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Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens

Titel: Ulysses Moore – Die Häfen des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Deck, die Kabine, das Notizbuch, die Mary Grey, die Bucht, die Klippen, Kilmore Cove, Ulysses Moore – ganz weit weg.
    Er hörte das Meer singen. Es bewegte sich zu einer seltsamen Melodie, die gleichzeitig sanft und schrill war. Es war wie ein Ruf, ein ferner, unwiderstehlicher Ruf.
    »Hörst du es auch?«, fragte er das Mädchen, dessen Hand sich jetzt noch fester um seine Kette schloss.
    Kapitän Spencer wusste, was dieses Lied bedeutete. Er hatte es allerdings noch nie zuvor gehört, auf keiner seiner endlosen Reisen. Und trotzdem wusste er es genau. Er wusste es mit derselben Gewissheit, mit der er immer sagen konnte, wo Norden war, ohne dazu auf den Kompass schauen zu müssen. Es war ein Wissen, das in ihm drin war und das in den Herzen aller Seeleute wohnte.
    »Das ist der Gesang der Sirenen«, murmelte er.
    »Adieu, Kapitän Spencer«, erwiderte Julia Covenant. Und riss ihm mit einem Ruck die Kette vom Hals.

Kapitel 26
Das Gesetz der See
    Beim ersten Beben verlor Pater Phoenix das Gleichgewicht und fiel hin. Hastig stand er wieder auf, lief in die Sendezentrale und sah, dass auf dem Modell bei den Sharp Heels zwei rote Lämpchen blinkten.
    Das Beben löste in den unterirdischen Schutzräumen Schreie des Entsetzens aus. Die Beleuchtung ging aus und dann wieder an. Die Ventilatoren der Belüftungsanlage verloren an Geschwindigkeit und begannen sich unregelmäßig zu drehen.
    »Jason, was hast du da nur angestellt!«, rief Pater Phoenix aus. Ohnmächtig starrte er das Modell von Kilmore Cove an.
    Auf das erste Beben folgte ein zweites und wieder schrien die Bewohner des Städtchens erschrocken auf.
    Pater Phoenix ging zum Schaltpult. Er musste unbedingt etwas unternehmen, wusste aber nicht, was. Er kam sich vor, als säße er in einem Schnellkochtopf, der jeden Moment explodieren konnte. Durch einen Blick auf die Bildschirme stellte er fest, dass sich das Meer weit von der Küste zurückgezogen hatte. Unter Salton Cliff bildete sich ein gewaltiger Strudel. Dort krachten vier, fünf, sechs Meter hohe Wellen gegen die Felsen. Die schwarze Brigantine hatte sich losgerissen und trieb jetzt offenbar führerlos auf die Klippen zu.
    Das Hintergrundgeräusch, das mit dem ersten Beben aufgetreten war und seither anhielt, nahm allmählich an Lautstärke zu und wurde schließlich so unerträglich, dass Pater Phoenix sich die Ohren zuhielt. Die alten Fernsehgeräte explodierten eines nach dem anderen. Scherben und Splitter flogen herum. Auf dem Modell von Kilmore Cove blinkten jetzt sämtliche Lämpchen, aus Spalten in Fußboden und Wänden quoll Rauch. Die Leitungen platzten und Ströme kochenden Wassers ergossen sich in die Schutzräume.
    »Das ist das Ende!«, rief Pater Phoenix verzweifelt. Er hörte die angstvollen Schreie der Menschen. Er wollte zu ihnen zurück, stürzte jedoch abermals.
    »Ungläubiger!«, rief eine Stimme und ein Paar Arme streckte sich ihm entgegen.
    »DU?«, stieß der Pfarrer hervor, als er sah, wer ihm da half, wieder aufzustehen. »Was machst du denn hier?«
    »Ich versuche, die Stadt zu retten«, erwiderte Peter Dedalus, hob einen Stuhl auf und probierte damit, das Schaltpult zu zerschlagen. »Los, hilf mir! Wir müssen die Verbindungen unterbrechen, bevor die Sirenen Kilmore Cove restlos vernichten!«
    Jason kam es vor, als befände er sich mitten in einem gewaltigen Zyklon.
    Die Hebel rasten mit wenigen Zentimetern Abstand an dem Sitz vorbei, während sich die Metalldecke immer schneller drehte. Er klammerte sich mit aller Kraft an den Sitz. Eines war sicher: Wenn er herunterfiel, würde er in Stücke gerissen werden.
    Und dann noch der höllische Lärm, der mit jeder Sekunde schriller und unerträglicher wurde!
    »JASON!«
    Erst nach dem dritten oder vierten Ruf merkte der Junge, dass jemand in der Tür stand.
    Er drehte sich auf seinem Sitz um. Ihm war schwindlig und übel.
    »RICK!«, rief er. Er konnte es erst gar nicht glauben, ihn hier zu sehen.
    Sein Freund wollte ihm etwas sagen. Er zeigte auf den Raum und wiederholte ständig denselben Satz. Doch Jason verstand kein Wort. Was meinte der Freund? Was sollte er tun?
    Er konnte es einfach nicht hören.
    Verzweifelt versuchte er, sich auf die Zeichen zu konzentrieren, die sein Freund ihm machte.
    »SOLL ICH DIE SPIELUHR HERAUSNEHMEN? DIE SPIELUHR?«
    Rick nickte.
    Doch es war unmöglich. Jason war schlichtweg nicht imstande, sie zu stoppen. Die acht Hebel rasten immer noch um ihn herum. Wenn er einen Arm ausgestreckt hätte, um nach

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