder Termiten beschert?
    Während er noch über die ausgefressene Stelle im Holz tastete, schweiften seine Gedanken ab. Wer sagte, dass er nur eine Maschine bauen musste? Termiten waren klein, eine einzelne von ihnen konnte kaum etwas ausrichten. Doch im Schwarm waren sie in der Lage, ganze Balken in kürzester Zeit zu zerstören.
    Mit schnellen Schritten eilte Jacopo an seine Werkbank zurück.
 
    Noch nie hatte jemand so kleine Zahnräder geschliffen. Jacopo musste neue Arten von Werkzeug improvisieren, er klebte Diamantsplitter, die zu Blättern eines Baumes hätten werden sollen, an dünne Stäbe, um mit ihnen Rillen ins Metal zu ritzen. Er suchte alle Linsen zusammen, die er besaß, und spannte sie übereinander in das Gestell, in dem er sonst immer nur eine davon befestigte. Geduldig richtete er sie aus, bis darunter die Kuppen seiner Finger wirkten wie zerklüftete Felslandschaften.
    Den ganzen Nachmittag hindurch arbeitete er, merkte erst, dass die Nacht hereinbrach, als er die kleinen Teile im Zwielicht nicht mehr richtig erkennen konnte. Doch auch dann stand er nur auf, um mehrere Lampen zu holen. In ihrem gelben, flackernden Schein arbeitete er weiter.
    Jacopos Magen knurrte, doch er verspürte keinen Hunger, sein Nacken verkrampfte sich, doch den Schmerz nahm er nur am Rande wahr. Es ging schon längst nicht mehr um den Dogen oder Bartolomeos Bitte. Es ging darum, dass er etwas schaffen konnte, das noch nie zuvor ein Mensch geschaffen hatte. Er wollte wissen, ob es ihm tatsächlich gelingen würde, wollte wissen, wie klein er seine Maschinen bauen konnte.
    Neugier und Arbeitswut hatten Jacopo wie ein Fieber gepackt und hielten ihn fest im Griff.
    ***
    Ein Geldbeutel und ein Messer. Bartolomeo starrte auf die beiden Dinge hinab, als wären sie persönlich für die Wahl verantwortlich, vor die er soeben gestellt worden war. Noch nie hatte er sich beim Anblick eines kleinen Vermögens so unwohl gefühlt. Noch nie hätte er ein Angebot so gerne zurückgewiesen. Doch das Licht der Kerze spielte über die Schneide des Messers. Es steckte tief im Holz der Tischplatte, und Bartolomeo betrachtete voller Unbehagen den Riss, den es auf dem Weg dorthin im Ärmel seines Hemdes hinterlassen hatte. Der gesichtslose Mann hatte sich erschreckend schnell bewegt.
    Der Geldbeutel und das Messer. Versprechen und Drohung. Es war seine

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