Ultimo
Oberschenkeln und am Gesäß. Im Grunde ziemlich eindeutige Indikatoren. Wollen Sie mir vielleicht etwas anvertrauen?“
„Was denn?“
„Können Sie sich das nicht vorstellen?“
„Ich will mir gar nichts vorstellen, ich will etwas ganz anderes. Wie lange lassen sich Spuren von Betäubungsmitteln im Blut eines Menschen feststellen?“
„Drei Tage lang. Die Analyse von Blutproben und Harnproben dauert dann ein bis zwei Wochen.“
„Machen wir die Tests.“
„Sie sollten einen Psychologen aufsuchen“, schlägt der Mediziner vor.
„Auf gar keinen Fall.“
„Sie sind immer noch sehr konfus.“
„Unsinn.“
„Und Sie sind sicher, dass Sie mit der Sache zurande kommen?“
„Was ist schon sicher?“, murmelt die Polizeibeamtin müde und senkt den Blick. „Jedenfalls erinnere ich Sie an Ihre ärztliche Schweigepflicht. Ich möchte den Befund so schnell wie möglich. Alles andere ist dann meine Sache.“
***
Donnerstag, 27. Oktober. An diesem Morgen scheint plötzlich wieder die Sonne, und es ist unnatürlich warm.
„Was hast du denn?“, fragt Zoff gereizt, steckt eine Tablette in den Mund, schließt die Augen, schluckt und spült mit einem Glas Wasser nach. „Warum bist du so mies gelaunt?“
„Bin ich nicht“, leugnet Nina geistesabwesend, hält sich den Kopf, trinkt ihren Kaffee aus, erhebt sich und stellt die Tasse in den Spüler. „Du bist gestern Abend überraschend nach Hause gekommen und hast heute Geburtstag. Jetzt mache ich mir eben Gedanken, das ist alles.“
„Gedanken? Worüber?“
„Über allerhand. Was wünschst du dir eigentlich?“
„Gar nichts“, schnarrt Zoff verdrossen, verdrückt den Rest seines Toasts und lässt es zu, dass seine Tochter ihn sanft an der Wange streichelt. „Ist schon gut“, murmelt er dabei und blickt sie traurig an. „Ist ja schon gut.“
„Heute seid ihrja wieder einmal ein Herz und eine Seele“, seufzt Nina genervt. „Jetzt, weil es gegen mich geht. Aber egal. Irgendwie bin ich ja ganz froh, dass ihr euch so gut versteht.“
„Das tun wir. Aber was hast du denn schon wieder gegen mich?“
„Ich? Gegen dich? Gar nichts.“
„Aber natürlich.“
„Du bist so fordernd, wenn du zu Hause bist.“
„Und das magst du nicht.“
„Du hast es erfasst“, erwidert sie nervös, bückt sich nach ihrer Aktentasche, nimmt sie hoch und geht zur Tür. „Ich bin auf dem Weg zum Bürgermeister. Wir diskutieren über unsere Lernmesse im Jänner.“
„Lernmesse? Was wird das denn?“
„Eine Riesenveranstaltung. Alle Serviceorganisationen der Stadt stellen sich vor. Auch wir vom schulpsychologischen Dienst.“
„Und du glaubst, die Leute interessiert so etwas?“
„Selbstverständlich“, antwortet Nina empört. „Wir werden uns ganz toll präsentieren. Da wirst du staunen. Aber jetzt muss ich los. Alles Gute zum Geburtstag.“ Sie versucht, ihn auf die Wange zu küssen, aber er dreht den Kopf zur Seite. Einen Wimpernschlag später ist sie auch schon weg.
„Manchmal verstehe ich sie nicht“, seufzt Julia. „Kaum sieht es mit eurer Ehe einmal gut aus, benimmt sie sich wieder so verdammt merkwürdig.“
„Ja. Aber lassen wir das“, wehrt Zoff ab. „Wieso lässt du dir heute denn gar so lange Zeit? Hast du keine Schule?“
„Doch. Leider. Aber Tom fährt mich mit dem Auto hin. Ist doch geil, oder?“
„Toll. Ja. Aber jetzt muss ich auch ganz schnell weg, Kleines“, brummt Zoff, räumt den Rest des Geschirrs weg und gibt seiner Tochter einen Kuss. „Schließlich will ich gerade heute nicht zu spät kommen.“
„Freilich“, grinst Julia. „Irgendwie bist du ja jetzt wieder der Neuling in deinem Landeskriminalamt, oder? Gibst du eine Einstandsparty? Nein? Na ja, jedenfalls guten Start. Und alles Gute zu deinem Ehrentag. Das Geschenk von mir gibt es heute Abend.“
„Ein Geschenk? Was denn?“
„Verrate ich nicht.“
„Sterbe ich eben inzwischen vor Neugierde, du hartherziges Kind“, lamentiert Zoff scherzhaft, stellt den Gürtel an seinen Bluejeans enger, schlüpft in das Sakko aus grauem Cord und macht, dass er weg kommt.
***
Kurz nach acht.
In Sankt Pölten gibt der Abgeordnete Spitzer dem Fernsehen ein Interview und kündigt eine Klage vorm Verfassungsgerichtshof an. Er wird es nicht kampflos hinnehmen, dass Mandatare, die vom Volk als Liberale gewählt wurden, nun als Unabhängige Demokraten in Nationalrat und Regierung sitzen. Führende Verfassungsexperten räumen dem Unterfangen zwar keine besonders hohen
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