Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Titel: Ulysses Moore – Die Stadt im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
Vom Netzwerk:
entgegnete Voynich. »Die will ich mir zuerst einmal in Ruhe ansehen.«
    »In Ordnung«, grunzte der Doktor ungeduldig. »Aber übertreiben Sie es nicht mit der Ruhe. Höchstens zehn Minuten, und dann brennt hier alles lichterloh!« Er setzte seinen Fuß auf die unterste Stufe der Treppe und sagte zu den Jungen: »Dann fangen wir also im Wohnzimmer an. Nehmt die Bilder von den Wänden und stapelt sie hier auf.«
    »Sie wissen aber schon, wie es geht?«, fragte der kleine Flint und sah sich besorgt um.
    »Natürlich weiß ich es nicht. Aber die eigentlichen ›Brandstifter‹ sind uns ja keine große Hilfe.«
    Und mit diesen Worten ging Bowen in die Richtung davon, aus der er gerade eben erst gekommen war, und warf Voynich im Vorbeigehen einen giftigen Blick zu. Der Chef der Brandstifter, der bewegungslos mit hinter dem Rücken verschränkten Armen und undurchdringlicher Miene vor der Küchentür stand, zuckte nicht mit der Wimper.
    Weiterhin stumm bleibend, ging er auf der Treppe an zwei der Flint-Cousins vorbei, die ungeschickt versuchten, die Gemälde von der Wand zu nehmen.
    Der kleine Flint beaufsichtigte ihre Arbeit und sah sich dabei ständig nervös um. Seit dem Augenblick, in dem er durch das Gartentor gegangen war, hatte er ein schlechtes Gefühl gehabt. Und die Bilder an den Wänden schafften es nicht, ihn davon abzulenken.
    Er sah die Gemälde an und stellte sich vor, wie ihn all die dargestellten Personen schweigend tadelten. Noch beunruhigender als die Porträts fand er allerdings den großen Spiegel auf dem obersten Treppenabsatz. Ohne es sich erklären zu können, hatte er den Eindruck, dass ihm der Spiegel nicht sein Ebenbild, sondern das Abbild eines Fremden zeigen würde.
    »Findest du nicht, dass hier irgendetwas komisch ist?«, fragte er seinen großen Cousin, als dieser an ihm vorbeiging, um sich das nächste Bild vorzunehmen.
    »Nein«, erwiderte dieser. »Wieso glaubst du das?«
    Der kleine Flint atmete tief durch. Es ist doch alles in Ordnung, versuchte er sich selbst zu beruhigen.
    Es war alles in Ordnung, wenn man mal davon absah, dass sie gerade Vorbereitungen trafen, um ein Haus anzuzünden. Und nicht etwa irgendein Haus. Nein, das Zuhause von Julia Covenant, seiner heimlichen Liebe.
    »Hast du etwas gesagt?«, fragte er auf einmal unvermittelt.
    Seine Cousins trugen gerade zusammen ein großes Bild an ihm vorbei nach unten. »Nein, wir haben doch gar nicht geredet.«
    »Trotzdem habe ich vorhin jemanden gehört, der mich rief«, meinte der kleine Flint.
    Er lauschte konzentriert. Die Balken und Treppen des Hauses arbeiteten und knackten und knarzten unaufhörlich. Draußen pfiff der Wind um das Haus und schlug Fensterläden gegen Rahmen und Wände.
    Und vor dieser Geräuschkulisse rief eine kaum hörbare, ferne Stimme: »Fliiiiiiint …«
    Der kleine Flint wurde leichenblass. »Habt ihr das gehört?«, fragte er vor Angst schlotternd. »Habt ihr das gehört?«
    »Also, ich habe wirklich nichts gehört«, antwortete der große Flint mit einem Schulterzucken.
    »Fliiiiiiint …«
    Der mittlere Flint packte den kleinen so heftig am Arm, dass dieser beinahe die Treppe hinuntergefallen wäre. »Ich habe es gehört! Ich habe es gehört!«
    Der große Flint kam dazu und so standen die drei Flints eng aneinandergedrängt und vor Angst zitternd auf der Treppe.
    Das hinderte die Stimme keineswegs daran, sich abermals bemerkbar zu machen. Und sie wurde lauter. »Fliiiiiiint … Was tust du da, Fliiiiiiint …?«
    Plötzlich erschien am Ende des Korridors eine Gestalt. Sie war mit einer langen schwarzen Hose bekleidet und trug riesige, glänzende schwarze Schuhe. Und dazu ein weißes Hemd und die Jacke einer alten Kapitänsuniform. Ihr Gesicht blieb im Schatten.
    »Was hast du in meinem Haus zu suchen?«, zischte sie und hob einen Schirm, dessen Spitze eine kleine Flamme ausspie.
    Den drei Cousins gefror augenblicklich das Blut in den Adern.
    »DER EHEMALIGE BESITZER!«, kreischten sie im Chor.
    Und eine Sekunde später rannten sie schon in halsbrecherischem Tempo die Treppe hinunter und rissen dabei eines der Bilder mit, das sie gerade abgenommen und ans Geländer gelehnt hatten. Der Krach, der durch das Brechen des Rahmens und das Splittern des Glases entstand, steigerte ihre Angst noch.
    »EIN GESPENST! DA IST EIN GESPENST!«, schrien die drei Jungen, so laut sie konnten, während sie durch das Erdgeschoss und in den Park hinaus rannten.
    Sie rasten haarscharf an dem verdutzten Dr. Bowen vorbei

Weitere Kostenlose Bücher