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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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bringen. Die Gegenstände (darunter mehrere hundert goldene und silberne Damen- und Herrenuhren) wurden ihren rechtmäßigen Besitzern alsbald zurückgegeben, und es herrschte nunmehr wieder allgemeine Harmonie.
    Ruhig und bescheiden betrat nun in makellosem leichten Ausgehanzug, an welchem seine Lieblingsblume, der Gladiolus Cruentus , prangte, Rumbold das Schafott. Er verkündete seine Gegenwart durch jenes sanfte rumboldinische Husten, welches so viele schon (vergebens) nachzuahmen versucht haben – kurz, prägnant, doch dabei so ganz und gar menschlich bezeichnend. Die Ankunft des weltweit bekannten Scharfrichters wurde von der riesigen Menge mit tosendem Beifall begrüßt; die vizeköniglichen Damen winkten in ihrer Aufregung mit den Taschentüchern, indessen die gar noch erregbareren ausländischen Delegierten in ein Stimmgewirr begeisterter Schreie ausbrachen: hoch , banzai , eljen , zivio , chinchin , polla kronia , hiphip , vive , Allah , unter welchen das klingende evviva des Abgesandten aus dem Lande der Lieder (ein hohes Doppel-F erinnerte an jene durchdringend lieblichen Töne, mit welchen der Eunuch Catalani seinerzeit unsere Ururgroßmütter betörte) leicht erkennbar war. Es war genau siebzehn Uhr. Da wurde denn prompt durch Megaphon nun das Signal zum Gebet gegeben, und im Nu waren alle Köpfe entblößt, wobei dem Commendatore der patriarchalische Sombrero, welcher sich bereits seit der Revolution des Rienzi im Besitze seiner Familie befand, von seinem diensthabenden medizinischen Ratgeber, Dr. Pippi, abgenommen wurde. Der gelehrte Prälat, welcher dem heldenhaften Märtyrer, da dieser nun im Begriffe stand, die Todesstrafe zu erleiden, die letzten Tröstungen der heiligen Religion zukommen ließ, kniete in höchst christlichem Geiste in einer Regenpfütze nieder, die Soutane über das altersgraue Haupt geschlagen, und schickte inbrünstige Gebete zum Thron der Gnade empor. Hart neben dem Block stand die grimme Gestalt des Scharfrichters, dessen Gesicht ein Zehn-Gallonen-Topf mit zwei kreisförmigen durchbrochenen Öffnungen verbarg, durch welche seine Augen wild funkelten. Während er das schicksalhafte Signal erwartete, prüfte er die Schneide seiner furchtbaren Waffe, indem er sie auf seinem muskulösen Unterarm abzog oder in rascher Folge eine Herde Schafe enthauptete, welche ihm von den Bewunderern seines grausamen, doch notwendigen Amtes zur Verfügung gestellt worden war.
    Auf einem hübschen Mahagoni-Tisch in seiner Nähe lagen in sauberer Anordnung das Messer zum Vierteilen, die verschiedenen feingetemperten Gerätschaften zum Ausweiden (eigens geliefert von der weltberühmten Messerschmiede Messrs. John Round & Söhne, Sheffield), ein geschmackvoller Schmortiegel aus Terrakotta zur Aufnahme von Zwölffingerdarm, Grimmdarm, Blinddarm und Appendix etc., wenn diese glücklich extrahiert worden, und zwei geräumige Milchkrüge, bestimmt, das höchst kostbare Blut des höchst kostbaren Opfers aufzunehmen. Der Hausvater des vereinigten Katzen- und Hundeheims stand bereit, diese Gefäße, sobald sie gefüllt, der genannten wohltätigen Einrichtung zu übermitteln. Ein ganz vorzüglicher Imbiß, bestehend aus Speckschnitten und Eiern, gebratenem Steak mit Zwiebeln, höchst sorgfältig zubereitet, köstlichen heißen Frühstückssemmeln und stärkendem Tee, war aufmerksamerweise von der Behörde zur Verfügung gestellt und der Hauptfigur der Tragödie, dem Verurteilten, zum Verzehre bestimmt worden, welchselbiger sich, nachdem er nunmehr auf den Tod vorbereitet, bei allerbester Laune befand und den Vorgängen von Anfang bis Ende das lebhafteste Interesse widmete, während er sich zugleich jedoch mit einer Selbstverleugnung, wie man sie in diesen unseren Zeiten nicht eben häufig findet, der Sachlage gewachsen zeigte und als letzten Wunsch (dem alsbald stattgegeben wurde) die Bitte äußerte, es möchte die Mahlzeit zu gleichen Portionen unter die Mitglieder des Vereines Kranker und Bedürftiger Untermieter als Zeichen seiner Achtung und Wertschätzung zur Verteilung gelangen.
    Das nec und non plus ultra der Gemütsbewegung wurde erreicht, als die erwählte Braut sich errötend ihren Weg durch die gedrängten Reihen der Umstehenden bahnte und sich an die muskulöse Brust dessen warf, der um ihretwillen nun in die Ewigkeit befördert werden sollte. Der Held umfing ihre biegsame Gestalt in liebender Umarmung und murmelte hierbei herzlich Sheila, meine Geliebte . Ermutigt von diesem Gebrauch ihres

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