Ulysses
Zollagerhäusern dort, die erste.
Zusammen (sie ist eine arme Obdachlose, ein Kind der Schande, dein und mein und aller für einen lumpigen Schilling und ihren Glückspfennig), zusammen hören sie den schweren Schritt der Wache, als zwei regenbemäntelte Schatten an der neuen königlichen Universität vorübergehen.
Bridie! Bridie Kelly! Nimmer wird er den Namen vergessen, immer gedenken der Nacht, der ersten Nacht, der Brautnacht. Sie stehen umschlungen in abgründigster Dunkelheit, der Wollende mit der Gewillten, und in einem Augenblick wird ( fiat! ) Licht die Welt überfluthen. Sprang Herz zum Herzen? Nein, mein günstiger Leser. In einem Athemzug war es gethan, doch – halt! Zurück! Es darf nicht sein! In Panik flieht das arme Mägdlein davon durch die Finsterniß. Sie ist die Braut der Dunkelheit, eine Tochter der Nacht. Sie wagt nicht, das sonnengoldene Kind des Tages zu tragen.
Nein. Leopold! Nam’ und Gedenken getrösten dich nicht. Jene Jugendillusion deiner Stärke ward von dir genommen und war umsonst. Kein Sohn deiner Lenden ist mit dir. Niemand ist da jetzt, für Leopold zu sein, was Leopold für Rudolph war.
Die Stimmen mischen sich und verschmelzen in getrübtem Schweigen: Schweigen, das die Unendlichkeit des Raumes ist: und geschwind, schweigend wird die Seele davongetragen, hin über die Regionen von Zyklen von Zyklen von Generationen, die einmal gelebt haben. Eine Region, da ewig grauet Zwielicht herniedersinkt, nimmer hinabfällt auf weite salbeigrüne Weidefelder, seine Dämmerung ausgießend, ausstreuend einen immerwährenden Sternenthau. Sie folgt ihrer Mutter mit linkischen Schritten, eine Stute, die ihr Füllen führt. Zwielichtphantome sind sie, geformt jedoch zu prophetischer Anmuth, schlanke wohlgestaltete Hanken, ein geschmeidiger sehniger Hals, der demütig furchtsame Schädel. Sie schwinden, traurige Phantome: alles ist vorbei.
Agendath ist ein wüstes Land, Heimstatt der Schleiereule und der schwachsichtigen Upupa.
Netaim, das goldene, ist nicht mehr. Und auf der Hochstraße der Wolken kommen sie, Donner murrend der Rebellion, die Geister der Tiere. Huuh! Horch! Huuh! Parallax jagt sie und treibt sie an, er, dessen stechende Augenblitze gleichwie Skorpione sind. Elk und Yak, die Stiere von Baschan und Babylon, Mammut und Mastodon, herdenweis’ nahen sie der versunkenen See, Lacus Mortis . Unheilkündendes, rachedürstendes Zodiakalheer! Sie stöhnen, da sie auf den Wolken dahinziehn, gehörnt und gesteinbockt, die Berüsselten mit den Behauerten, die Löwenmähnigen, die Riesengeweihgeschmückten, die Rüßler und Kriecher, Nager, Wiederkäuer und Dickhäuter, die ganze scharrende starrende stöhnende Schar, Mörder der Sonne.
Weiter zum Toten Meere stampfen sie, zu trinken dort, voll ungestillten Durstes und in furchtbaren Zügen, die salzige schlafsüchtige unerschöpfliche Fluth. Und das Pferdeomen wächst wieder auf, vergrößert in den verlassenen Himmeln, ja zu des Himmels Größe selbst, bis es, wüst riesig, funkelt über dem Hause der Virgo. Und siehe, Wunder der Metempsychose, sie ist es, die ewigwährende Braut, Vorbotin des Morgensterns, die Braut, die ewige Jungfrau. Sie ist es, Martha, du Verlorne, Millicent, die junge, die theure, die strahlende. Wie heiter erhebt sie sich nun, eine Königin unter den Plejaden, in der vorletzten Stunde vor Tag, Sandalen aus hellem Gold an den Füßen, ums Haupt einen Schleier aus wie nennt man das doch Altweibersommer! Es fluthet, es fließt um ihr sterngebornes Fleisch, und weich verströmt es Smaragd, Saphir, Malve und Heliotrop, getragen von Strömen kalten interstellaren Winds, sich windend, sich schlängelnd, glatt vom Schwindel gepackt, verschlungen in den Himmeln, eine geheimnißvolle Schrift, bis es nach einer Myriade von Symbolmetamorphosen erglüht, Alpha, ein rubinen und dreieckig Zeichen auf der Stirne des Taurus.
Francis erinnerte Stephen an vergangene Jahre, da sie zur Schule gegangen zusammen, zu Conmees Zeit. Er fragte nach Glaukon, Alkibiades, Peisistratos. Wo waren sie jetzt? Sie wußten es beide nicht. Du hast von der Vergangenheit gesprochen und ihren Phantomen, sagte Stephen. Warum daran denken? Wenn ich ins Leben sie rufe über die Wasser des Lethe, werden dann nicht die armen Geister zusammen sich scharen auf meinen Ruf? Wer nimmt das an? Ich, Bous Stephanoumenos, ochsenfreundlicher Barde, bin Herr und Spender ihres Lebens. Er umgab sein fliegend Haar mit einem Kranz aus Weinlaub, Vincent zulächelnd.
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