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Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)

Titel: Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Raack
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Zuckerbrot, das hatte sich bei mir schon immer bewährt. Glaubte Jupp, er müsse mich nach allzu erfolgreichen Wochen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen, setzte es eben nach einem guten Spiel harsche Einzelkritik. Ich konnte das damals natürlich nicht verstehen, ich fand es sogar ganz und gar ungerecht. Aber die Wirkung verfehlten solche Maßnahmen nie: Am nächsten Tag schuftete ich im Training wie ein Irrer, um es meinem Trainer zu zeigen. Ähnlich regulierend wirkte sich mein fehlendes Talent auf die tägliche Arbeit als Fußballer aus. Glaubte der Abwehrspieler Borowka tatsächlich einmal, er müsse den Gegner mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei beeindrucken, wurde er schnell eines Besseren belehrt. Nach dramatischen Fehlversuchen in Sachen Übersteiger besann ich mich sehr bald wieder auf meine eigentlichen, etwas weniger spektakulären Fähigkeiten.
    Wieder waren es die Spiele im Europapokal, die mir (und sicherlich auch den meisten Fans) aus dieser Saison in Erinnerung blieben. Nichts gegen den Alltag in der Bundesliga, aber die Partien gegen internationale Gegner sind nun einmal etwas ganz Besonderes. In der ersten Runde trafen wir auf Partizan Belgrad, einen Gegner, den wir nicht kannten, dessen Fans wir allerdings nie wieder vergessen sollten. Ich hatte schon einiges erlebt, doch der blanke Hass, den uns 50000 vollkommen entrückte Zuschauer im Partizan-Stadion von Belgrad entgegenbrachten, war etwas völlig anderes. Schon in der Kabine hörten wir das Grollen, Brüllen und Kreischen von den Tribünen, selbst das Personal im Mannschaftshotel hatte uns zuvor unmissverständlich zu verstehen gegeben, ihr Land doch bitte so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Den Weg von der Kabine auf den Rasen werde ich nie vergessen. Eine extreme Lautstärke, ausgelöst von Menschenmassen, die jeden Moment über die Fangzäune zu klettern drohten. Infernalisches Geschrei bei jedem Ballkontakt. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir in diesem Spiel Angst hatten, wieder gesund nach Hause zu kommen. Stundenlang blieben wir nach dem 3:1-Sieg in der Kabine sitzen, bis sich der Zorn der Massen etwas abgekühlt hatte.
    Nicht ganz so extrem, aber doch unerfreulich wurde es in der nächsten Runde beim Auswärtsspiel gegen Feyenoord Rotterdam. Während der Abfahrt aus dem Stadion blieben wir vorsichtshalber in der Waagerechten, weil wütende Holländer unseren Bus mit faustgroßen Steinen bombardierten.
    Und dann: die Glasgow Rangers. Europapokal, auswärts in Schottland! Ich freute mich wie ein kleines Kind auf das Spiel im Ibrox Park. Diese Atmosphäre, diese Art Fußball zu spielen, fand ich einfach nur großartig. Zumal die Rangers damals zwei absolute Vorzeigeabräumer in der Innenverteidigung zu bieten hatten: Terry »den Schlachter« Butcher und Gus McPherson. Zwei Hünen, die auf so beherzte Art und Weise unsere Stürmer aus ihrem Strafraum traten, dass ich beinahe applaudiert hätte. Ich nahm mir sogar noch ein ganz besonderes Souvenir mit nach Deutschland: Zehn Minuten vor dem Schlusspfiff segelte ich nach einem Vollkontakt mit den schottischen Brechern wieder einmal durch unseren Fünf-Meter-Raum und landete vor meinem Torwart Uwe Kamps, der sich gerade Richtung Ball stürzte und mir dabei mit seinen langen Alustollen auf die Hand trat. Ein schneller Schmerz durchzuckte meinen Körper, eine tiefe Fleischwunde zierte meinen Handrücken. Blut, Schmerz und Schottland: Herzlich willkommen im Europapokal! Ich blutete wie ein angeschossener Büffel, trabte zur Seitenlinie und hielt unserem Mannschaftsarzt meine tropfende Hand hin. Der Doktor verband die Wunde und schickte mich wieder auf den Rasen. Vor lauter Fußball hatte ich meine Verletzung allerdings schnell vergessen, erst des Doktors blitzendes Operationsbesteck in der Umkleidekabine machte mich darauf aufmerksam, dass mir nun noch etwas Besonderes bevorstand: Ohne Betäubung, das Adrenalin in meinen Adern kühl berechnend, flickte mir Dr. Gerhards, der Meister mit Nadel und Faden, die Wunde wieder zusammen. Eine feine, beinahe unsichtbare Narbe ist mir als Erinnerung an mein Zusammentreffen mit dem »Schlachter« und seinen schottischen Freunden geblieben.
    Durch ein Tor von Uwe Rahn hatten wir uns mit einem 1:1 aus Schottland verabschiedet, zwei Wochen später, am 10. Dezember 1986 trafen wir am Bökelberg erneut auf die Rangers. Was für ein Spiel. Nach einer halben Stunde des Abtastens warfen die Schotten alles nach vorne, was zwei Beine

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