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Ulysses

Ulysses

Titel: Ulysses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Joyce
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Eifersucht, und sie beide wußten, daß sie etwas Höheres, etwas Besonderes war, aus einer anderen Sphäre, daß sie nicht zu ihnen gehörte und daß es noch jemanden gab der das ebenfalls wußte und sah und das sollten sie jetzt erst einmal schlucken und verdauen.
    Edy setzte Baby Boardman auf für den Heimweg, und Cissy verstaute den Ball und die Spaten und Eimerchen, und es war auch hohe Zeit, denn der Sandmann war schon unterwegs zu Master Boardman junior, und Cissy sagte noch, daß die kleinen Äuglein ja auch schon ganz müde wären und daß wir jetzt brav in die Heia gehn müßten, und Baby sah ja auch so allerliebst aus und lachte hell aus seinen fröhlichen Augen, und Cissy piekste ihm mit dem Finger in den dicken kleinen Bauch, und da machte Baby denn, ohne lange um Erlaubnis zu fragen, ein derartiges Bäuerlein, daß sein nagelneues Schlabberlätzchen ganz davon besabbelt war.
    - O weh! Das ist ja eine schöne Bescherung! protestierte Ciss. Jetzt hat er sich sein ganzes Lätzchen ruiniert!
    Der leichte contretemps erforderte ihre Aufmerksamkeit, doch im Handumdrehen hatte sie das kleine Malheur wieder in Ordnung gebracht.
    Gerty erstickte einen gedämpften Ausruf und gab ein nervöses Husten von sich, und Edy fragte, was ist denn los, und sie war drauf und dran, ihr patzig zu antworten, was nicht angebunden ist, doch sie war stets eine Dame in ihrem Betragen, und so ging sie mit vollendetem Takt darüber weg, indem sie einfach sagte, es wäre der Segen, denn grad jetzt eben klang die Glocke vom Kirchturm über den stillen Strand herüber, weil nämlich Kanonikus O’Hanlon oben vor dem Altar stand mit dem Velum, das Pater Conroy ihm um die Schultern gelegt hatte, und den Segen erteilte, das heilige Sakrament in den Händen.
    Wie ergreifend war doch die Szene dort im sich sammelnden Zwielicht, der letzte blasse Schimmer über Erin, das ergreifende Geläut der Abendglocken, und zur selben Zeit flog eine Fledermaus aus dem efeubewachsenen Glockenturm durch die Dämmerung, hierhin, dorthin, mit dünnem verlorenem Schrei. Und weit in der Ferne konnte sie die Lichter der Leuchttürme sehen, so malerisch, daß sie jetzt liebend gern einen Farbkasten gehabt hätte, um sie abzumalen, denn das war leichter als etwa einen Mann zu machen, und gleich würde der Laternenanzünder seine Runde antreten, an der Presbyterianerkirche vorbei und die schattige Tritonville Avenue entlang, wo die Liebespärchen gingen, und die Laterne vor ihrem Fenster anzünden, an der Reggy Wylie immer sein Freilaufrad wendete, ganz wie sie es in dem Buch Der Laternenanzünder von Miss Cummins gelesen, der Verfasserin von Mabel Vaughan und anderen Erzählungen. Denn Gerty hatte ihre Träume, von denen kein Mensch etwas wußte. Sie las liebend gern Gedichte, und als sie von Bertha Supple zum Andenken das reizende Poesie-Album mit dem korallenrosa Einband geschenkt bekam, damit sie ihre Gedanken hineinschrieb, da hatte sie es in die Schublade von ihrem Toilettentisch gelegt, der, obschon er nicht eben ein Prunkstück war, von ihr doch peinlich sauber und in Ordnung gehalten wurde. Dort war es, wo sie ihre Mädchenschätze bewahrte, die Schildpattkämme, ihr Marienkind-Abzeichen, das Weiße-Rose-Parfüm, das Augenbrauoline, ihr alabasternes Riechpulverbüchschen und die Bänder zum Wechseln, wenn ihre Sachen von der Wäsche kamen, und es standen so manche schönen Gedanken darin geschrieben in violetter Tinte, die sie bei Hely in der Dame Street gekauft hatte, denn sie spürte, daß auch sie Gedichte schreiben könnte, wenn es ihr nur gelang, sich so auszudrücken wie jenes Gedicht, das sie so tief berührt hatte und das sie sich aus der Zeitung abgeschrieben hatte, die sie eines Abends um das Suppengemüse gewickelt fand. Bist real du, Ideal du? hieß es und war von Louis J. Walsh, Magherafelt, und danach kam etwas mit wenn mich Zwielicht sanft umdämmert , und oftmals hatte die Schönheit der Poesie, so traurig in ihrer flüchtigen Lieblichkeit, ihre Augen mit stillen Tränen getrübt, Tränen darüber, daß die Jahre dahingingen für sie, eins um das andere, aber wäre die eine Benachteiligung nicht, so brauchte sie keine Konkurrenz zu fürchten, das wußte sie, und das war ein Unfall gewesen, wie sie damals den Dalkey Hill heruntergekommen war, und sie versuchte es stets zu verbergen. Doch damit mußte es jetzt ein Ende haben, das fühlte sie. Wenn sie jenes magische Locken in seinen Augen sah, dann konnte es kein Halten mehr geben für sie.

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