Uli Borowka - Volle Pulle: Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker (German Edition)
zum Laufen hatte. Butcher und McPherson schmissen sich bei eigenen Eckbällen so kompromisslos in unseren Strafraum, dass es eine wahre Freude war. Irgendwie überstanden wir auch die letzten Minuten ohne Gegentor und hatten es tatsächlich geschafft. Das 0:0 reichte, Borussia Mönchengladbach stand im Viertelfinale des UEFA-Cups 1986/87!
Deutlich entspannter verlief es anschließend im Viertelfinale gegen die Portugiesen von Vitoria Guimaraes. Zu Hause entschieden wir das Hinspiel mit 3:0 für uns (auch dank eines Eigentores von Vitorias Heitor), im Rückspiel reichte dann ein 2:2-Unentschieden (erneut dank eines Eigentores von Heitor).
Muss ich den Leser nach diesen glorreichen Heldentaten an unsere Halbfinalspiele gegen Dundee United erinnern? An den Rotschopf Gordon Strachan, der gemeinsam mit seinen schlauen Iren ein 0:0 im Hinspiel erkämpfte? An unsere 0:2-Niederlage im Rückspiel vor heimischen Publikum? An die Dummheiten einer Mannschaft, die sich schon vor dem Spiel mehr mit dem Finale als mit dem Halbfinalgegner beschäftigt hatte? An den indirekten Freistoß 15 Meter vor dem Tor, den ich an den Pfosten knallte? An die finsteren Stunden nach dem Ausscheiden, als wir uns vor lauter Enttäuschung nicht einmal zum traditionellen Frustsaufen trafen, sondern mit hängenden Köpfen nach Hause zu unseren Frauen schlichen? Eher nicht.
Parallel zu diesen mehr oder weniger dramatischen Ereignissen spielte sich im Hintergrund der Saison 1986/87 noch ein ganz anderer Film ab. Es ging um meine sportliche Zukunft bei Borussia Mönchengladbach. In all den Jahren bei der Borussia hatte ich nie einen Gedanken an einen möglichen Wechsel verschwendet, dafür war ich dem Club und seinen Fans viel zu sehr verbunden. Doch mein Vertrag lief zum Ende dieser Spielzeit aus, und spätestens in der Winterpause hatte ich eigentlich mit Vertragsgesprächen gerechnet. Die Rückrunde hatte längst begonnen und noch immer schwieg die Vereinsführung um Manager Helmut Grashoff. Wollte man mich hinhalten? Waren das finanztaktische Spielchen, die ich nicht verstand? Was ich wusste, war: Mit meinem Gehalt gehörte ich zum unteren Drittel in unserer Mannschaft. Die Top-Verdiener erhielten nicht nur dreimal so viel Monatsgehalt wie ich, sie strichen im Erfolgsfall auch eine Jahresleistungsprämie von sagenhaften 600000 DM ein. Summen, von denen ich nur träumen konnte. Natürlich wollte ich nun, nach sieben Jahren bei der Borussia, ebenfalls deutlich mehr Geld verdienen, als ich bislang auf mein Konto überwiesen bekam. Endlich besann sich Grashoff seines Jobprofils und lud mich zu einem ersten Vertragsgespräch ein. »Uli«, sagte der Manager, wie immer mit seiner Piep, seiner Pfeife im Mundwinkel, »wir können dir zehn Prozent mehr Gehalt anbieten.« Ein indiskutables Angebot, das wusste ich und das musste auch Grashoff wissen. »Herr Grashoff«, antwortete ich, tief eingesunken in den Stuhl, der stets so postiert war, dass man gezwungenermaßen zum Manager aufschaute, »das ist zu wenig. Ich bin seit sieben Jahren im Verein, mache regelmäßig mehr als 30 Pflichtspiele pro Saison und bin als Führungsspieler beim Trainer gesetzt.« Seine Antwort: »Das interessiert mich nicht!« Und überhaupt: »Dich kauft doch sowieso kein anderer Verein.« Das Gespräch war relativ schnell beendet.
Ich war auf Grashoff damals nicht sauer. Schließlich war es sein Job, mit dem Geld der Borussia zu haushalten. Alles Taktik, vermutete ich und suchte das Gespräch mit Jupp Heynckes. »Uli«, sagte Jupp, »du bist in Mönchengladbach genau beim richtigen Verein. Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen.« Und genau das wollte ich auch: Bei der Borussia bleiben. Wie hatte es der Manager gesagt: Wer sollte mich denn schon kaufen? Aufgrund einer damals noch existierenden und recht komplizierten Koeffizienten-Regelung hätten die Spitzenvereine der Bundesliga mindestens eine halbe Million DM auf den Tisch legen müssen, um mich aus Mönchengladbach loszueisen. Damit war ich 1987 einer der nominell teuersten Defensivspieler der Bundesliga.
Dass ich ganz offensichtlich auch einer der begehrtesten Verteidiger war, sollte ich spätestens vor dem Auswärtsspiel am 21. Februar 1987 beim Hamburger SV erfahren. Wenige Tage zuvor hatte ich einen Anruf vom damaligen HSV-Manager Felix Magath erhalten. Magath machte mir unzweideutig klar: Die Hamburger wollten mich haben! Am Abend nach dem Spiel traf ich mich mit Magath im Hotel »Elysee« zu einem ersten
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