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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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umbrachten, ging das in Ordnung. Jeder brauchte hin und wieder ein Ventil. Vor allem im Frühling.
    Hinter Belledin hupte ein Auto. Die Ampel war auf Grün gesprungen. Belledin maulte in seinen Schnäuzer und legte einen Kavalierstart hin. Er wusste, dass die Terrasse des »Mirage« kollektiv den Kopf heben würde, um zu sehen, wer da Gummi gegeben hatte. Aber bis sie ihn gesehen hatten, war er bereits im engen Kanal der Hauptstraße verschwunden.
    Er sah in den Rückspiegel und stellte mit Genugtuung fest, dass er dem ungeduldigen Hintermann binnen fünf Sekunden einen Vorsprung von zwanzig Metern abgenommen hatte. Er jodelte wie ein Cowboy. Verdammt, fühlte er sich jung! Er würde das Rinderfilet gleich roh verschlingen, so geiferte das Tier in ihm.
    Vor der evangelischen Kirche parkte er den Wagen. Es war Punkt vier Uhr. Die Glocken der Kirche schlugen nicht. Dafür hörte Belledin weiter hinten im Dorf das Vespergeläut der katholischen Kirche. Es erinnerte ihn an die Tage, als er mit der Großmutter noch nachmittags hatte auf dem Feld arbeiten müssen. Sie hatte nie eine Uhr dabeigehabt. Die Glocken der Kirche waren laut und verlässlich gewesen. Und wenn es vier Uhr geschlagen hatte, wurde z’viere gveschpert . Es war die schönste halbe Stunde auf dem Acker gewesen. Danach war sein Wanst immer so vollgeschlagen, dass er die Hacke kaum mehr in den harten Löss gehauen bekam. Vor allem, wenn es tags zuvor geregnet hatte und dann Wind und Sonne drübergegangen waren, warf der Boden Risse und bildete Lehmplatten, wie man es sonst nur aus der Sahelzone kannte.
    Direkt neben der Kirche lag die Metzgerei Zimmermann. Belledin wollte einen Blick in die Auslage werfen, aber die Fensterscheibe war mit dicken Klebestreifen tapeziert, um große Risse zu kaschieren und das Glas vor dem Auseinanderfallen zu schützen.
    Er betrat die Metzgerei und wartete, bis Else, die Frau des Metzgers Arno, einer Kundin den Fleischsalat und die Putenbrust verpackt und gereicht hatte.
    »Salli, Bello, lang nimmi gseh.« Else schwang ihre Hand über die Theke. Belledin drückte sie, und seine Handfläche roch in Elses Hand den Geruch von frischer Wurstware. Am liebsten hätte er ihre Hand an sich gezogen und hineingebissen. Er hielt sich zurück und erwiderte ein kurzes »Salli«, um gleich zur Bestellung überzugehen.
    Else zeigte auf die lädierte Fensterscheibe. »Oder bisch dienschtlich hier?«
    Belledin zwang seinen Blick von der fleischigen Auslage und sah Else fragend an. »Dienstlich?«
    »Hä wege de Fenschterscheibe. Mir hän doch Anzeige erstattet.«
    Belledin brummelte ungeduldig und schluckte das Unausgesprochene hinunter. Es machte ihn nicht satt, sondern verärgerte ihn noch mehr. Warum dachte jeder, dass er für alles zuständig war? Von Mundraub über Kneipenschlägerei, von Zechprellerei bis zum Einschlagen von Fensterscheiben. Man wollte nicht kapieren, dass er Hauptkommissar der Mordkommission Freiburg war, sondern hielt ihn für das Mädchen für alles. Er hatte seine guten Gründe gehabt, nicht ins »Mirage« zu gehen, als er die Prügelei gesehen hatte. Am besten, er würde nur noch Biggi hierherschicken, dann hätte er Ruhe vor solchen Belästigungen.
    »Dä Arno glaubt jo, dass es die Dubel vu Breisach ware«, sagte Else. »Weisch, die Vegetarier. Die, wo alle vierzehn Tag in Breisach demonschtriere. Do hän sie au scho zweimol Fenschterscheibe eingschmisse. Einmal beim Pfunder und erscht vor zwei Woche beim Kanzinger. Die hän si doch nimmer alle.«
    Belledin kaute an seinem Schnäuzer und dachte nach. Er hatte natürlich davon mitbekommen. Deswegen hatte er auch gleich die Schülergruppe um Schwarz damit konfrontiert. Aber er zog es vor, sich hier dumm zu stellen.
    »Und du kennsch de Arno. Der lässt sich des nit gfalle. Der wartet nit, bis d’ Polizei endlich was macht.«
    »Wo isch er eigentlich?«, fragte Belledin in der Hoffnung, dass sein alter Kumpel nicht gerade irgendeinen Blödsinn ausheckte.
    »Der isch im Oberdorf, beim Jenne Albert, ä Sau schlachte. Absolutes Bio-Schwein, wär was für dich.« Else zwinkerte ihm vielversprechend zu. Sie war Geschäftsfrau.
    Damit war Belledin wieder beim Thema, und sein Blick fraß sich in die Auslage.
    »Hier, probier emol das Rädle Wurscht.« Else reichte ihm ein Stück Lyoner über die Theke. Belledin schnappte danach und warf es sich in den Mund. Zwei Bisse, länger kaute er nicht.
    »Mmhh. Davon erscht mal zweihundert Gramm.«
    Else hatte gar nicht

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