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Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Titel: Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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zurückgezogen hatte und dann derart angestiegen war.
    Er blätterte das Büchlein rasch durch und legte dabei eine Hand eher zufällig auf das Bild eines Mädchens, das einen Schlüssel in der Hand hielt. Ein Mädchen, das ihn einen Augenblick lang an Sophia erinnerte.
    »Bist du es?«, fragte ihn eine Stimme in seinem Kopf.
    Reflexartig zog Kapitän Spencer seine Hand weg. Das Schiff stampfte und rollte und oben überspülten große Wellen das Deck, doch er blieb in perfektem Gleichgewicht stehen.
    Er legte seine Hand wieder auf die Zeichnung und fragte leise: »Sophia?«
    Hinten auf dem Rücksitz des Autos der Gebrüder Schere fühlte sich Anita, als setze ihr Herz einen Schlag lang aus. Sie nahm kurz die Hand vom Porträt des Kapitäns, sah auf und sagte zu den anderen: »Er glaubt, dass ich … Sophia bin!«
    Pirès beugte sich über die Illustration.
    »Im Grunde ist es das, was er sich erträumt.«
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Lass es ihn glauben.«
    »Papa?«, sagte das Bild des Mädchens in dem Buch.
    »Sophia? Du kannst es doch gar nicht sein.« Innerhalb weniger Sekunden wechselten sich auf Spencers Gesicht der Ausdruck des Zweifels und der der Gewissheit ab, die wieder vom Zweifel verdrängt wurde.
    »Ich bin es, deine Tochter.«
    »Aber … Wo bist du? Wie kann es sein, dass du noch lebst?«
    »Ich bin hier … auf dieser Seite. In diesem Buch werde ich immer weiterleben.«
    Spencer konnte vor Aufregung keinen klaren Gedanken fassen. Konnte es wirklich sein, dass seine Tochter, sein kleines Mädchen, noch am Leben war? Von einem Buch unsterblich gemacht?
    »Und du, Papa? Bist du auch … noch am Leben?«
    Unwillkürlich musste der Pirat lachen. »Natürlich bin ich noch am Leben …« Seine freie Hand strich über die Affenschädel an seiner Halskette. »Erinnerst du dich denn nicht mehr an meine Kette? Die Kette, die ich mir vom König der Affen geben ließ? Dreizehn Schädel und dreizehn Leben, bevor ich sterben werde.«
    »Wo bist du denn jetzt?«
    »In Kilmore Cove. Ich bin hergekommen, um mich zu rächen!«
    »Um dich zu rächen? Aber ich will keine Rache!«
    »Aber du wirst sie bekommen, weil ICH sie will! Du … sie … sie haben dich mir entrissen, dich gezwungen, vor mir zu fliehen … Sie sollen verdammt sein! Ich habe sie gefunden und bestraft! Einen nach dem anderen! Alle, die sich gegen mich gestellt haben, gegen den Piratenkapitän Spencer!«
    »Papa … mich hat niemand geraubt!«
    »Das stimmt nicht!«
    »Ich bin von allein gegangen, aus freiem Willen.«
    »DU LÜGST!«, brüllte der Kapitän, der nicht merkte, dass sein Schiff immer wilder auf den Wellen tanzte.
    »Du musst aufhören, an Rache zu denken! Rache ist vollkommen sinnlos!«
    Rache ist sinnlos.
    Eine dunkle Wolke überschattete Kapitän Spencers Herz.
    All die Jahre der Verfolgungsjagden, all die Morde. Einzig und allein, um seinen Durst nach Rache zu stillen.
    Und die Familie Moore für alle Zeiten auszulöschen. Sie sollte vollkommen verschwinden. Ohne Erben und Nachkommen bleiben. Für immer vergessen werden. So viele Jahre hatte er dafür gekämpft und nun dieser Gedanke …
    Es ist vollkommen sinnlos gewesen.
    Spencer lehnte sich an die Reling der Mary Grey. Sein Schiff. Wie hatte er kämpfen müssen, um es zurückzuerobern! Er dachte an die Entbehrungen, unter denen er auf der Insel gelitten hatte. Er dachte an seine Flucht zurück und daran, wie er in Venedig nach Penelope Moore gesucht hatte. Wie er sie endlich im Labyrinth gefunden und entführt hatte. Er erinnerte sich, wie er sie nach Punt verschleppt, von ihr die Karte mit der Route nach Kilmore Cove gefordert hatte und wie sie gestorben war.
    Und wozu das alles?
    »SOPHIA!«, brüllte Kapitän Spencer und schleuderte Morice Moreaus Notizbuch von sich.
    Plötzlich fühlte er sich erschöpft. Er schloss die Augen und er hörte sein Schiff auf der rauen See, im heftigen Wind knarren und knarzen. Er spürte, wie die Kette mit den Schädeln um seinen Hals hin und her pendelte …
    Spencer öffnete die Augen.
    Eine kleine weiße Hand hielt seine Kette der Unsterblichkeit fest gepackt.
    »Was tust du da?«, herrschte er das Mädchen an, das auf der Treppe vor ihm stand.
    »Erinnerst du dich an mich?«, fragte sie ihn.
    Ja. Es war Julia Covenant. Ulysses Moores Schülerin. Sie hätte in dem Verschlag auf der anderen Seite des Schiffes eingesperrt sein sollen.
    Stattdessen stand sie hier vor ihm und hielt seine Kette fest.
    Und plötzlich war alles andere – das

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