Ultimo
„Aber den Erfolg fahre ich ein, mein Lieber. Ich allein. Die Täterin zu fassen, wird nicht allzu schwierig sein, und ich brauche diesen Triumph. So notwendig wie einen Bissen Brot.“
Wortlos schüttelt ihm Zoff die Hand und geht.
Pimmingers Blicke folgen ihm, bis er außer Sichtweitegerät. Dannzieht sich der Major einen Schutzanzug aus Kunststoff über seine Kleider und betritt die Mensa.
Es dauert eine Weile, bis sich Zoff durch die Menschenmenge gekämpft hat.
Am Domplatz ruft er den Journaldienst der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit an, schildert dem Kollegen die Zusammenhänge der Morde an Freiher und Rieder, und ersucht um Entscheidung, wer die Ermittlungsleitung im Mordfall Rieder übernimmt. Der Jurist hört ihm aufmerksam zu und stellt ihm eine rasche Entscheidung in Aussicht.
An der Hotelrezeptionwartet ein Päckchen auf ihn.Es enthält Marlenes Visitenkarte und eine CD. West Side Story von Leonard Bernstein.
Rasch geht er aufs Zimmer,öffnet die Hülle, nimmt die silbern glänzende Scheibe aus ihrem Behältnis, hält sie ins Licht und legt sie wieder zurück. Immer noch bekommt er weiche Knie, wenn er an Marlene denkt. Aber Scheidung? Dasbringt er nicht übers Herz. „Es wäre nicht gerecht“, brummt er. „Wirklich nicht.“ Auf einmal stutzt er. „Gerechtigkeit. Das ist es doch. Eine Gerechtigkeitsfanatikerin. Wer sagte das? Der Direktor des Gymnasiums in Sankt Johann. Karl-Heinz Sudek und die Brandanschläge. Sudek.“ Aufgeregt holt Zoff sein Mobiltelefon aus der Tasche und ruftPolli an.
„Sag einmal, ist deine Uhr im Eimer? Es ist 23 Uhr“, beschwert sich Zoffs Stellvertreter. „Oder hast du Rieders Mörder schon dingfest gemacht und willst damit prahlen?“
„Unsinn. Ich brauche Informationen zu Karl-Heinz Sudek. Der Mann hat Dreck am Stecken. Irgendeine alte Sache. Versuche herauszufinden, worum es sich da handelt.“
„Wie weit zurück soll ich gehen?“
„15Jahre. Das müsste reichen. Entschuldige bitte den späten Anruf. Schlaf gut. Und grüß Anna von mir.“
***
Am Mittwochmorgen scheint auf einmal wieder die Sonne, das Licht strömt ungehemmt durch das hohe, blankgeputzte Fenster und umschmeicheltdas Gesicht des Innenministers.
„Jetzt ist das Kapitel Hannes Rieder also endgültig abgeschlossen“, konstatiert der oberste Verteidiger von Österreichs öffentlicher Ruhe, Ordnung und Sicherheit zufrieden.„Und er starb mit einer Erektion, der Gute. Wie lustig. Und wie passend.“Amüsiert kämmter sein Haar nach hinten, steckt den Kamm ins Sakko, marschiert leise pfeifend zum Schreibtisch und nimmt den Telefonhörer zur Hand. „Pechstein! Her zu mir. Auf der Stelle.“ Keine Minute später steht der Kanzleileiter auch schon auf demroten Teppich.
„Sie haben gerufen“, stammelt er nervös.
„Tatsächlich. Das habe ich. Eine Tragödie, Pechstein. Ein schwarzer Tag. Ein großer Politiker ist tot. Gemordet. Ich bin fassungslos. In welcher Welt leben wir denn, mein Lieber? Wenn ich so nachdenke, was ich mit dem Kerl so alles erlebt habe, muss ich sagen: Ich hatte ihn ganz gern. Wirklich. Verfassen Sie ein Kondolenzschreiben an die Witwe, Pechstein. Und schicken Sie Blumen.“
„Sehr wohl. Ministerialrat Hauck hat angerufen. Er will die Leitung der Morderhebungen im Fall Rieder übernehmen.“
„Dagegen ist nichts einzuwenden. Er soll aber diesen Zoff mitarbeiten lassen. Unbedingt.“
„Und wenn unser neuer Geheimdienst bei dem Mord die Hände im Spiel hat?“
„Eben deshalb. Sollte sich unser lieber Freund Berg mit seiner Wursteltruppe an Rieder vergriffen haben, reißt ihm mein steirischer Rambo den Arsch auf, und wenn er das zustande bringt, befördere ich ihn zum Oberst. Mindestens, Pechstein. Mindestens.“
„Die notwendigen Weisungen gehen sofort hinaus“, versichert der Sekretär eifrig und eilt aus dem Zimmer.
Mit einem sanften Lächeln kehrt der Minister wieder ans Fenster zurück und blinzelt in die Sonne.
Was für ein wunderbarer Tag.
Heute läuft wieder einmal alles wie geschmiert.
***
In Salzburg sitzt Zoff gerade beim Frühstück, als ihn der Anruf des BKA erreicht. Der Direktor persönlich spricht. Ab sofort sei Zoffin Salzburg in seinem Namen tätig und damit allen anderen Polizeiorganisationen gegenüber weisungsberechtigt. Die diesbezüglichen Befehle seien bereits schriftlich ergangen. Das Landeskriminalamt Salzburg wisse Bescheid und habe ihn voll und ganz zu unterstützen. Zoff stünde es auch frei, Kriminalbeamte
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