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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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Indiaca und Volleyball und Schnitzeljagd und was weiß ich was. Und beim Evangelischen Jugendwerk waren meine ganzen Kumpels aus der Straßenfußballmannschaft. Da bin ich dann auch mit. Ich habe am Oster-gottesdienst teilgenommen und an allem Möglichen. Die standen mir politisch näher. Die waren etwas grün angehaucht – mit ihnen bin ich nach Österreich und in die Schweiz zum Wandern. Da wäre ich sonst nie hingekommen! Ich bin eigentlich ständig mit Christen aufgewachsen – und habe so auch innerhalb des Christentums diese Bandbreite kennengelernt. Die Pietisten vom Brüderverein und die vom Jugendwerk waren zum Teil natürlich auch überkreuz.
    Es gibt nicht
das
Christentum und es gibt nicht
den
Islam?
    Ich habe auch gelernt, dass man sich mit Leuten gut verstehen und trotzdem in vielen Fragen uneinig sein kann. Das ist für meine Arbeit heute sehr hilfreich.
    Gab es in Ihrer Kindheit eine Situation, in der Sie nicht mehr wussten: Bin ich Türke oder Deutscher? Oder Schwabe?
    Es gab einige Klassiker der Missverständnisse! Bei uns daheim war es so: Wenn Leute zu Besuch kamen, machte man ganz viel Licht an. Bei meinen deutschen Freunden war es so, dass man es sich eher gemütlich machte. Und für Schwaben ist es halt kuschlig, wenn’s dunkel ist mit Kerzen.
    Stromsparen!
    Bei meinen schwäbischen Schulfreunden war der Fernseher immer ausgeschaltet. Klar: Es war ja Besuch da. Bei uns machte man den Fernseher an. Freitag: »Männer ohne Nerven«. Viele meiner Freunde durften nicht fernsehschauen. Also war freitagabends Familie Özdemir der Treffpunkt der gesamten Straße. Alle waren sie bei uns. Und meine Mutter dachte immer: Die sind zu arm, die können sich keinen Fernseher leisten. Sie hat mir immer gesagt: »Bring deine armen deutschen Freunde zu uns, dass wir uns ein bisschen um sie kümmern können!« Das hat sie wirklich geglaubt! Besuch ist heilig. Das Gastrecht ist das Heiligste, was es gibt. Diese Missverständnisse gab es zuhauf.
    Schwaben und Türken ticken anders?
    Meine Freunde hatten zu Hause wenig Schokolade bekommen – weil man sich gesund ernährt hat im Bildungsbürgertum. Bei uns war es so: Einem Kind gibt man Süßigkeiten und Pistazien – die kannten meine deutschen Freunde gar nicht. Wieder: Meine Mutter dachte, die sind so arm, die können sich kein Knabberzeug leisten. Also hat sich meine Mutter gekümmert, um diese armen, benachteiligten Kinder …
    Die Umkehr der Verhältnisse.
(Beide lachen.)
    Eben. Im Nachhinein betrachtet schepps. 15
    Schepps – das ist ja sauschwäbisch!
    Schepps war auch Weihnachten – das habe ich mit meinen Kumpels später als Erwachsener auch besprochen. In christlichen Familien heißt es ja dann: »Macht hoch die Tür. Das Tor macht weit!« Von wegen machet hoch die Tür! Im Gegenteil! Machet zu die Tür! Und verrammelt sie dick! Bei uns bedeutete ein Festtag: Man lädt alle ein. Bei meinen Kumpels hieß Festtag: Man bleibt unter sich.
    Schwäbische Sitten?
    Ich komme ja aus einem Elternhaus, wo man sich freut, wenn Leute vorbeikommen.
    Schwaben dagegen sind gerne allein.
    Zumindest früher kam man nicht so einfach mal spontan vorbei.
    Da bleibt man lieber daheim.
    Da meldet man sich gefälligst vorher an. Und an den Feiertagen will man mit der engen Familie zusammen sein. Bei uns galt an Feiertagen: Man macht einen regelrechten Besuchsmarathon. Man kommt spontan vorbei und bringt noch fünf Freunde mit und die bringen nochmal zwei Leute mit.
    Der Schwabe ist eher Einzelgänger.
    An Weihnachten waren alle meine Freunde zu Hause. Und was sollte ich an Weihnachten machen? Meine Mutter, die wirklich eine sehr weltoffene Frau ist, hat dann auch einen Weihnachtsbaum aufgestellt – nur für mich! Damit ich das Gefühl hatte, nicht ausgegrenzt zu sein. Und sie hat mir Geschenke gegeben! Aber Weihnachtslieder konnten wir keine singen. Muslimische Weihnachtslieder gibt es halt keine.
    Sie haben gar nicht gesungen?
    Da machst du dich ja lächerlich, wenn du da mit deinen muslimischen Eltern unterm Weihnachtsbaum sitzt – und keiner weiß, was man jetzt genau machen soll. Gibt’s da Geheimzeremonien? Ich habe immer darauf gewartet, dass mich mal jemand zu sich nach Hause einlädt. Dass mir mal einer zeigt, wie Weihnachten gefeiert wird.
    Ist aber nie passiert?
    Jahre später. Ein Freund hat mich mal zu Weihnachten eingeladen. Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten und habe ihm das angedeutet. Das war ein guter Kumpel. Er hat das seinen Eltern gesagt. Und

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